Befreiungsfeier KZ Gusen
Verneigung vor einem Großen der Geschichte

Vom Opfer zum unermüdlichen humanitären Kämpfer: Auch mit 97 Jahren hat Stanislaw Zalewskis Persönlichkeit nichts von ihrer Faszination verloren. | Foto: Eckhart Herbe
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Die Befreiungsfeier beim KZ-Memorial Gusen, traditionell am Vorabend des internationalen Mauthausen-Gedenkens vom Gedenkdienstkomitee Gusen organisiert, ist mit mehreren hundert Besuchern viel kleiner, aber stets Ort großer, emotionaler Momente. Genau so ein großer Moment war dieses Mal die Ehrung von Stanislaw Zalewski durch Martha Gammer, langjährige Obfrau des Gedenkdienstkomitees Gusen.

GUSEN. Auf der einen Seite der polnische KZ-Häftling, der Ausschwitz, Mauthausen und Gusen überlebt hat.  Misshandelt und geknechtet, unzählige Male dem Tod ins Gesicht geblickt,  lange als Mahner ignoriert - doch Zalewski mit seinen 97 Jahren beeindruckt durch seinen ungebrochen positiven Willen, seine Offenheit und Lebensfreude. Er war und ist ein prägender Gestalter der Erinnerungskultur international und in der Region. Und er hat als Opfer die Hand gereicht, um Brücken zu bauen, welche ein Überqueren der Gräben von einst möglich machen.
Auf der anderen Seite Martha Gammer, die sich gemeinsam mit Rudolf Haunschmied und dem Gedenkdienstkomitee Gusen als Lebenswerk dem verschrieben hat, was die Republik über 70 Jahre lang verabsäumte: Die Geschichte Gusens aus der Versenkung zu holen, mustergültig historisch aufzuarbeiten, internationale Netzwerke zu knüpfen und mit Dialog statt Konfrontation die Bevölkerung ins Boot zu holen. Aufklären ohne erhobenen Zeigefinger, die humanitären Verbindungen suchen und die jungen Generationen vieler europäischer Länder als Basis einer gemeinsamen Friedens- und Freundschaftskultur mit ihren österreichischen Altersgenossen zusammenzuführen.

Standing Ovations für gelebte Zivilcourage

Als hunderte Menschen jeder Nationalität und jeden Alters aufstehen und minutenlang applaudieren, dann ist das auch die Anerkennung für Zivilcourage, die es für dieses Werk braucht. Für den Mut, sich von diesem Weg nicht abbringen zu lassen. Damals, als Verdrängung, Ignoranz und Konflikte in Österreich und der Welt es schwer machten, für dieses Vorhaben Verbündete zu finden. Und die oftmalige Aufforderung, "es doch endlich mal gut sein zu lassen mit der Kriegszeit", mit spürbar aggressivem Unterton ausgesprochen wurde.
Es braucht auch Zivilcourage, trotzdem mit anfangs wenigen Idealisten die Grundsteine internationaler Partnerschaften zu legen, wie sie Mauthausen mit Cogollo und Prachatice, Langenstein mit Sesto San Giovanni und St. Georgen mit Empoli pflegen. Aus dem Leid von einst sind daraus Beziehungen, Freundschaft und Wertschätzung gewachsen. "Es liegt an uns und den heutigen jungen Generationen, diesen Weg zu gehen, anstatt neonationalistischer Irrwege. Nicht nur ein gemeinsames Europa auf der Karte, sondern auch die Europäer darin zu schaffen", so sehr treffend Brenda Barnini, Bürgermeisterin von Empoli in ihrer Festrede.

Widerstand war weiblich

Die Linzer Historikerin Martina Gugglberger illustrierte mit Beispielen ihrer Forschungsarbeit eine weitere Facette unbedankten Mutes: Die bisher praktisch ignorierte Rolle von Frauen im Widerstand. Es gibt nur ganz wenige, die in Österreich und international bekannt sind - etwa Maria Langthaler aus Schwertberg, die zwei Russen nach der "Mühlviertler Hasenjagd" unter Todesgefahr drei Monate lang versteckte. Oder die Mauthausenerin Anna Pointner, die gemeinsam mit jungen Spaniern Negative von SS-Fotos rettete, die zu zentralen Beweisstücken späterer Gerichtsverhandlungen wurden. 
Die Historikerin erklärt, warum: "Weiblicher Widerstand war umfassend und mutig. Aber er fand meist hinter den Kulissen statt, in der Familie und im Alltagsleben. Es waren oft gerade die hochentwickelten sozialen und kommunikativen Fähigkeiten von Frauen, die viele Netzwerke knüpften oder als Einzelpersonen nie gewürdigte Heldentaten erst ermöglichten. Nach fast 80 Jahren wird in Linz das erste Denkmal zur Ehre von Frauen im Widerstand enthüllt. Eine sehr späte, aber umso wichtigere Anerkennung weiblicher Zivilcourage!"

Weitere Beiträge zu Veranstaltungen der Befreiungsfeiern 2023:
7.5.2023: Internationale Befreiungsfeier KZ Mauthausen
5.5.2023: Internationale Jugendbegegnung Haus der Erinnerung und Bergkristall
4.5.2023: Österreichs Regierung gedachte in Gusen und Bergkristall

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