Preise sind eingebrochen
Spitzenmilch wird zu Billigkäse verarbeitet

Die Käselager sind voll, der Absatz ist sehr eingeschränkt. Die Auswirkungen im Tal sind enorm. | Foto: Foto Müller
  • Die Käselager sind voll, der Absatz ist sehr eingeschränkt. Die Auswirkungen im Tal sind enorm.
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GRÄN (rei). Die Coronakrise wirkt sich in nahezu allen Lebensbereichen aus. Auch die Landwirtschaft wird nicht verschont. Im Bezirk Reutte sind die Bauern im Tannheimer Tal besonders betroffen.

Unterschiedliche Situationen

Dabei ist die Situation am Milchmarkt sehr differenziert. Die meiste Milch im Bezirk wird von den "Käserebellen" abgenommen (früher Wildberg-Molkerei in Reutte). Die Bauern im Zwischentoren, im Talkessel von Reutte und der Gemeinden des unteren bzw. mittleren Lechtals liefern an die Käserebellen.  Die Landwirte des oberen Lechtals haben wiederum mit der Käserei Sojer in Steeg eine langjährigen Abnehmer.
Diese Vermarktungsschienen funktionieren auch in Coronazeiten gut, der Preis, den die Bauern für ihre Milch bekommen, ist konstant, weiß Christian Angerer, Bezirks-obmann der Landwirtschaftskammer, zu berichten.

Die Lager sind randvoll

Ganz anders die Situation im Tannheimer Tal. Hier geht die ganze Milch an die Käserei Biedermann in Grän. Diese verarbeitet die hochwertige Heumilch aus dem Hochtal zu ebenso hochwertigem Käse. Neben dem lokalen Verkauf sind die Hauptabnehmer Hotels und Gasthöfe sowie der Großhandel in Österreich und Deutschland. Doch der Markt ist eingebrochen.
Die Milch der Bauern des Tannheimer Tals kann somit nicht mehr vor Ort verarbeitet werden. "Für den Zeitraum vom 10. Mai bis 20. Juni wird die Milch am Spotmarkt verkauft", erklärt Angerer von den Auswirkungen.
Heumilch aus dem Tannheimer Tal wird somit nicht mehr zu Bergkäse, Butter, Joghurt und anderen Spezialitäten aus dem Hause Biedermann verarbeitet, sondern kommt in die Massenproduktion. Abnehmermarkt ist Italien, voraussichtlich wird billiger Mozzarellakäse aus der hochwertigen Heumilch hergestellt.

Keine Alternative in Sicht

Eine andere Möglichkeit sieht Käsereimeister Otto Biedermann derzeit nicht. 16.000 Kilogramm Käse habe man noch im April verarbeitet, nur ca. 8.000 kg reife Ware verkauft! Die verarbeitete Milchmenge im April betrug 170.000 Kilogramm. Die Lager in der Käserei sind voll. Weitere Ware kann nicht eingelagert werden.
Wenn wieder Platz im Lager frei wird überlege er, die Produktion hochzufahren. Inzwischen kehrt in der Traditionskäserei Kurzarbeit ein.
Die Milch der Bauern wird zwischenzeitlich zum Schleuderpreis am Spotmarkt verkauft. Zwischen 40 und 50 Cent pro Liter bekommen die Bauern normalerweise für hochwertige Heumilch. Am Spotmarkt gibt es gerade einmal 22 Cent, und davon werden noch die Transportkosten abgezogen. Für die Bauern bleiben so knapp über zehn Cent je Liter übrig.
"Das deckt die Produktionskosten bei weitem nicht", erklärt Kammerobmann Christian Angerer. "Es geht nicht anders", stellt Biedermann klar.
Es gibt keine Alternative, nicht einmal wegschütten, denn Milch darf nicht im Kanalsystem entsorgt werden, außerdem wäre das ein absolutes "No go". Kein Bauer würde das tun!
Wie es weiter geht, kann auch niemand sagen. Otto Biedermann hofft, dass bald die Grenzen aufgehen und Gäste kommen. Dann könnte der Verkauf wieder anlaufen. Das wäre für die Käserei und die Bauern gleichermaßen wichtig. Auch in der Wirtschaftskammer sorgt man sich um die derzeitige Situation: "Das trifft das Tal in voller Härte", sagt WK-Leiter Wolfgang Winkler. Er hofft, dass die Grenzen bald aufgehen und sich eine Besserung einstellt.
Inzwischen gibt es im Hochtal Aufrufe, private Konsumenten mögen ihre Milch direkt bei den Bauern im Tal kaufen. Dadurch könnten die Bauern wenigstens einen Teil der drohenden Mindereinnahmen ausgleichen. Außerdem wäre dies ein Zeichen der Wertschätzung.

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