Preis für Milch ist auf "Talfahrt"

In Ehenbichl fand eine Vorbesprechung zur Errichtung einer genossenschaftlichen Schlachtstelle statt. | Foto: Gem. Ehenbichl/Wind
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REUTTE (rei). Kurz, knapp und ebenso überraschend wurden die Milcherzeuger des Tannheimer Tals kürzlich von der Bergkäseerzeugung Bidermann informiert, dass der Erzeugermilchpreis nach unten korrigiert wird. Es sei nicht gelungen, die seit dem Frühjahr 2017 den Bauern gewährten Milchpreiserhöhungen an den Handel weiterzugegeben. Europaweit, aber auch im eigenen Einzugsgebiet, waren die Milcheinlieferungen zudem höher als im Vorjahr, was den Preisdruck weiter erhöhte.
"Das ist bitter für uns", sagt dazu Harald Kleiner. Er ist Mitglied der Sennereigenossenschaft Tannheim und Gebietsobmann der Landwirtschaftskammer im Tannheimer Tal. Einfluss könne man darauf keinen nehmen.
Jedenfalls nicht direkt, wie LK-Bezirksobmann Christian Angerer dazu feststellt. Kleiner, Angerer und LK-Wirtschaftsberater Peter Frank erläuterten im Gespräch mit den Bezirksblättern die aktuelle Situation der Landwirte.
Und die stellt sich sehr diffizil dar. Den Druck auf die Milchpreise spüren die Bauern im ganzen Bezirk. Monatlich dürfen die drei großen Abnehmer - Käserei Sojer in Steeg, Wildberg in Reutte und Biedermann in Grän - die Milchpreise anpassen. Manchmal werden die Bauern über neue Preise informiert, wie nun im Tannheimer Tal, "oft sehen sie es erst bei der Abrechnung", wie Wirtschaftsberater Peter Frank erklärt.

Hochwertige Heumilch

Die im Bezirk Reutte produzierte Milch wird fast zu Gänze auch hier verarbeitet. Nur Silomilch wird ins Allgäu gebracht. Deren Anteil ist aber gering. "95 Prozent der erzeugten GEsamtmenge", so die Schätzung von Kleiner , "ist beste Heumilch." Und die wird in den drei genannten Betrieben weiterverarbeitet. Im Sommer kommen dann noch einige kleine Käsereien dazu, die die Milch von den Almen selbst verarbeiten.
Diese Spezialitäten von den Almen stehen hoch im Kurs. Oft wird die gesamte Produktion schon vorab verkauft. Abnehmer sind Tourismusbetriebe, Bauernläden, aber auch private Genießer, welche diese Spezialitäten zu schätzen wissen und auch bereit sind, einen höheren Preis zu erzielen.
Diese angesprochene Direktabnahme heimischer Produkte ist auch jene Möglichkeit, die Angerer meint, wenn er davon spricht, dass man den Milchpreis ehr wohl beeinflussen kann. "Wer beim Einkauf darauf achtet, dass er Milch- und Käsespezialitäten aus dem Außerfern kauft, hilft damit den Sennereien und die sind so in der Lage, den Bauern gute Milchpreise zu zahlen", erklärt Angerer die Zusammenhänge.

Wunsch nach Wertschätzung

Und ein höherer Milchpreis ist für die Landwirte doppelt wichtig, wie Kleiner sagt. Einerseits natürlich weil die Einnahmen höher sind, andererseits aber auch deshalb, weil damit viel Wertschätzung für die harte Arbeit der Bauern verbunden ist.
Das Einkommen der Bauern fußt im Wesentlichen auf drei Säulen: Milchpreis, Fleischpreis und Ausgleichszahlungen.
Ausgleichzahlungen werden für die Landschaftspflege gewährt. Ein zunehmend wichtiger Bereich. Wo nicht mehr gemäht wird, wachsen die Flächen zu. Das ist schlecht. Auch für den Tourismus und auch für die Einheimischen, welche Almen und Felder als Erholugsflächen zu schätzen wissen.
Mit den Ausgeleichszahlungen werden diese Tätigkeiten abgegolten. Würden die Bauern diese Arbeiten nicht erledigen, müsste man sie an andere Firmen vergeben. "Das wäre vermutlich viel teurer", sagt Angerer.
Für die Landwirte sind diese Zahlungen wichtig, um überleben zu können. Wer aber mit ganzem Herzen in der Landwirtschaft arbeitet, dem sind die Erlöse aus der Milch- und Fleischerzeugung zumeist noch wichtiger.
Christian Angerer appelliert daher, die Produkte aus der Region zu kaufen. "Das ist garantiert die beste Förderung, die man unseren Bauern gewähren kann!"

Zur Sache

Bei Milch- und Käseprodukten wird die Herkunft schon beworben. Beim Fleisch ist das schwieriger. Auch deshalb, weil es keine große Schlachtstelle im Bezirk gibt. Die Möglichkeit, Schafe, Rinder und in kleinem Maßstab auch Schweine schlachten zu lassen, sind eingeschränkt. Teilweise finden die Schlachtungen außerhalb des Bezirks statt. Das ist nicht gut für die Tiere und mit einem zusätzlichen Aufwand für die Bauern verbunden.
Kammervorstand, die Gemeinde und Agrar Ehenbichl, dke Wirtschaftskammer, der Maschinenring und politische Vertreter haben sich nun darauf verständigt, ein Projekt zur Schaffung einer gewerblichen Schlachtstätte mit Vertrieb im Bezirk zu schaffen. Standort soll Ehenbichl werden. Die Regionalentwicklung Außerfern (REA) hilft mit viel Erfahrung bei der Umsetzung des Vorhabens.
Angedacht ist, dass eine Genossenschaft gegründet wird. Diese soll die Schlachtstelle betreiben und einen Metzger anstellen. Ev. könnte dieser auch auf selbstständiger Basis arbeiten.
Die Vorarbeiten sind angelaufen. So werden Befragungen bei Landwirten, Tourismusbetrieben und Endverbrauchern durchgeführt. Im Herbst könnte die Umsetzung beginnen.
Läuft alles nach Plan, wird es die neue Einrichtung ab 2019 geben.

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