Emailwerk Seekirchen
Sara Schurmann: "Die Klimakrise findet jetzt statt"

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Wir reden zwar über den Klimawandel und wir spüren ihn auch bereits, aber als sich zuspitzende Krise lassen wir ihn nicht so recht an uns heran. Emotionale Verdrängung ist noch immer angesagt. Genau da setzt die Berliner Klimajournalistin Sara Schurmann an. „Wir kennen zwar viele einzelne Informationen zur Klimakrise, psychologische Abwehrmechanismen halten unser Hirn aber davon ab, die tatsächliche Gefahr zu erkennen“, so die Autorin des Buches „Klartext Klima“ in ihrem Vortrag jüngst im Emailwerk Seekirchen. Die Verwirrungstaktiken der Fossil-Lobby seien noch immer erfolgreich. Es werde zwar berichtet, aber anders als in der Corona-Krise werde die Klimakrise nicht ihrem Ausmaß entsprechend abgebildet.

Planetare Krisen seien jedoch keine Krisen wie andere auch: „Sie stehen in einer doppelten Beziehung zu allen möglichen Themen: Ernährung, Mobilität, Wohnen, Wirtschaft, Konsum - alle diese Bereiche haben einerseits einen Einfluss auf die Klimakrise – und andererseits die Klimakrise Auswirkungen auf sie.“ Besonders betonte Schurmann die Gefahr von Kipppunkten, die zu einer raschen Beschleunigung von Extremereignissen führen können.

Warum reagieren wir nicht konsequenter?
Seit 50 Jahren werde regelmäßig über den Klimawandel berichtet, viele hätten daher den Eindruck, das Problem halbwegs einschätzen zu können. Doch: „Wir haben gesellschaftlich nicht mitbekommen - oder verdrängt -, dass sich der Klimawandel in diesen fünf Jahrzehnten zu einer lebensbedrohenden Klimakrise ausgewachsen hat.“ Zudem werde die Klimakrise meist als “weit weg” missverstanden, sie betreffe “kommende Generationen”. Das sei nicht falsch, aber verdränge, „dass wir bereits mittendrin sind“. Der Verweis auf kommende Generationen suggeriere, dass auch die Lösung noch Zeit habe - Stichwort “2050”. Zudem hoffen wir, dass es uns selbst nicht so schlimm erwischen würde. Als Verzögerungstaktikten nannte Schurmann die Betonung möglicher Nachteile von Klimaschutzmaßnahmen („Zu teuer“), das Verweisen auf Scheinlösungen („Bitte nicht zu radikal“) sowie auf andere („Was können wir schon ausrichten“). Nicht zuletzt gehe es um vorschnelles Kapitulieren („Das wird eh nichts“).

Bewusstseinswandel in den Redaktionen nötig
Schurmann kritisierte die Klimaberichterstattung in den Medien: „Wir begegnen Klimapolitik oft mit Politikjournalismus und nicht mit Wissenschaftsjournalismus.“ Unterschiedliche Meinungen würden gleichberechtigt nebeneinandergestellt – doch wissenschaftliche Fakten seien keine Meinung. Im Wissenschaftsjournalismus lasse sich so etwas wie Neutralität, wenn überhaupt, am wissenschaftlichen Konsens messen. Bei naturwissenschaftlichen Problemen unterschiedliche (politische) Positionen gleichberechtigt nebeneinander zu halten, sei nicht neutral, sondern verzerrend, sie einzuordnen ein wichtiger Teil der journalistischen Aufgabe, so die Mitbegründerin des Netzwerks Klimajournalismus.
„Strukturelle Probleme müssen strukturell gelöst werden“, so Schurmann weiter: Es brauche einen grundlegenden Bewusstseinswandel in den Redaktionen. Dafür seien drei Elemente wichtig: Eine entsprechende Debatte, etwa durch Leserbriefe an die Medien, Aus- und Fortbildungen für Journalistinnen und Journalisten sowie entsprechende Strukturen und Ressourcen in den Redaktionen. Ziel müsse sein, die Klimakrise und andere planetare Krisen immer und überall da mitzudenken, wo es nötig sei. Die Klimakrise habe schon heute massive Auswirkungen, auch in Österreich: Dürren, Waldsterben, Hitzetote, Sturmschäden, Überflutungen, Murenabgänge. Wichtig sei das Herunterbrechen auf das eigene Leben: "Dürren gefährden die Lebensmittelpreise und Trinkwasserversorgung, Hitzewellen die eigene Gesundheit oder die der Eltern, Stürme, Fluten, Waldbrände das eigene Haus."

Was können wir tun?
Die wesentlichen Lösungen seien bekannt und bereit, so Schurmann: „Es braucht umfassende strukturelle Veränderungen in allen möglichen Bereichen, eine Agrar-, Ernährungs-, Energie-, Bau- und Verkehrswende. Und das so schnell wie möglich.“ Unterschiedlichen Forschungen zufolge seien gesellschaftliche Veränderungen erfolgreich, wenn 3,5 Prozent der Bevölkerung sich aktiv an gewaltfreien Protesten beteiligen und 10 bis 25 Prozent der Bevölkerung ihr Verhalten oder ihre Einstellung ändern. Dies erfordere mehr Engagement auf allen Ebenen, sei aber zu machen. Besonders betonte Schurmann strukturelle Hebel, die jeder in seinem privaten und beruflichen Umfeld habe, indem wir den vermeintlich abstrakten Diskurs in unsere Freundeskreise, Nachbarschaft oder Firma tragen. Durch den Einsatz vor Ort würden auf lokaler Ebene konkret Emissionen eingespart, Normen und Werte verändert und „so entsprechende politische Veränderungen wahrscheinlicher“.

An die 60 Interessierte waren ins Emailwerk gekommen. Zum Vortrag eingeladen hatten die Klimabündnisgemeinde Seekirchen, Klimabündnis Salzburg, das Salzburger Bildungswerk, attac Flachgau sowie die Kunstbox. Für 2024 ist eine erneute Kooperation geplant. Das Buch „Klartext Klima“ von Sara Schurmann ist im Brandstätter-Verlag erschienen. Moderiert und zusammengefasst hat Hans Holzinger von den Scientists for Future Salzburg.
Fotos: Leo Fellinger/kunstbox

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