Berufswechsel
"Frauen über 50 trauen sich, Verantwortung zu übernehmen"

Das Team des FrauenTrainingszentrum ALOM berät Frauen bei allen Fragen aus dem Bereich des Arbeitslebens. | Foto: ALOM
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Margit Lindorfer, Geschäftsführerin des FrauenTrainingsZentrums ALOM in Rohrbach, spricht im Interview über Chancen und Herausforderungen eines beruflichen Wechsels mit 50-plus und die Vorteile, die es für Arbeitgeber hat, Frauen in diesem Alter einzustellen.

BEZIRK ROHRBACH. Durch die Corona-Krise werden bei vielen Erwerbstätigen neue berufliche Ziele oder Wendungen nötig sind. Das FrauenTrainingsZentrum ALOM hilft Frauen in der Region, ihre beruflichen Chancen zu verbessern. Ein Schwerpunkt ist die Beratung von Frauen aus der Generation 50-plus. Die Mitarbeiter unterstützen etwa bei Bewerbungen oder bieten Orientierungsberatungen an.

Wie sieht es am Arbeitsmarkt im Bezirk Rohrbach derzeit aus?
Die Arbeitslosenzahl im Bezirk hat sich bis Oktober 2020 erholt: Mit 2,1 Prozent Arbeitslosigkeit haben wir in Rohrbach die erfreuliche Situation, dass trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage sehr viele erwerbsfähige Frauen und Männer in Beschäftigung stehen. Gründe dafür sehe ich in der Einsatzbereitschaft der regionalen Arbeitskräfte und darin, dass viele ansässige Unternehmen gut aufgestellt und in Bereichen tätig sind, die Gott sei Dank eine Nachfrage verzeichnen können.

Wie stellt sich die Lage für Frauen aus Rohrbach am Arbeitsmarkt während Corona dar? Welche sind die größten Einschnitte und Veränderungen?

Die Pandemie bringt mit sich, dass viele berufstätige Frauen einschneidende Veränderungen am Arbeitsplatz erleben. Detaillierte Hygienerichtlinien sind zu beachten und erschweren Betriebsabläufe, in manchen Branchen sind Arbeitsspitzen zu bewältigen, während sich Mitarbeitende in anderen Wirtschaftssektoren in Kurzarbeit befinden. Weil die Krise viele Lebensbereiche betrifft, kumulieren sich die Herausforderungen. Neben der Angst um den Arbeitsplatz und um das wirtschaftliche Bestehen in der Zukunft werden neue Arbeitsformen, wie Homeoffice und Online-Zusammenarbeit, schnell eingeführt. Dass ein Lockdown der Schulen und Betreuungseinrichtungen Frauen besonders hart trifft, da sie meist den Großteil der Familienarbeit erledigen, ist bekannt. Zeitdruck, Nervosität und Zukunftsangst können besonders dann persönliche Krisen auslösen, wenn finanzielle Engpässe entstehen, ein Gefühl des Alleingelassen-Seins aufkommt, oder die Belastung einfach zu viel wird. Viele Mütter wollen und müssen darauf achten, dass ihre Kinder weiterhin Lernerfolge erzielen und dass der Nachwuchs im Teenageralter seine wichtigen sozialen Beziehungen aufrecht erhält und sich nicht im Internet verliert. Das bedeutet mitunter einen hohen Kraftaufwand, umso mehr, da ja Erwerbsarbeit und sonstige Familienarbeit bestehen bleiben. Alleinerzieherinnen, Frauen im Lebensmittelhandel, in der Gesundheitsbranche, in finanziell ungesicherten Verhältnissen, Mütter kinderreicher Familien und Frauen, die jemanden pflegen sind besonders betroffen. Es ist leider zu sehen, die Pandemie schwächt die Schwächeren in der Gesellschaft.

Wie ist die Situation derzeit speziell bei Frauen um und über 50?

Man kann beobachten, dass junge Menschen naturgemäß flexibler am Arbeitsmarkt sind. Wechseln sie die Stelle oder verlieren sie ihren Job, gelingt es ihnen leichter eine neue Anstellung zu finden, sie sind kürzer arbeitslos. Ältere Menschen, so auch Frauen, werden zwar seltener arbeitslos, wenn doch, brauchen sie meist länger, um wieder einen Job zu finden. Dies ist eine besonders herausfordernde Situation. Auf Fragen wie „Wer braucht mich noch am Arbeitsmarkt?“ oder „Zahlt sich eine berufliche Umorientierung noch aus?“, müssen Antworten gefunden werden. Die Tatsache, mit 50plus arbeitslos zu werden, wo doch gleichsam die Uhr tickt, ist eine besondere psychische Herausforderung.

