Gips: Eine neue Gefahr von unten

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BREITENWANG (rei). „Ich lebe seit 50 Jahren in Breitenwang und nie hat es etwas gegeben. Ich habe auch mit älteren Bewohnern geredet, auch die können sich nicht erinnern, dass wir mit Gipskarst je ein Problem gegeben haben. Jetzt soll plötzlich alles anders sein?“ Michael Häsele wunderte sich bei der Informationsveranstaltung zum Thema Gipskarst in Breitenwang, dass in so kurzer Zeit plötzlich große Teile der Gemeinde „rote Zone“ sein sollen und was nicht „rot“ ist, als „gelbe Zone“ ausgewiesen wurde. Er stellte eine Frage, die viele bewegte: „Wird da ein Problem herbeigeredet?“
„Nein“, versicherten die beiden Geologen des Landes, Günther Heißel und Thomas Figl. Heißel erinnerte daran, dass das Problem erstmals beim ehemaligen Hofer-Markt, heute Pagro, auftauchte. Damals brach der Boden unter dem Gebäude weg und musste aufgefüllt werden. Andere Beispiele aus dem Bezirk sind bekannt: Eine Kapelle in Weißenbach drohte in eine Doline abzurutschen und wurde vorher abgetragen; in Rieden haben sich zwei große Löcher mitten in einer Wiese gebildet; die beiden Sigelseen im Schwarzwasser haben ihre Urspung im Gipskarst zu suchen; die neue Alpentherme Ehrenberg musste auf Säulen gesetzt werden, weil der Untergrund löchrig ist. Und warum das alles: Weil sich Gips im Boden befindet und der wird im Laufe der Jahre ausgeschwemmt. Es bilden sich Hohlräume und die gefährden darüber befindliche Häuser und andere Bauobjekte.
Dass es diese Gipseinschlüsse gibt, ist nicht neu. Diverse Flur- und Straßennamen weisen auf Gips hin, in Breitenwang beispielsweise die Gipsmühlstraße.
Doch jetzt wird das Problem akut. „Das ist eine neue Art der Naturgefahren“, meinte Heißel. Mit Lawinen, Muren und Felsabbrüchen sei man in Tirol vertraut. „Dass es auch eine Gefahr gibt, die von unten kommt, war vielen nicht bewusst“, so Heissel. Man dürfe das Thema einfach nicht kleinreden, aber auch nichts übertreiben, mahnte der Experte zu Besonnenheit.
Die zu bewahren ist aber nicht immer ganz einfach. „Bei einem neuen Wohnbau in der Nähe der Alpentherme hat man Probebohrungen vorgenommen. In einer Tiefe von 25 Metern fehlten bei der Bohrung plötzlich vier Meter Gestein“, wusste Figl in seinen Ausführungen zu berichten. „Das ist eine Gefahr für alles, was sich darüber befindet.“
Wer künftig in Breitenwang neu baut oder einen Zubau errichten will, muss damit rechnen, dass ihm Probebohrungen vorgeschrieben werden. Entschieden wird in jedem Fall gesondert. Probleme könnten sich aber auch für bestehende Objekte ergeben, wie Figl erklärte: „Eine Absenkung unter einem Haus im Ausmaß von 15 Zentimetern kann den Totalschaden am Objekt bewirken!“
Kein Wunder angesichts solcher Aussichten, das Verunsicherung herrscht. Dennoch verlief die Veranstaltung ruhig. „Wir wollen Sie ja nicht ins Unglück stürzen, sondern Schaden abwenden“, meinte Landesgeologe Günther Heißel und begründete damit, warum man jetzt so genau hinsieht, was in den betroffenen Gebieten passiert. Im Außerfern reicht die betroffene Zone von Weißenbach über Ehenbichl und Reutte bis Breitenwang.
In einem Punkt ließ Heißel keine Zweifel offen: Dort wo die Gipskarstproblematik vorhanden ist, wird es künftig einen erhöhten Aufwand beim Bauen geben. Und der kann von einem verstärkten Fundament über Probebohrungen bis hin zu Pfahlgründungen reichen.

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