Wo schon der Papst und Clark Gable Kunde waren
Made in Salzburg: Im Salzburger Stadtteil Gnigl entstehen Polstermöbel noch in echter Handarbeit und aus Meisterhand
Es ist ein bisschen wie bei einem orthopädischen Schuh: Hannes Brugger fertigt Polstermöbel auf Körpermaß an, passt das Möbel in Sitzhöhe, Sitztiefe und Gewicht an seinen Besitzer und dessen körperliche Befindlichkeiten an. Hannes Brugger ist Tapezierermeister, der Familienbetrieb der Bruggers deckt alle Wünsche an Raumaustattung ab: Vorhänge nähen, Boden verlegen, Wände tapezieren und natürlich Polstermöbelreparatur, Maßanfertigungen oder auch ein komplett neues Sofa. "Wir arbeiten mit mehreren Tischlern zusammen, sie kümmern sich um die Holzgestelle, wir machen den Rest", erzählt Hannes Brugger.
Auf die inneren Werte kommt es an
Ein guter Polstersessel beginnt mit dem richtigen Innenleben – das können Zylinderfedern sein, die alle einzeln auf der Sitzfläche befestigt und dann nach traditionellem Handwerkerwissen einzeln mit einer Kordel verknüpft und verschnürt werden. Nur wer die komplizierten Knüpffolgen gelernt hat, schafft es, daraus eine gewölbte Sitzfläche zu machen, die beim Sitzen nachgibt, aber gleichzeitig das Gefühl von Festigkeit vermittelt. "Es braucht schon viel Übung – und Zeit, solche Federn soweit runterzuschnüren, dass die Sitzfläche die perfekte Wölbung hat", weiß Hannes Brugger. Über die Federn kommt zunächst Juteleinen, danach eine Faser aus der afrikanischen Zwergpalme und dann wieder Juteleinen. Dann folgt eine Watteschicht, die mit einem Spezialkleber angebracht wird, und erst dann kommt die Qual der Wahl: die richtige Stoffauswahl.
"Man kann fast jedes Möbelstück herrichten"
Ob Erbstücke, Errungenschaften von Flohmärkten, in die Jahre gekommene Klassiker aus der Wiener Werkstätte oder auch reparaturbedüftige Stücke aus Möbelhäusern: "Uns erzählen die Möbel Geschichten über ihre Besitzer." Manchmal muss Hannes Brugger auch gegen das Geschäft reden, etwa, wenn das Holzgestell eines alten Sessels einfach "hinüber" ist und es keinen Sinn mehr hat, das Möbelstück zu reparieren. Ob es sich auszahle oder nicht, müsse man aber in jedem Einzelfall anschauen, sagt Hannes Brugger, "meistens schon". Oft reiche eine neue Sitzflächenpolsterung. "Bei einem Thonet-Sessel kostet das dann je nach Stoffauswahl zum Beispiel 70 Euro", widerlegt Hannes Brugger die verbreitete Annahme, dass derartige Handwerksarbeit nicht mehr leistbar sei.
Zu ihm kämen zwar nicht die Jungen, die ihre Erstwohnung möglichst günstig einrichten wollen, aber immer öfter auch Menschen, die – entweder aus einer Erbschaft oder vom Flohmarkt – gerne einen alten Sessel oder ein altes Sofa als Blickfang in ihre ansonsten moderne Wohnung stellen möchten. "Die Menschen haben immer weniger Geld zur Verfügung, das stecken sie aber weniger gern in eine teure Reise, die nach 14 Tagen vorbei ist, sondern lieber in ihr zu Hause, wo sie viel mehr Zeit verbringen und sich wohlfühlen wollen", beobachtet der Tapezierermeister.
Drei Generationen, drei Tapezierermeister
Drei Generationen bei den Bruggers vereinen Tapezierermeister: Hannes Brugger, sein Vater Hans Brugger und Opa Johann Brugger. Auch den Sessel für den Papst, der 1998 nach Salzburg kam, haben die Bruggers gepolstert und tapeziert – auf Körpermaß. Und Opa Johann Brugger hatte 1960 die Ferien-Villa von Hollywood-Start Clark Gable in St. Gilgen ausgestattet. Davon zeugt ein Foto des Schauspielers samt Widmung an der Wand: "Mr. Brugger, you are a fantastic upholsterer", steht da in Clark Gables Handschrift.
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