Vom Holozän zum Anthropozän
Bei Tagung des Nationalparks Hohe Tauern ging es um die Neueinteilung der Menschenzeit auf der Erde.
HOHE TAUERN. Verändern wir Menschen die Erde so tiefgreifend, dass eine neue geologische Epoche, das Anthropozän, begonnen hat? Um diese Frage ging es bei einer zweitägigen Tagung des Nationalparks Hohe Tauern und des Vereins ProMölltal in Großkirchheim.
Von Holozän zum Anthropozän
Als Experten führten die Geographin Heike Egner (Universität Klagenfurt), die Geologen Kurt Stüwe (Universität Graz) und Günther Weixelberger (freier Sachverständiger) sowie der Wissenschaftsjournalist und Buchautor Christian Schwägerl die Teilnehmer in die Thematik ein.
Nach einer Übersicht durch die Geschichte der Erde und vor allem der Alpen durch den Geologen Stüwe legte Schwägerl, Autor des 2010 erschienenen Buchs "Menschenzeit", die Gründe dar, warum Wissenschaftler wie der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen fordern, unsere aktuelle Erdepoche von Holozän in Anthropozän umzubenennen. "Die Eingriffe in Stoffflüsse etwa beim Stickstoff, die Änderungen an der Evolution und der Klimawandel sind grundlegend, global und langfristig", sagte Schwägerl. Stüwe gab zu bedenken, dass menschliche Veränderungen noch zu kurzfristig sein könnten, um sie abschließend beurteilen zu können.
Wandel
Die Geographin Heike Egner betonte, das Anthropozän stehe für einen grundlegenden Wandel im Verhältnis von Natur und Mensch: "Die Grenzen, was Kultur und was Natur ist, verschwinden." Sie zitierte den Geologen Reinhold Leinfelder, der statt der Umwelt für das Anthropozän von einer "Unswelt" spricht. Egner warnte, dass die zeitlichen Dimensionen des Anthropozäns unsere Vorstellungskraft sprengten. "Wir können maximal über drei Generationen hinweg denken, aber unsere Handlungen reichen weit darüber hinaus", sagte sie.
Exkursionen am zweiten Tag
Von der praktischen Seite konnten die Teilnehmer das Anthropozän im Mölltal und im Nationalpark durch Vortrag und Führung von Günther Weixelberger erleben. Die frühere Zink-Verarbeitung in Großkirchheim sowie die vom Klimawandel betroffenen Hoch- und Gletscherregionen am Hochtor und an der Pasterze waren Stationen einer Exkursion am zweiten Tag. "Umwelt und Klima haben sich immer verändert, aber wir Menschen sind zu einem wichtigen Faktor geworden", sagte Weixelberger.
Natur oder Kultur?
Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung - unter der Moderation der Obfrau des Vereins ProMölltal Sabine Seidler - diskutierten die Experten das Thema Anthropozän und seine Bedeutung für die Nationalparkregion auch mit der Bevölkerung, darunter der Großkirchheimer Bürgermeister Peter Suntinger. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob der Nationalpark überhaupt noch als Natur zu sehen sei oder aber selbst eine Kulturlandschaft sei.
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