Mit welchen Fragen, Problemen und Bedürfnissen wenden sich Frauen über 50 ans ALOM?
Zu uns kommen Frauen über 50 vorwiegend dann, wenn sie ihre Beschäftigung verloren haben, oder sich aus gesundheitlichen Gründen neu orientieren müssen. Jede Situation ist individuell und sehr spezifisch. Liegen gesundheitliche Einschränkungen vor, steht das Finden einer Stelle mit geeigneten Anforderungen im Vordergrund. Andere Frauen suchen uns auf, weil sie ihren Jobverlust nutzen wollen, um noch einmal beruflich umzusatteln. Dafür brauchen sie fachliche Auskünfte über Ausbildungswege, Kursorte, mögliche Arbeitgeber und, nicht zuletzt, ein offenes Ohr und Zuspruch. Nicht alle wollen sich neu orientieren, oft geht es um die möglichst rasche Akquise einer neuen Stelle. Diese Frauen brauchen Unterstützung beim Bewerbungsprozess, Ideen, wo sie sie sich noch bewerben könnten, und freuen sich über Begleitung, wenn es zwischenzeitlich aussieht, als würde sich keine passende Chance auftun.

Wie sieht die Beratung aus? Wie helfen Sie den Frauen?
Es geht darum, zu verstehen, was genau die Kundin braucht. Wir haben dabei die Erfahrung gemacht, dass in der Lebensmitte Sinnfragen in den Mittelpunkt rücken. Im gemeinsamen Gespräch werden die Beratungsziele herausgefunden und festgehalten, danach gibt es die entsprechenden fachlichen Informationen. Die Arbeit der Beraterin ist es auch, weitere Möglichkeiten und Alternativen aufzuzeigen. Im Austausch tauchen neue Ideen auf, der Horizont erweitert sich. Bei einem gelegentlichen Durchhänger auf dem Weg zurück in den Beruf leisten die Einfühlsamkeit und der stärkende Rückhalt der Beraterinnen wertvolle Dienste. Unser Anliegen im FrauenTrainingsZentrum ist es auch, die Lernbereitschaft der Frauengeneration 50-plus zu festigen und zu fördern. Eignen sich die Ratsuchenden neues Wissen, etwa im Bereich der Officeanwendungen und Know-how über Online-Tools an, steigert dies das Selbstbewusstsein und die Anschlussfähigkeit im Arbeitsmarkt. Jede Frau im Alter 50-plus profitiert, wenn sie sich der eigenen Stärken bewusst ist, die sie als erfahrene Arbeitskraft in die Waagschale werfen kann.

Wie schwierig ist ein Neustart und worauf muss man sich einstellen, wenn man in diesem Alter einen neuen Job sucht?



Heute 50-Jährige haben 15 Berufsjahre vor sich. Die Möglichkeit besteht darin, eine berufliche Tätigkeit zu finden, die den Bedürfnissen gerecht wird. Je besser man die eigenen Ziele kennt, je genauer man weiß, über welche Fähigkeiten man eigentlich verfügt und welche Werte wichtig sind, umso besser wird dies gelingen. Ein bewusst positiver Blick in die Zukunft, Neugierde, Lernbereitschaft und Offenheit sind der Schlüssel des Gelingens. Es gibt vielfältige öffentliche und kostenfreie Unterstützungsangebote für Frauen, welche mit fachlicher und persönlicher Beratung helfen. So wie es für den Bau eines Hauses einen Plan gibt, steht auch die weitere Berufstätigkeit auf festeren Beinen, wenn das Fundament gut überlegt ist.

Welche Vorteile haben Betriebe, wenn sie Frauen über 50 einstellen?
Die Vorteile liegen darin, dass Frauen über 50 über eine reiche Lebenserfahrung verfügen. Sie trauen sich meist, Verantwortung zu übernehmen und generell stehen ältere Arbeitnehmerinnen ihren Dienstgebern sehr loyal gegenüber. Speziell in Krisenzeiten können fachkundige Frauen mit Berufserfahrung punkten, da sie schnell einsatzbar sind. Frauen in der Lebensmitte wechseln – bei passenden Bedingungen – den Arbeitsplatz nicht leichtfertig, das bringt für die Betriebe einen Vorteil in der Planungssicherheit. Nicht zuletzt ist eine Altersdurchmischung unter der Belegschaft vorteilhaft und werden „reife“ Mitarbeiterinnen auch kundenseitig gerne nachgefragt.

Das Team des FrauenTrainingszentrum ALOM berät Frauen bei allen Fragen aus dem Bereich des Arbeitslebens. | Foto: ALOM
Margit Lindorfer ist die Geschäftsführerin des Frauentrainingszentrums ALOM in Rohrbach | Foto: ALOM
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