Ungeliebt, missbraucht, allein!
Eine Pinzgauerin erzählt die Geschichte ihres tragischen Lebens
PINZGAU (cn). Das allerschlimmste ist für Juliane F.*, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihrem einzigen Sohn und zu ihrem Enkelkind hat. „Aber man hat meinen Buben ja schon von Anfang an aus meinem Leben herausgerissen“, sagt die Oberpinzgauerin voller Verzweiflung und Traurigkeit.
Bauernhof im Oberpinzgau
Dabei ist dieser Schicksalsschlag nur einer von vielen, der Juliane F. im Laufe ihres Lebens widerfahren ist. Und wie so oft, hat das Elend im Kindesalter begonnen. Die mittlerweile 60-Jährige wuchs als einzige Tochter mit ihren Eltern und vier Brüdern auf einem kleinen Bauernhof im Oberpinzgau auf. Mit vier Jahren erkrankte das Mädchen an Scharlach, zurück blieb eine starke Hörbehinderung. In der Schule dann kam Juliane F.* trotzdem mit, besonders das Lesen und das Schreiben fielen ihr leicht.
Bei Besuch weggeschickt
„Meine Eltern haben mich den Brüdern gegenüber jedoch immer benachteiligt. Meine Mutter meinte oft ,Die Buben sind mein ganzer Stolz‘. Mit mir jedoch wurde so gut wie nichts geredet und wenn Besuch gekommen ist, bin ich weggeschickt worden. Trotz der großen Familie habe ich mich immer ganz allein gefühlt. Auch meine Brüder haben mich als minderwertigen Menschen gesehen. Ich habe mir immer so sehr eine liebe Schwester zum Reden gewünscht“, schildert die Frau. Ihre Hörbehinderung fällt im Gespräch übrigens kaum auf, die Pensionistin liest ihrem Gegenüber von den Lippen ab.
Vom Onkel vergewaltigt
Im Alter von zwölf Jahren begann für das Mädchen ein schreckliches Martyrium: Es wurde von einem seiner Onkel vergewaltigt und aus diesem ersten Mal wurden viele Male. „Aber es war eine Unmöglichkeit, mich den Eltern anzuvertrauen. Sie hätten mir sowieso nicht geglaubt, und mir fehlten auch die Worte für all das Schreckliche. Damals wurde über solche Dinge ja nicht geredet und mit mir schon gar nicht.“
Nach Liebe gesehnt
Die Söhne der Familie jedenfalls erlernten alle einen Beruf, der Tochter jedoch ist dies nicht ermöglicht worden. So arbeitete die junge Frau zunächst als Hilfsarbeiterin in einer Bekleidungsfirma, die Freizeit bestand darin, im Elternhaus und im Stall zu arbeiten.
Als Juliane F.* dann im Alter von 20 Jahren ausnahmsweise alleine zu einer Abendunterhaltung gehen durfte, lernte sie einen Mann kennen. Diesem war es ein leichtes, die eingeschüchterte und sich nach Liebe sehnende junge Frau bei dieser Begegnung zu verführen. „Dabei wurde ich schwanger. Den Mann habe ich nie mehr gesehen, aber ich habe mich trotzdem über mein Baby gefreut. Schließlich habe ich es neun Monate lang in mir getragen.“
Kein Recht auf Besuch
Wie damals bei ledigen Müttern üblich, zogen die Großeltern den kleinen Stefan* groß und der Großvater übernahm sogar - gegen den eigentlichen Willen von Juliane F.* - die Vormundschaft für das Kind. Die junge Mutter wohnte zwar nach wie vor im Elternhaus, „doch zu sagen hatte ich nichts. Mein Bub nannte meine Mutter Mama und mich beim Vornamen. Als Stefan* einmal acht Wochen lang im Krankenhaus lag, durfte ich nicht einmal hinein zu ihm, weil ich kein Recht dazu hatte“, erzählt Juliane F.*, die ihre Tränen nun nicht mehr zurückhalten kann.
„Immer mehr entfremdet“
Ständig bevormundet, gelang es Juliane F.* nach Jahren, vom Elternhaus auszuziehen. „Aber stets, wenn ich frei hatte, besuchte ich meinen Buben. Trotzdem hat er sich immer mehr entfremdet von mir und ich bin überzeugt davon, dass ihn meine Verwandtschaft gegen mich aufgehetzt hat - und später seine Ehefrau. Stefan* will nun keinen Kontakt mehr zu mir und mein Enkelkind habe ich zum letzten Mal gesehen, als es ein Jahr alt war“, schluchzt Juliane F.*.
Zwei Selbstmordversuche
Die Frau leidet seit Jahrzehnten an Depressionen, schlimmen Albträumen und hat zwei Selbstmordversuche hinter sich - und auch allein ist Juliane F.* immer noch.
(*Namen geändert)
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