Kinderärztin Petra Eisterhuber gibt Tipps
Ständige Infekte: Die Rotznasen sind wieder unterwegs

- Kinderärztin Petra Eisterhuber weiß, dass es bei Kleinkindern normal ist, dass sie zehn bis zwölf Infekte pro Jahr haben.
- Foto: panthermedia.at/AndrewLozovyi
- hochgeladen von Karin Bayr
BEZIRK. Die kalte Jahreszeit bringt viele Rotznasen hervor. Geht es nach Empfinden der Eltern, sind ihre Kinder immer schnupfig oder leicht krank. Wir haben mit der Rohrbacher Kinderärztin Petra Eisterhuber zu diesem Thema gesprochen.
Kaum ist Herbst/Winter, schon sind die Kinder wieder krank. Warum ist das so?
Petra Eisterhuber: Wissenschaftlich gibt es auf diese Frage eine eindeutige Antwort: Kaltes Wetter alleinemacht nicht krank. Es sind die Begleitumstände.
Durch das kühlere Wetter wird der eigentlich gesunde Schleim auf
unseren Atemwegen weniger. Dadurch können sich Viren auf der Schleimhaut besser
verbreiten und sich im Körper einnisten. Außerdem verbringen wir deutlich mehr Zeit
drinnen, trockene Heizungsluft und schlechte Belüftung belasten unsere Atemwege
zusätzlich. Und da wir uns mehr drinnen aufhalten, haben wir auch mehr und näheren
Kontakt mit unseren Mitmenschen.
Wie verhindert man das ständige Kranksein von Kindern?
Viren verbreiten sich durch Tröpfchen entweder von Mensch zu Mensch durch Berührungen wie Händeschütteln, oder über Gegenstände wie Türklinken, Tastaturen oder Schalter. Deshalb ist Händewaschen zu jeder Jahreszeit wichtig. Jetzt aber noch viel mehr. Ausreichend zu trinken und eine gesunde Ernährung mit frischem Obst und Gemüse sind die Basis für gute Gesundheit. Die Schleimhäute feucht zu halten und auf ausreichend Schlaf zu achten, hilft zusätzlich. Wichtig ist auch Bewegung an der frischen Luft, das trainiert das Immunsystem.
Wieviele Infekte sind bei Kindern normal?
Acht bis zehn Infekte pro Jahr sind normal. Für jeden Infekt kann man ein bis zwei Wochen einrechnen, bis das Kind wieder ganz fit ist. Die meisten Infekte in der kalten Jahreszeit sind Atemwegsinfekte. Das kindliche Abwehrsystem muss erst ausreifen. Sobald der Nestschutz – nach etwa sechs Monaten – nachlässt, beginnt die Zeit, in der Kinder ihr Abwehrsystem selbst trainieren. Infekte helfen dabei, das Abwehrsystem zu trainieren.
Welche Hygienemaßnahmen kann man schon den Kindern zeigen?
Regelmäßiges Händewaschen, in die Armbeuge zu husten und ein Taschentuch zu verwenden anstatt die Nase am Ärmel abzuwischen, kann man mit Kindern schon früh trainieren. Keine gemeinsame Benützung von Trinkgefäßen und Besteck durch mehrere Kinder, ist auch eine gute Hygienemaßnahme.
Ist es hilfreich, Kinder aus Angst vor Infekten lieber vom Kindergarten zuhause zu lassen? Wenn nein, warum nicht?
Nein, das ist nicht sinnvoll. Das Immunsystem der Kinder muss erst vollständig entwickelt werden. Dazu müssen sie in Kontakt mit Krankheitserregern kommen. Es ist also gut, wenn Kinder miteinander spielen und - bis zu einem gewissen Grad - Krankheitserreger weitergeben – wenn sie keine größeren gesundheitlichen Probleme oder besondere Grunderkrankungen haben.
Wie kommen Eltern gut durch die ständigen Infekte ihrer Kinder?
