Bayerische multiple Persönlichkeit
Mit Lach- und Begeisterungsstürmen bedankten sich die Gäste bei Helmut Schleich, bayerischer Kabarettist, der von Papst Benedikt über Helmut Schmidt, bis hin zu Franz-Josef Strauß multiple Persönlichkeiten zeigte.
SALZBURG. Im Exclusiv-Interview stand Helmut Schleich dem Stadtblatt Rede und Antwort.
Herr Schleich, die Kabarettszene in Bayern ist momentan doch eine recht lebhafte, oder?
HELMUT SCHLEICH: Gerade im Moment ist es etwas ruhiger, das ist aber eine normale Entwicklung, die ja immer in Wellen verläuft. Martina Schwarzmann, Klaus von Wagner, das waren vor einiger Zeit die jüngsten Entdeckungen.
Bei all diesen "Kalibern" treten auch immer wieder österreichische Kabarettisten in Bayern auf - werden die gebraucht?
SCHLEICH: Wir haben ja nichts gegen Österreicher - ganz im Gegenteil, ich lebe selbst schon seit 18 Jahren mit einer Österreicherin zusammen (lacht).
Gibt es eine gegenseitige Beeinflussung?
SCHLEICH: Die kulturellen Grenzen sind ja fließend. Kritik an den Verhältnissen, Satire und Biss, da sind sich Österreich und Bayern sehr ähnlich in der Tradition.
Wie nahe sind sich Salzburg und Bayern oder wo gibt es Unterschiede?
SCHLEICH: Gemeinschaftliche Projekte gibt es weniger, aber prinzipiell befruchten wir uns gegenseitig. Das Kabarett hat sich in Österreich seit 20 Jahren sehr uneinheitlich entwickelt. Man merkt außerdem, dass es Bundesländer gibt, die uns näher sind. Beispielsweise sind uns die politischen Themen von Graz nicht so präsent, andererseits ist Tirol viel näher an München, als an Wien. Auch in Salzburg mischen sich die Themen, wobei Salzburg eine Kulturhauptstadt ist, die ein hohes Selbstbewusstsein und einen starken Bezug zum Theater hat.
Worin besteht die Aufgabe eines Kabarettisten?
SCHLEICH: Erstens, das Unterhalten, deshalb kommen die Leute, und Zweitens die Unterhaltung mit Tiefgang. Ein Kabarettist soll die Welt beobachten, beleuchten und dann herunterbrechen, um daraus den satirischen Honig zu ziehen. Je authentischer der Kabarettist dabei ist, desto mehr wollen die Leute das dann sehen und hören. Denn für einen Kabarettisten ist das ja auch etwas Besonderes, wenn die Gäste extra wegen ihm kommen und sich zwei, drei oder manchmal sogar vier Stunden lang darauf einlassen, was er zu sagen hat.
Kürzlich gab es etwas Aufregung, weil das Bayerische Fernsehen Passagen aus dem Programm des österreichischen Kabarettisten Martin Puntigam herausgeschnitten hat. Zensiert der BR?
SCHLEICH: Ich finde, das ist ein üblicher Vorgang: wenn ein Programm zu lang ist, wird das radikal gekürzt, aber das heißt nicht, dass grundsätzlich zensuriert wird. Ich persönlich habe jedoch im vergangen halben Jahr drei Zensurversuche erlebt, die ich nur mit vorauseilendem Gehorsam erklären kann, weil manche Redakteure meinen, mit jedem Wort zu viel geht eine Tretmine los. Leider gibt es inzwischen auch die gnadelose interne Logik des "Wir sparen's ein". Und leider meinen die öffentlich-rechtlichen Sender das auch so. Sie kassieren zwar Gebühren, haben aber trotzdem das große Problem, dass sie auf das Quotenpferd setzen - trotz Bildungsauftrag. Hinter solchen Sachzwängen kann man sich gut verstecken.
Welche Vorbilder haben Sie und wo finden Sie Ihre Inspiration?
SCHLEICH: Mein Kabarett hat sich aus dem Figurentheater entwickelt, z.B aus Karl Valentin, aber auch aus Nestroy, alle Kollegen arbeiten in dieser Tradition. Die Inspiration finde ich in der Arbeit - getreu dem Spruch: Kabarett ist 10 Prozent Inspiration und 90 Prozent Transpiration. Dazu hole ich mir die Informationen aus den Medien, ich bin richtiggehend Tageszeitung-süchtig, und aus dem Alltag - im Kaffeehaus etwa, oder in der Trambahn.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Comedy und Kabarett?
SCHLEICH: Heutzutage liebäugeln viele Jüngere mit den wirtschaftlichen Aspekten, sie meinen, es sei eine günstige Gelegenheit, Geld zu verdienen. Comedians sagen immer, es gibt keine Unterschied zwischen Kabarett und Comedy. Jedoch gibt es hier eine deutliche politische Komponente: Comedy ist das Lachen der Mitte über die Ränder, das ist rechtes Kabarett, wo sich die Machthaber über die Benachteiligten lustig machen. Das Lachen der Ränder über die Mittte ist hingegen linkes Kabarett, das erhebt einen subversiven Anspruch und hat immer die Mächtigen im Blickfeld.
Was planen Sie als Nächstes?
SCHLEICH: Nächstes Jahr feiere ich mein 30-jähriges Bühnenjubiläum.
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