Der Rauriser Literaturpreis ging an Matthias Senkel

LH Gabi Burgstaller mit Preisträger Matthias Senkel
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RAURIS Den Rauriser Literaturpreis überreichte Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller heute, Mittwoch, 3. April, an Matthias Senkel. Der Förderungspreis ging an Renate Silberer. "Das diesjährige Motto 'Lebens.Wege' ist insbesondere der Biografie als Literaturgattung gewidmet. Nicht zuletzt die heute ausgezeichneten Werke geben davon Zeugnis – jedes auf seine sehr spezifische Weise", betonte Landeshauptfrau Burgstaller heute Abend bei der Eröffnung der 43. Rauriser Literaturtage und der Preisverleihung.

Senkels alternative Geschichte der Luft- und Raumfahrt

Matthias Senkel wurde für sein Romandebut "Frühe Vögel" (Aufbau Verlag, 2012) mit dem mit 8.000 Euro dotierten Literaturpreis des Landes ausgezeichnet. In der Begründung der Jury, bestehend aus Alexandra von Arx (Literaturvermittlerin und -kritikerin, Schweiz), Dr. Bemhard Fetz (Literaturarchiv, Wien), Dr. Jan Süßelbeck (Universität Marburg), heißt es: "Es handelt sich um eine Familienchronik, die mit der Geburt des Protagonisten Theodor Leudoldt um 1871 im deutschen Kaiserreich ihren Lauf nimmt und eine alternative Geschichte der Luft- und Raumfahrt erzählt. 'Frühe Vögel' ist in seiner formalen Avanciertheit ein Werk, das weit mehr ist als eine bloße, wenn auch bizarre, Familiengeschichte. Es ist ein sagenhafter Schelmen-, ein historischer Bildungs-, ein fragmentarischer Künstler- und ein aufregender Abenteuerroman in einem. Senkel baut außerdem Fotografien, Comics und Zeichnungen mit ein, um die medialen Mittel literarischen Schreibens zu erweitern: Sein Text enthält sowohl ein Interview als auch ein ausführliches Personenregister inklusive einer Nacherzählung der Todesumstände aller vorkommenden Figuren. Diese Lebensläufe eröffnen mit ihren vielfachen Bezügen neue Blickwinkel auf die deutsche Mentalitäts-, Gesellschafts- und Technikgeschichte. Matthias Senkels Roman 'Frühe Vögel' verweigert sich jeglicher einschränkenden Gattungszuweisung. 'Frühe Vögel' funktioniert wie ein Hypertext; es ist ein Zettelkasten voller poetischer Ideen, ein Roman, der die Möglichkeiten eines gedruckten Buches noch einmal ganz neu auslotet. Senkel schlägt in seinem Roman nicht nur eine alternative Geschichtsschreibung vor, sondern lädt seine Leser auch dazu ein, in seinem Werk auf eine Entdeckungsreise durch die wechselvolle Geschichte technischer Innovationen im Zeichen der Dialektik der Aufklärung zu gehen. Der Rauriser Literaturpreis geht damit an einen Autor, dem es gelingt, experimentelles Schreiben mit Ironie und einer überbordenden Erzählfreude zu kombinieren." Matthias Senkel wurde 1977 in Greiz (Thüringen) geboren und lebt in Leipzig. Er studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und in Halle an der Saale, schreibt Lyrik und Prosa und veröffentlicht in diversen Zeitschriften und Anthologien. Er ist Preisträger des 17. open mike (2009) sowie Gewinner des Preises der taz-Publikumsjury (für den Text "Peng. Peng. Peng. Peng"). 2012 erschien sein Debütroman "Frühe Vögel", eine Familienchronik vor dem Hintergrund der Geschichte der Luft- und Raumfahrtentwicklung.