Oft kann man mit pflanzlichen Medikamenten und homöopathischen Globuli die Beschwerden lindern oder abschwächen. Befeuchtende Nasensprays auf Salzwasser-Basis bringen bei Schnupfen Linderung, ein Teelöffel Honig ist bei Reizhusten gut wirksam (Achtung: erst bei Kindern ab einem Jahr). Warme Tees (Kamille oder Salbei) beruhigen die angegriffene Schleimhaut; ausreichend schlafen, dem Kind Zeit geben, sich auskurieren zu können. Wenn das Kind länger als einen Tag hoch fiebert, durch die Erkältung deutlich beeinträchtigt ist (Trinkverweigerung, Appetit vermindert, vermehrtes Schlafbedürfnis, viel Husten usw.) oder Anzeichen von starken Schmerzen zeigt, sollte man einen Kinderarzt /eine Kinderärztin kontaktieren. Bei einer Infektion der unteren Atemwege sind häufig zusätzliche Therapien, wie beispielsweise Inhalationen erforderlich, daher sollten diese möglichst rechtzeitig erkannt und behandelt werden.
Warum ist zB. Fieber wichtig und wann soll man es senken?
Fieber ist ein natürlicher Abwehrmechanismus des Körpers, es ist keine Krankheit, sondern eine Schutzreaktion. Mit der Temperaturerhöhung mobilisiert der Körper seine Abwehrkräfte, um unerwünschte Erreger zu bekämpfen. Denn Bakterien und Viren mögen hohe Körpertemperaturen nicht, sie können sich dann schlechter vermehren.
Nach Möglichkeit sollte Fieber bei Kindern erst ab einer Temperatur von mehr als 39° C (rektal gemessen) und in Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn das Kind sehr unter dem Fieber leidet und immer erschöpfter wirkt mit fiebersenkenden Mitteln behandelt werden. Eine Ausnahme ist, wenn ein Kind bereits einen Fieberkrampf hatte, da soll schon frühzeitig eine Fiebersenkung erfolgen. Generell gilt: Bei einem Kind unter drei Monaten sollen Eltern schon ab einer Temperatur von 38°C den Arzt aufsuchen.
Wann soll man zur Kinderärztin gehen?
Wenn bei Babys unter drei Monaten die Temperatur 38° Celsius und mehr beträgt. Wirkt das Baby insgesamt sehr schlapp, will nicht trinken oder treten Hautverfärbungen auf, dann auch schon bei einer Temperatur unter 38° Celsius. Nicht jeder junge Säugling entwickelt schon Fieber, wenn eine Infektion vorliegt. Wenn das Fieber bei älteren Babys und Kleinkindern bis zum Alter von zwei Jahren länger als einen Tag, bei älteren Kindern länger als drei Tage anhält. Wenn das Fieber trotz fiebersenkender Maßnahmen nicht zurückgeht.
Wenn ein Kind trotz fiebersenkender Maßnahmen und Rückgang der Temperatur teilnahmslos ist und nicht normal reagiert. Wenn ein Kind durch die Erkältung deutlich beeinträchtigt ist (Trinkverweigerung, Appetit vermindert, vermehrtes Schlafbedürfnis, viel Husten usw.) oder Anzeichen von starken Schmerzen zeigt. Wann auch immer Eltern beunruhigt sind und sich Sorgen machen.
Wie wichtig ist es, dass sich Kinder gut auskurieren können?
Wird eine Erkältung nicht richtig auskuriert, kann sie verschleppt werden. Dann kann es zu einer so genannten bakterielle Überinfektion im Nasen- und Rachenraum kommen. Das heißt konkret: Zusätzlich zum ursprünglichen Infekt, der durch Erkältungsviren ausgelöst wurde, breiten sich nun noch krankmachende Bakterien aus. Das Immunsystem wird doppelt belastet. Verlagert sich die Erkrankung weiter, droht eine Bronchitis oder sogar eine Lungenentzündung. Und in seltenen Fällen kann es auch zu einer Herzmuskelentzündung kommen. Bei Erkältungskrankheiten gilt daher: Das Kind sollte mindestens einen Tag fieberfrei sein, bevor es wieder in die Schule und den Kindergarten geht.


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