S-Link
Offene Debatte muss auch Alternativen miteinbeziehen
Am 26. November 2023 findet in der Stadt Salzburg eine Bürgerbefragung über die geplante Verlängerung der Lokalbahn, den sogannten S-Link, statt. Gefragt wird: „Soll für das Bahnprojekt S-LINK ein unterirdischer Tunnel vom Hauptbahnhof zum Mirabellplatz und unter der Salzach hindurch bis in den Süden der Stadt gebaut werden?“ Stimmberechtigt sind alle österreichischen und EU-Bürger:innen, die vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind, bis zum Ende des Tages der Abstimmung das 16. Lebensjahr vollendet und am Stichtag (25. September 2023) ihren Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg haben. Direkte Demokratie macht nur dann Sinn und funktioniert nur dann zufriedenstellend, wenn es im Vorfeld von Befragungen oder Abstimmungen differenzierte Debatten gibt – positiv zeigen dies Erfahrungen aus der Schweiz und aus deutschen Kommunen.
Vor- und Nachteile unterschiedlicher Varianten
Für die Entscheidung über ein Milliardenprojekt wie den S-Link wäre auch eine offene Debatte darüber wünschenswert, welche Alternativen es dazu gäbe. Nur dann kann man sich ein angemessenes Bild machen und die unterschiedlichen Ansätze abwägen. Eine der vier von den im Auftrag der S-Link-Projektgesellschaft untersuchten Trassenvarianten verlief an der Oberfläche mit einer eigenen Salzachbrücke in der Altstadt. In der Studie findet man nur, welche Vorteile die unterirdische Variante hat – größeres Fassungsvolumen, schnellere Züge, weniger Verspätungen. Die möglichen Vorteile einer oberirdischen Variante, wie bedeutend geringere Kosten, weniger CO2-Belastung beim Bau, Sichtbarkeit, was für Touristen attraktiv wäre, - vor allem auch - Reduzierung des Platzes für Autos, werden nicht angeführt.
Das ist schade. Denn: angebotsorientierte Maßnahmen, also mehr ÖV-Linien, allein reichen wohl nicht, um mehr Menschen zum Umsteigen zu bewegen. So wie in Schweizer Städten oder in der Fahrradstadt Groningen muss es schwer werden, mit dem Auto in und durch die Altstadt zu fahren. Umfangreiche Einbahnlösungen, die überall eigene Busspuren ermöglichen, wie dies Bologna seit Jahrzehnten vormacht, wären zB eine Chance, Busse in der Fläche schneller zu machen und neben stern- auch mehr kreisförmige Linien zu etablieren. Denn wenn der meiste (Bus)-Verkehr über das Nadelöhr des Zentrums läuft, kommt es in der Tat zu Verstopfungen. Zudem ließe sich der Radanteil in Salzburg gerne verdoppeln, doch dafür brauchen wir breitere und sichere Radwege.
Mehr Grün und Platz für Radfahrende mit oder ohne S-Link sinnvoll
Die S-Link-Projektgesellschaft informiert auf ihrer Homepage nun auch über geplante Oberflächengestaltungen. Am 21. November 2023, also knapp vorder Abstimmung, wurde eine ansprechende Skizze [siehe Foto (C) Stadt Salzburg/dunkelschwarz ZT OG] einer begrünten Rainerstraße sowie einem umgestalteten Mirabellplatz als erster Umsteigestation präsentiert. In der Pressemeldung heißt es: "Dabei wird der Abschnitt zwischen St.-Julien-Straße und Paris-Lodron-Straße zum „Salzburg Boulevard“ – einer Wohlfühl- und Verweilzone für die Menschen in Salzburg." Für ausreichend Platz sollen unter anderem verbreiterte und gepflasterte Seitenbereiche entlang der Rainerstraße sorgen. Sitzmöglichkeiten und Schattenspender würden zum Verweilen und Rasten einladen, zusätzliche Straßenquerungen für ausreichend Verkehrssicherheit sorgen. Das klingt gut - könnte aber auch ohne unterirdisches Mammutprjekt geschehen, ja das hätten wir schon vor Jahrzehnten gebraucht, um Salzburgs Lebensqualität zu erhöhen.
Der ehemalige Baudirektor der Stadt DI Walter Hebsacker verweist auf den gigantischen Aushub an Material für die unterirdische Bahn - 16 Meter in die Tiee müssten für die Trasse ausgehoben werden. Und er kritisiert, dass der S-Link als innerstädtisches öffentliches Verkehrsmittel versage, da der parallel zum S-Link fahrende Obus der Linie 3 vom Hauptbahnhof bis zur S-Bahn-Station Hellbrunn 16 Haltestellen mit einem Abstand von rund 400 Metern habe und der S-Link lediglich vier Haltestellen, mit einem durchschnittlichen Abstand von 1600 Metern: "Also im Schnitt jede vierte Haltestelle im Vergleich zum gut funktionierenden Obus."
Noch ist Zeit, über unterschiedliche Zukunftsszenarien offen zu diskutieren, denn die entscheidende Bürgerbefragung kommt wohl erst Mitte des nächsten Jahres, wenn auch die umliegenden Gemeinden befragt werden. Dann kann immer noch sein, dass die Vorteile der unterirdischen Variante deren Nachteile überwiegen. Generell ist zu fragen: Muss die Mobilität immer noch mehr steigen und müssen wir immer noch schneller am Ziel sein? Wäre Entschleunigung nicht auch ein erstrebenswertes Ziel? Vier-Tage-Woche und mehr Homeoffice sowie wieder mehr Verortung und weniger Freitzeit-Verkehr könnten das Mobilitätsausfkommen durchaus veringern, auch wenn die Bevölkerung im Zenralraum weiter steigt!
Eine ausführliche Pro-Contra-Darstellung zum S-Link findet sich hier.
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