Silberers Suche nach einer Familiengeschichte

Unter 44 Einreichungen entschied sich die Jury, bestehend aus Mag. Valerie Besl (Literaturvermittlung, Agentur Vielseitig, Wien), Dr. Daniela Bartens (Franz Nabl Institut für Literaturforschung der Universität Graz) und Dr. Hannes Schweiger (Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie, Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien), den mit 4.000 Euro dotierten Förderpreis des Landes und der Marktgemeinde Rauris an Renate Silberers Text "Linie Linkshand sucht das Reh" zu vergeben. Die Begründung: "Renate Silberers 'Linie Linkshand sucht das Reh' ist die Suche nach einer Familiengeschichte, die aus nicht viel mehr als aus Bruchstücken der Erinnerung und einigen wenigen Fotos besteht. Die Vergangenheit soll zum Sprechen gebracht werden, doch die Lebensgeschichten der fünf beschriebenen Generationen werden nur in Momentaufnahmen sichtbar. Silberer besticht durch sparsam wie präzise gesetzte Bilder und eine hoch poetische wie konzentrierte Sprache. Mit einer stark rhythmisierten, syntaktisch offenen Struktur, mit Wiederholungen und Aufzählungen, einer Inventarliste gleich, macht sie deutlich, dass in der Erinnerung keine klare Ordnung möglich ist. Vielmehr ist diese einzig als Knäuel von Fäden fassbar, deren einzelne Stränge nur kurz erkennbar werden, bevor sie sich wieder zu einem komplexen Ganzen verbinden. Diesen Prozess nachzubilden und gleichzeitig Elemente einer ländlichen Opfer- und Tätergeschichte in nuce sichtbar zu machen, gelingt der Autorin in beeindruckender Weise." Renate Silberer, geboren 1975 in Braunau am Inn, lebt in Linz und Salzburg. Sie studierte Erziehungswissenschaften und Heilpädagogik und arbeitete in sozialpsychiatrischen Einrichtungen sowie als Feldenkrais-Lehrerin in freier Praxis. 2008/2009 nahm sie an der Leondinger Akademie für Literatur teil. Sie schreibt Lyrik und Prosa und erhielt die Talentförderungsprämie für Literatur des Landes Oberösterreich 2011 sowie das Staatsstipendium für Literatur 2011/2012. Sie veröffentlichte in Zeitschriften (die Rampe, kolik, DUM, erostepost) und Anthologien.

Familienchroniken im Mittelpunkt

"Es ist kein Zufall, dass in beiden heute ausgezeichneten Texten jeweils eine Familienchronik im Mittelpunkt steht", führte Landeshauptfrau Burgstaller weiter aus. "In der Zeit des Individualismus sind wieder die Fragen nach den eigenen Wurzeln von besonderem Interesse. Das intensive Bemühen um die richtige Balance zwischen gestern, heute und morgen stimmt zuversichtlich." Bei den beiden Werken gehe es nicht um romantische Verklärung und nicht um literarisch verbrämte Regression, sondern um bemerkenswerte und lesenswerte Gegenwartsliteratur, so Burgstaller. "Es geht um Literatur, die Lust auf die Auseinandersetzung mit Lebenswegen macht, auch mit den eigenen Lebenswegen." Es sei diese "sehr spezifische Idee des Individuums, fest gemacht nicht zuletzt in der Literaturgattung der Biografie, die bis heute wesentlich unseren Kulturkreis ausmacht. Im 21. Jahrhundert sind das Individuum und der Individualismus mehr denn je Kult und zur zeitgeistigen Ersatzreligion geworden. Ein Rettungsanker in diesem haltlosen Treiben und Sich-treiben-Lassen kann auch die Kunst sein, besonders die Literatur und hier die Gattung der Biograf, weil sich dort menschliche und allzu menschliche Lebens- und Sinnentwürfe anhand von konkreten Lebenswegen suchen und finden lassen – zum Anhalten, zur Warnung und zum angeregten Nachdenken", so Burgstaller.

LH Gabi Burgstaller mit Preisträger Matthias Senkel
Bgm. Robert Reiter, Preisträgerin Renate Silbedrer und LH Gabi Burgstaller.
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