CORONA-KRISE
Saisonabbruch im Fußball Unterhaus: Was sagen die regionalen Experten?

Mittlerweile Normalität: Keine Spieler und leere Tribünen. | Foto: Mario Friedl
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RIED (mafr). Am letzten Mittwoch wurde beschlossen, dass die Fußball-Saison 2019/2020 im Unterhaus nicht fertiggespielt und abgebrochen wird. Natürlich löste diese Entscheidung unter Spielern, Trainern und Fans große Diskussionen aus. Was sagen die Experten im Bezirk zu dieser Entscheidung? Welche Folgen könnte diese für die Vereine und den Amateur-Fußball generell haben? Die BezirksRundschau hat die Meinungen von Stefan Kasper (Union St. Martin, Sektionsleiter Stellvertreter), Felix Brunninger (zuletzt Trainer des TSV Utzenaich), Peter Madritsch (Union Gurten, Trainer), Peter Erlach (SV Grieskirchen, Nachwuchsleiter und U16 Trainer) und Martin Feichtinger (Union Senftenbach, Spielertrainer) eingeholt.

Was sagen Sie zum Meisterschaftsabbruch?
Kasper: Meiner Meinung nach die einzige richtige Entscheidung.

Brunninger: Grundsätzlich war mir klar, dass man in dieser Ausnahmesituation keine 100 % faire Lösung anbieten kann. Ein Saisonabbruch war wohl die einzige logische Folgerung, die ich auch begrüße. Die Entscheidung wurde ja grundsätzlich von der Regierung beschlossen, da bis mindestens Ende Juni keine Spiele stattfinden dürfen - somit zeitlich nicht mehr machbar. Wie sollte man eine laufende Meisterschaft beenden, falls ein Spieler, Trainer oder Funktionär positiv auf Corona getestet wird? Unter Auflagen, so wie für die Bundesliga (Geisterspiele, teure Testungen,…) zu spielen, wäre im "Unterhaus" absolut nicht durchführbar. Ein Herbstmeister ist zwar schön, aber nicht aussagekräftig genug (nur 50 % der Spiele ausgetragen) um sportlich aufzusteigen, da die zweit- oder drittplatzierten auch Anspruch auf einen Meistertitel oder eventuelle Relegationsspiele haben. Ein Fragezeichen steht auch noch hinter dem Saisonbeginn im Herbst - haben wir bis dahin die Corona-Krise überwunden?

Madritsch: Ich glaube, dass man hier den einfachsten Weg geht. Gesundheitlich zwar absolut in Ordnung und verständlich, aber annullieren finde ich überzogen. Es gäbe sehr viele sportliche Lösungen, die wie ich gehört habe, von sehr vielen Vereinsvertretern auch bei den Verbänden deponiert worden sind. Diese haben aber beim Verband leider keine Beachtung gefunden. Da die Union Gurten keine Aufstiegsambitionen hat und mit einem Abstieg bei Weitem nichts zu tun hat, betrifft es uns weniger. Die sportlichen Sensationen, die meine Jungs auf dem Platz gebracht haben, kann uns auch so eine Annullierung nicht mehr nehmen.

Feichtinger: Ja, mir war klar, dass es keine Lösung geben wird, die alle Vereine glücklich macht. Ich hätte mir mehr Innovation vom Verband gewünscht. Zum Beispiel, dass man dem Meister aus der Hinrunde den Meistertitel zuspricht ohne Aufstieg in die nächste Liga. Aber auch die Überlegung, einfach die Ligen aufzustocken und den Erstplatzierten aufsteigen zu lassen, wäre vielleicht möglich gewesen. Das hätten sie sich verdient, da diese Vereine richtig gut gearbeitet haben. Dass es keine Absteiger geben soll, finde ich richtig. Auch die Variante, dass man die Punkte aus der Saison 2019/20 in die nächste Saison mitnimmt, hätte mir gefallen. Vor allem, da es noch nicht fix ist, ob wir im Sommer 2020 die neue Saison starten. Dann hätte man die jetzigen Punkte für die Rückrunde 2021 verwenden können. Man darf ja nicht vergessen, dass sich die Herren vom Verband ja schon länger damit auseinandergesetzt haben. Da würde man sich als aktiver Spieler, Trainer oder Funktionär einfach eine Lösung wünschen, wo man merkt, dass wirklich alle möglichen Szenarien bedacht wurden und Leistungen, die erbracht worden sind, auch wertgeschätzt werden. Stichwort Meisterehrung!

Erlach: Diese Entscheidung war unausweichlich. Ich bin jetzt seit 40 Jahren im Fußball aktiv, heuer werden es 20 Jahre, dass ich als Trainer arbeite, aber eine ähnlich Situation gab es noch nie.
Die Entscheidung, die Saison abzubrechen und zu annullieren, ist meiner Meinung nach alternativlos. Man kann eine Fußballsaison, die im Endeffekt über fast zehn Monaten gespielt wird, nicht mit einem Skirennen oder mit einem Skispringen vergleichen, die bei Abbruch nach einem Durchgang gewertet werden, weil solche Bewerbe innerhalb ein paar Stunden ausgetragen werden. Wenn man es neutral betrachtet, war das die richtige Entscheidung. Natürlich sehr, sehr bitter, wenn man um den Aufstieg spielt, oder wie der SV Windischgarsten (alle 13 Spiele gewonnen) überlegener Tabellenführer einer Liga ist. Ich hoffe, dass nicht zu viele Kinder aber auch Erwachsene mit dem Sport aufhören.

