Flüchtlingskrise: „Es ist doch selbstverständlich, zu helfen“

56Bilder

KOLLERSCHLAG (gawe). „27 Busse mit Flüchtlingen sind heute schon angekommen. Weitere elf werden folgen, es können aber auch noch mehr werden“, erzählen Offizielle in Hanging vom Andrang am Samstag. Die Grenze ist dicht. Rotes Kreuz, Polizei, Bundesheer und freiwillige Helfer bemühen sich um eine geordnete Weiterreise nach Deutschland. Der Rückstau wird langsam geringer.

Armband als Busticket

Nach dem Aussteigen erhalten alle Flüchtlinge ein Armband mit einer Nummer. Es soll den Platz für die Weiterreise im Bus nach Deutschland sichern. Vor der Essensausgabe im Großzelt bildet sich eine lange Menschenschlange. Bezirksrettungskommandant Johannes Raab ist über den Nachschub zuversichtlich: „Wir bekommen jetzt gleich wieder 1700 Portionen Gemüsesuppe von der Krankenhausküche Rohrbach geliefert.“ Bei der Kleiderausgabe wird die Warteschlange immer länger – bei manchen liegen die Nerven blank. Eine Drängerei und erhöhte Lautstarke sollen einen besseren Platz in der Reihe sichern. Einem Bundesheerangehörigen gelingt es schließlich mit Hilfe eines „Translaters“ die wartenden Menschen zu Einsicht zu bewegen: sie stellen sich geordnet hintereinander an. Einzeln gehen sie ins Zelt und suchen sich aus den gespendeten Kleidungsstücken das passende aus.

Barfuß unterwegs

Rührend am Rande: Die Helferin bei der Ausgabe setzt einem kleinen Kind unaufgefordert eine passenden Haube auf. Einer kommt bloßfüßig zum Zelt und sucht Schuhe der Größe 44. Viele lagern auf der Wiese, neben dem Grenzbach, neben sich einen Rucksack mit ihrem ganzen Hab und Gut. Die meisten Fragen der Angekommenen: Wie heißt der Ort, wo wir gerade sind? Wo ist die nächste Stadt? Wie weit ist es in die Schweiz? Der nächste Bus kommt an. Ein Übersetzer steigt sofort ein und erklärt den Ablauf. Viel Geduld ist jetzt gefragt. Nicht alle habe die Gelassenheit wie diese Frau, die sich an den Grenzstein setzt und strickt – vielleicht an einem Winterpullover. Im Großzelt (10 x 100 Meter) wickelt eine Helferin ein Flüchtlingskind und will nicht fotografiert werden. Sie meint nur: „Es ist klar, dass wir helfen. Helfen ist doch selbstverständlich.“

Zur Sache:
Seit vergangenen Freitag, 16.30 Uhr, ist das erste Wartezelt direkt am Grenzübergang in Betrieb. Im Lauf der Nacht wurde es mit 1000 Menschen völlig ausgelastet, dazu eine Halle mit Kapazität für 500 Personen. Niemand musste in der Kälte warten, trotz der eher schleppenden Übernahme durch Bayern. Mit Freitag haben seit Anfang September bereits über 30.000 diesen kleinen Grenzübergang passiert. Alle Engagierten leisten wirklich Großartiges – in Summe waren in diesen Wochen bereits 1500 Helfer im Einsatz.

Mit 115 Bussen und 4 Sonderzügen wurden am Freitag über 6700 Menschen nach Oberösterreich gebracht. Diese große Herausforderung wurde vom "Team Oberösterreich" sehr gut gelöst.

Mega-Zelt hat sich bewährt

Der erstmalige Einsatz eines Wartezeltes für 1000 Menschen in Kollerschlag hat sich sehr gut bewährt. "Es macht viel Sinn, auch in Braunau und Schärding in Zukunft Wartezelte einzusetzen, um die Wartezeiten besser überbrücken zu können", sagt Landesrat Rudi Anschober, der sich persönlich bei einem Besuch von der Situation an der Grenze überzeugt hat. "Gerade im beginnenden Winter können so Krisensituationen vermieden werden." Anschober fordert: "Nachdem sich das Wartezelt beim ersten Einsatz in Kollerschlag hervorragend bewährt hat, braucht es auch in Braunau und Schärding eine ähnliche Option. Dadurch kann den Betroffenen ein Warten in Wärme und damit ohne Gesundheitsgefährdung ermöglicht werden, für die Helfer ermöglicht das Wartezelt ebenfalls ein besseres Arbeiten, die Betreuung und Lenkung kann viel strukturierter und ohne Risiko verwirklicht werden. Das Wartezelt ist keine Zusatzbelastung, sondern eine Erleichterung und Verbesserung für alle."

In Oberösterreich wächst immer stärker ein echter Teamgeist der Helfer. Das „Team Oberösterreich“ bestehend aus Hunderten Ehrenamtlichen, der Exekutive, dem Roten Kreuz und dem Bundesheer leistet gemeinsam mit den Menschen vor Ort Großartiges.

Lob an die Helfer

Anschober: "Ich bin stolz auf dieses Engagement, diese Hilfsbereitschaft, die hohe Professionalität und die Ausdauer. So können wir die große humanitäre Herausforderung gemeinsam weiterhin schaffen." Hilfe wird noch länger dringend benötigt: die Einreisetendenz nach Österreich ist zwar leicht sinkend, Grenzübergänge in Salzburg und Tirol werden verstärkt befahren, das sollte sich für das hauptbetroffene Oberösterreich auswirken. Die Einreiseprognose nach Österreich liegt nach rund 10.000 gestern für dieses Wochenende bei etwa jeweils 8000, aber noch sehr viele Menschen befinden sich auf ihrem lebensgefährlichen Weg aus den Kriegsregionen. Sie werden Hilfe auch in den nächsten Wochen brauchen.

Freiwillig engagieren!

"Daher mein Appell an die vielen hilfsbereiten Oberösterreicher, mitzuhelfen und sich vor Ort zu melden", sagt Anschober. Ab heute wird das mit Deutschland und Bayern paktierte Prozedere an den Grenzübergängen vollständig umgesetzt – mit den drei Grenzübergängen Kollerschlag, Braunau und Schärding, dafür aber ohne Achleiten. "Mein Appell geht an die deutschen Behörden, mehr Busse einzusetzen und die Übernahme mit höherem Tempo zu verwirklichen. Dann kann die Situation noch besser bewältigt werden", fordert der Landesrat.

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Rohrbach auf MeinBezirk.at/Rohrbach

Neuigkeiten aus Rohrbach als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Rohrbach auf Facebook: MeinBezirk.at/Rohrbach - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Rohrbach und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.