Ein Experte gibt Antworten
Hält mein Dach diese Lasten aus?

Ein Bild von Freitag-Vormittag: Viele Dächer wurden sicherheitshalber ganz oder teilweise abgeräumt. | Foto: Reichel
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Ein Experte gibt Antworten auf eine der brennendsten Fragen dieser Tage: die Tragkraft der Dächer.

REUTTE (rei). Schön ist er schon, der viele Schnee. Aber er bereitet auch Probleme und Arbeit: Beim Autofahren, bei der Parkplatzsuche, bei der Räumung. Er bereitet auch viele Sorgen, etwa dann, wenn man den Blick auf das Hausdach wirft und mit jedem Zentimeter Schnee, der sich zusätzlich absetzt, die Frage "hält mein Dach diese Last noch aus?" zwingender wird.

Unterschiedliche Vorgaben

DI Paul Nessler ist Statiker in Reutte. Mit der Berechnung von Lasten kennt er sich aus. Ebenso natürlich mit den vorgegebenen Normen.
Und die sind individuell festgelegt und berücksichtigen, ob in der Region viel oder vergleichsweise weniger Schnee fällt.
In Reutte gilt derzeit eine Schneelast auf dem Dach von mindestens 370 kg pro Quadratmeter als Norm - wenn es sich um ein Haus neuerer Bauzeit handelt. Denn dieser Wert wurde im Laufe der Jahre nach oben geschraubt. Bei Häusern mit Baujahr zwischen 1983 und 2006 lag die vorgeschriebene Schneelast bei 280 kg/m2, bei Häuser mit Baujahr ab den 1960er Jahren bis 1983 wurden 260 kg/m2 vorgeschrieben.

Interessant zu wissen

Wir führten dieses Interview mit Paul Nessler, als die Schneehöhe im Reuttener Talkessel etwa einen Meter betrug und der Anteil an pulverigem, und somit leichtem, Schnee ein hoher war. Nessler schätzte das Schneegewicht zum Interviewzeitpunkt somit abhängig von den örtlichen Gegebenheiten auf etwa 150 kg je Kubikmeter. "Für die Dächer sollte das derzeit kein Problem darstellen", stellte Paul Nessler unter der Vorausetzung, dass die Dächer auch normgerecht bemessen und ausgeführt wurden, fest.

Wetterlage beobachten

Eigentlich ein Grund, durchzuatmen. Doch die große "Unbekannte" bleibt die weitere Wetterlage. "Wir wissen nicht, wieviel Schnee noch kommt. Oder ob es zu regnen beginnt", erklärte der Fachmann und riet daher, das Wetter und die weiteren Entwicklungen genau im Auge zu behalten.
Wer sich gar nicht sicher ist, der kann natürlich bei Fachleuten nachfragen, die genaue Berechnungen vornehmen können. Statiker sind hier die erste Ansprechadresse, aber auch Zimmerleute und Baumeister wissen natürlich bestens Bescheid, wie man die Traglast von Häusern bestimmt.

Holen Sie sich Hilfe

Oder aber man greift zur Schaufel und "Schneehexe" und räumt das Dach. Auch hier kann man sich Hilfe holen. Am besten fragt man Firmen nach, die ohnehin am Dach arbeiten, also Spengler und Zimmermeister. Auch Hausmeisterdienste können helfen.
Die Feuerwehren sind nur im Notfall Ansprechpartner. Fragen kann man aber allemal.
Oder man geht selbst hinauf aufs Dach. "Unbedingt sichern!" schoss es da Paul
Nessler sofort heraus. "Die Dachräumung ist nicht ungefährlich." Wenn es 'dumm läuft' kann man sogar ein Schneebrett am Dach lostreten und mit diesem in die Tiefe sausen!
Wenn man die Arbeit selber macht, dann unbedingt das ganze Dach räumen. Die Annahme, es brauche eh nur das Vordach ist falsch, erklärte Nessler. Bei üblichen Vordächern ohne Schneeüberhang liegt das meiste Gewicht zwischen den Pfetten.

Zur Sache

Zurück aber nocheinmal zu den Schneelasten. In früheren Tagen waren die vorgeschriebenen Dachlasten deutlich geringer als heute. Wenn ein altes Haus aber all die Jahre die vielen Winter unbeschadet überstanden hat, könne man das schon als Indiz werten, dass die Konstruktiton passt, beruhigte Nessler.

Wer jetzt in Berwang, im Lechtal oder in einer anderen schneereichen Region wohnt und bei einem Meter Neuschnee noch nicht einmal ansatzweise ans Dachräumen denkt, wird ebenso wissen warum.
Die Dächer in diesen Regionen sind viel stärker gebaut - die Normen sind aufgrund des Schneereichtums entsprechen höher angesetzt. In Berwang muss ein Dach zum Beispiel laut Norm rund 680 kg je Quadratmeter Schnee tragen können.
Ein Meter Neuschnee wie in Reutte lockt den Berwangern dann vielleicht ein Lächeln auf die Lippen. Nur: wenn es in Reutte einen Meter Schnee hat, liegt in Berwang nicht selten fast die doppelte Menge. Und schon ist sie wieder da, die quälende Frage: "Hält mein Dach diese Last noch aus?"

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