Die Grenze zwischen Leben und Tod

Dr. Magnus Wintergerst zeichnet einen Grabungsbefund
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Für unsere Vorfahren war die Grenze zwischen Leben und Tod durchlässig. Dies lässt sich aus vielen Sagen ableiten, in denen Verstorbene zurück kehren, sei es um die Lebenden zu schützen und zu warnen oder eine Schuld zu sühnen. Ein Teil dieser Vorstellungen lässt sich auch in der Art der Bestattung finden. So entdeckte Dr. Magnus Wintergerst in der zweiten Ausgrabungswoche in Füssen auf dem Kirchenvorplatz von St. Mang ein Skelett, das mit dem Gesicht nach unten bestattet worden ist. Dies ist sehr ungewöhnlich, denn normal begrub man die Toten mit dem Gesicht mit Blickrichtung nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen. Denn der Sonnenaufgang nach der Nacht war ein Symbol für Wiedergeburt und Auferstehung.
Wurde jemand mit dem Gesicht nach unten begraben, so sollte er von einer Auferstehung ausgeschlossen werden, bzw. wenn man Angst vor einem Widergänger hatte. So wurde im Strader Wald, Bezirk Imst im Mai 2008 eine ca. 500 Jahre alte Bestattung gefunden - eine Frau mit dem Gesicht nach unten, umgeben von Schröpfköpfen aus Messing. Die "Heilerin vom Stader Wald" hat die Menschen sehr beschäftigt.
Auch aus Angst vor dem "bösen Blick" wurden Bestattungen mit dem Gesicht nach unten gemacht. Denn der "böse Blick" ging auch den Toten nicht verloren und konnte sogar die Erdoberfläche durchdringen.
Eine dritte Deutungsmöglichkeit ist, dass es sich um einen Selbstmörder gehandelt hat. Denn diese hatten nach früherer Vorstellung so viel Schuld auf sich geladen, dass sie entweder nicht auf dem Friedhof oder eben mit dem Gesicht nach unten begraben wurden, da sie nicht auferstehen konnten. In Memmingen etwa gab es früher den Brauch, dass Selbstmörder in ein Fass geschlagen wurden und in die Iller geworfen wurden.
Fünf übereinanderliegende Schichten von Bestattungen wurden auf dem Vorplatz von St. Mang in Füssen von Dr. Magnus Wintergerst und seinen beiden Grabungshelfern freigelegt. Es wurde sogar eine Vertiefung in den anstehenden Felsen gehauen, ein Felsengrab gewissermaßen, in dem zwei Skelette gefunden wurden. Da dieses Grab "gestört" ist, hätte daneben ein dritte Bestattung liegen müssen, die Ursache der Störung war. Doch diese Stelle war leer, so dass es vielleicht früher eine Exhumierung gegeben hat. Vielleicht eine besondere Persönlichkeit, die dann umgebettet wurde. Oder gar das ehemalige Grab des Hl. Magnus, dessen Reliquien in Sicherheit gebracht werden sollten? Viele Fragen sind durch die Ausgrabungen aufgeworfen worden und es wird einige Zeit dauern, bis eine schlüssige Deutung möglich ist.

Dr. Magnus Wintergerst zeichnet einen Grabungsbefund
die Bestattung eines Kleinkindes wird vermessen
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