Glauben Sie, dass diese Entscheidung nachhaltig den Amateurfußball verändert? Sponsoren, Legionäre...
Kasper: Für Vereine, welche sich selbst durch Feste und Veranstaltungen finanzieren, wird es schwierig werden. Vereine, die Firmen oder große Privatsponsoren haben, werden eher weniger Einbußen haben. Auch Legionäre wird es weiterhin geben.

Brunninger: Ich finde, dass die regionalen Gönner und Sponsoren, soweit es ihnen wirtschaftlich möglich ist, die Vereine weiterhin unterstützen werden, da ja ein Sponsor (Gönner) meist einen starken Bezug zum Verein hat - sprich "Herzblut". Beim Thema Transfers oder Legionäre wird sich leider sehr wenig ändern, da dieses Problem nichts mit der Corona-Krise, sondern generell mit unserem Sport zu tun hat. Es werden nach wie vor Unsummen, für eher "mittelprächtige Spieler", bis in die untersten Klassen bezahlt. Leider aus einer Notsituation - da meist zu wenig Eigenbauspieler zur Verfügung stehen. Wir haben in sehr vielen ländlichen Gemeinden immer weniger Nachwuchsspieler, Betreuer oder Funktionäre. Diese Entwicklung gibt es schon länger - noch wird versucht die fehlenden Ressourcen über Spielgemeinschaften zu kompensieren - wie lange noch? Generell freue ich mich natürlich wieder auf spannende Spiele und Derbys im Unterhaus.

Madritsch: Ich glaube nicht, dass es sehr große Veränderungen geben wird. Wir sind der beste Beweis, das Geld nicht Fußball spielt und man mit Ehrgeiz, Willen, Mentalität und absoluter Hingabe viel erreichen kann. Es wird jedoch auch in Zukunft wieder Vereine geben, die mit Großsponsoren viel investieren werden. In meinen Augen geht's um gut oder schlecht und nicht um Legionär, jung oder alt. Da spielt Geld keine Rolle. Was jedoch von den Verbänden überdacht werden muss, ist die Jungendregelung (Anm. d. Red. vier U22 Spieler im Kader und einer muss in der Startelf stehen). Hier werden genug Talente, aufgrund ihres Jahrgangs, schon erzogen viel Geld verlangen zu können. Es wird da auch in Zukunft Vereine geben, welche die Jungs mit überzogenen Gehältern blenden und sie letztendlich um ihre Fußballkarriere bringen werden.

Feichtinger: Ja, auf alle Fälle wird sich ein bisschen was ändern. Ich glaube, dass die wirtschaftlichen Folgen, die auf uns noch hereinbrechen werden, den ein oder anderen Verein sehr schwer treffen werden. Vor allem jene Vereine, die auf sogenannte Großsponsoren angewiesen sind und deren Branche die Krise richtig hart trifft. Eine andere große Einnahmequelle für die Vereine sind Feste oder anderweitige Veranstaltungen. Auch dieses Geld wird einigen Vereinen fehlen. Für Vereine, die mit Legionären arbeiten, wird es natürlich auch spannend, ob die Fußball-Touristen dieses Jahr nach Österreich einreisen dürfen. Ich kann es mir fast nicht vorstellen. Auch glaube ich, dass einige Vereine finanziell ein bisschen kürzertreten müssen. Ich würde es ohnehin sehr positiv sehen, wenn man sich für die eigenen Spieler entscheidet. Mehr in den Nachwuchs, Infrastruktur und Möglichkeiten für Spieler investiert, und das Geld nicht in einen einzigen oft auch durchschnittlichen guten Spieler pumpt. Denn es ist sehr selten, dass er für mehr Geld nicht schnell wieder ein anderes Trikot überstreift und somit alles nicht nachhaltig ist.

Erlach: Gesundheit aber auch Schule und Arbeit stehen klarerweise über dem Fußball. Es gibt mit Sicherheit viele Unternehmen und Familien, die um ihre Existenz fürchten. Viele Unternehmen werden ihre Unterstützung für Vereine zurückschrauben müssen. Es liegt somit an den Vereinen kreativ zu werden, sich vielleicht sogar neu zu erfinden. Neue Wege zu finden Einnahmen zu lukrieren. Natürlich ist das auch eine Chance für den eigenen Nachwuchs. Für viele fleißige Kicker werden sich Türen öffnen. Im Gegensatz dazu könnten bei einigen Vereinen, die nur aus einer finanziellen Luftblase bestanden, die Lichter ausgehen. Eines ist klar: Spannende Zeiten liegen vor uns!

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