Mit Zeit statt Geld bezahlen
Immer mehr Menschen tauschen anstatt zu kaufen, ihre Ziele sind dabei höchst unterschiedlich.
BEZIRK (tp). Alleine im Bezirk Purkersdorf gab es in den letzten zwei Wochen fünf verschiedene Veranstaltungen, bei denen die Besucher alles Mögliche tauschen konnten – von Lebensmitteln über Pflanzen und Kleider bis zu Briefmarken. "Tauschen ist kein neuer Trend, sondern zwei Millionen Jahre alt. Im Zuge der Wirtschaftskrise ist es aber viel populärer geworden", sagt Dietmar Mayr, Obmann des Talente-Tauschkreises Wienerwald.
Ein neues Wirtschaftssystem
Im Tauschkreis verfolgt man ein großes Ziel: "Im Idealfall müssen wir in Zukunft gar nichts mehr kaufen", hofft Mayr. Dafür hat man eine eigene Währung etabliert: Zeit. "Jeder kann sich selbst mit seinen Talenten in Form von Waren oder Dienstleistungen einbringen. Das wird dann in Stunden umgerechnet. So kann ich eine Stunde Gassi gehen zum Beispiel gegen eine Stunde Bügeln, oder auch gegen Lebensmittel im Wert von einer Stunde tauschen", erörtert Mayr, der betont, dass der Tauschkreis stetig wächst und man so mittlerweile die meisten Produkte bekommt. "Nur Katzenfutter kaufe ich noch überwiegend im Supermarkt", sagt er. "Das System ist so viel persönlicher und geselliger", ergänzt seine Tauschkreis-Kollegin Christine Frey.
Gabi, erst seit kurzem Mitglied, ist begeistert. "Ich glaube nicht an eine Zukunft dieses Wirtschaftssystems. Daher ich will so aussteigen."
Sogar die Gemeinde Purkersdorf ist mittlerweile Mitglied im Tauschkreis. So bezahlt der Tauschkreis in Stunden für die Platzmiete seines Pflanzentauschmarkts am Hauptplatz.
Gegen Wegwerfen
Auch Carina Klein tauscht leidenschaftlich, bisher jedoch nur Kleidung: "Alles andere war mir bisher zu aufwendig. Prinzipiell finde ich es gut, wenn man nicht immer neue Sachen konsumieren muss. Zudem ist es schön, wenn Gewand, das ich nicht mehr trage, nicht nutzlos bei mir herumliegt, sondern sich jemand anderer darüber freut. Wenn da alle mitmachen würde, hätte jeder immer schöne Sachen."
Solche Kleidertauschmärkte sind online populär. Zuletzt gab es auch zahlreiche im Bezirk, wie im Rekawinkler Winkelwerk und von den Pressbaumer und Purkersdorfer Grünen veranstaltete Kleidertauschpartys. "Die Häufung ist Zufall. Wir machen das schon lange zwei Mal pro Jahr. Das ist immer ein Spaß. Besonders toll finde ich, dass Leute allen Alters kommen", betont Organisatorin Christiane Maringer (LIB&Grüne).
ZUR SACHE: Talentetauschkreise
Das Talente-Tauschexperiment bezeichnet sich als weltweit entstandenen und erfolgreichen Ausweg aus dem System "Geld". In einem regional begrenzten Raum, in dem der persönliche Kontakt untereinan-
der noch möglich ist, werden Waren und Dienstleistungen angeboten, gesucht und getauscht.
Sie werden umgerechnet in Stunden, die als Hilfsmittel und fiktiver Geldersatz dienen. Um mittauschen zu können, muss man für einen Jahresbeitrag von 12 Euro Mitglied werden. So bekommt man ein Stunden-Konto. Da es darauf keine Zinsen gibt, wird die im Umlauf befindliche "Stundenmenge" nicht von selbst weniger oder mehr, womit Leistungen immer ihren Wert behalten und die Probleme des Geldsystems gelöst werden sollen.
Der Tauschkreis Wienerwald trifft sich jeden Mittwoch und Donnerstag von 11.00 bis 16.00 Uhr im Purkersdorfer Re:spect Kulturhaus und ist stets auf der Suche nach neuen Mitgliedern.
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