Zehn Jahre "Verborgener Schatz" gefeiert

RADENTHEIN.  Ihr zehnjähriges Bestehen hat die Familiengruppe "Der verborgene Schatz" gefeiert. Dabei handelt es sich um einen monatlichen Treff innerhalb von vitamin R,  dem vor 21 ins Leben gerufenen Zentrum für Familie, Soziales und Gesundheit. Initiatorin Roswitha Polanig, selbst Mutter einer einer beeinträchtigten Tochter, hatte damals als Eltern-Kind-Gruppenleiterin erkannt, dass Familien mit "besonderen Bedürfnissen auch besondere Rahmenbedingungen" bräuchten, wie sie sagt. Bis jetzt haben zehn Familien das Angebot, in einem geschützten Rahmen und unter Begleitung eines qualifizierten Teams Erfahrungen auszutauschen und angebotene Treffpunktmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, angenommen. Das jüngste Mitglied geht inzwischen in die Schule, die ältesten sind Pensionäre.

Rotarier sprangen ein

Als 2010 ob des Rotstifts der Landesregierung das Aus des gerade einmal dreijährigen "Verborgenen Schatzes" drohte, hatte der inzwischen verstorbene damalige Obmann von vitamin R und Rotarier, der Mediziner Peter Kern gesagt, das dürfe nicht sein. Seither finanziert ausschließlich der Rotaryclub Bad Kleinkirchheim die Einrichtung, berichtete vitam-R-Geschäftsführerin Elisabeth Tropper-Kranz im Beisein von Barbara Kern und Präsident Martin Bacher. Eingedenk der jährlich 4.500 Kontakte bat Tropper-Kranz "weiterhin und verstärkt" um Unterstützung.

Diese Bitte galt vornehmlich der auch zum Geburtstag gekommenen Landeshauptmann-Stellvertreterin und Sozialreferentin Beate Prettner. Sie betonte im Beisein der Vizebürgermeisterin von Feld am See, Michaela Oberlassnig, das Land brauche Visionen" wie vitamin R und den "Verborgenen Schatz", die eine Vorbildfunktion für andere Gemeinde hätten. Deshalb wolle das Land Kärnten den Verein auch weiterhin unterstützen.

Lob von Prettner und Maier

Bürgermeister Michael Maier, begleitet von der Vorsitzenden des Sozialausschusses, Melanie Golob, wiederum unterstrich, Radenthein sei stolz auf das Kompetenzzentrum, das die Gemeinde entlaste und ihre zentrale Rolle in der Integration der Umlandgemeinden unterstreiche. Als Anerkennung gab es Gutscheine für junge Radentheiner zur Teilnahme von vitamin-R-Angeboten. Zwar waren viele eingeladene Gäste angesichts der Swüle nicht gekommen, wohl aber Isolde Matweber vom Netzwerkpartner "Inklusion Kärnten".

Die Jubiläumsfeier erhielt eine Würdigung durch die Lesung des "Mutmach-Experten" (Polanig) Franz-Joseph Huainigg aus seinem Buch "Mit Mut zum Glück - Das Leben wagen". Der promovierte Germanist, (Kinder-) Buchautor, Gründer des Wiener KrüppelKabaretts und des österreichischen Literaturpreises „Ohrenschmaus“ für Menschen mit Lernschwierigkeiten sowie seit 2002 Nationalratsabgeordneter, ist seit seinem siebten Monat aufgrund der Unverträglichkeit von Impfungen behindert, nach und nach an Beinen und Armen gelähmt, auf einen elektrischen Rollstuhl und ein Beatmungsgerät angewiesen.

"Liebe trägt einen durchs Leben"

Allen Widrigkeiten zum Trotz berichtete der ÖVP-Behindertensprecher mit einem verschmitzten Lächeln, wie ihm seine Eltern Franz und Sissi einen regulären Schulbesuch ermöglicht hätten ("ohne jemals die Schultasche tragen zu müssen"), er später an die Klagenfurter Uni, wo er Germanistik und  Medienkommunikation studiert hatte, ohne Unterstützung eineinhalb Stunden fürs Anziehen gebraucht habe - "ein Erfolg für mich". Huanigg, seit 21 Jahren mit Judit verheiratet, die er bei  einer Behinderten-Aktion in der Studentenvertretung ÖH kennen gelernt hatte (Judit: "Ich hatte ihn gefragt, ob er mich heiraten will"), verriet den Jubiläumsgästen. "Liebe und Vertrauen ist etwas, was einen durchs Leben trägt. Das Paar hat eine Tochter und einen Adoptivsohn.  Er bedankte sich später via Facebook für die "bereichernden Begegnungen" des Festes.

Huainigg hatte vor ca. 27 Jahren den damaligen Verein ARGE BIK Arbeitsgemeinschaft Behindertenintegration Kärnten mitbegründet. Daraus ist dann später Integration Kärnten und seit eineinhalb Jahren Inklusion Kärnten entstanden.

In seinem, vergriffenen, Buch zeigt der Literat und Politiker, wie man mutig und glücklich leben kann, und wie man mit Schwierigkeiten umgeht, die unüberwindbar scheinen, "nur das ändert, was zu ändern ist".  Durch seinen Optimismus gibt er Denkanstöße, neue Werte und neues Glück zu entdecken und die eigenen Möglichkeiten mit anderen Augen zu sehen. Roswitha Polanig gestand: "Hätte ich um seine Verdienste gewusst, hätte ich mich grundsätzlich nicht getraut mit ihm in Kontakt zu treten und ihn zu unserem Jubiläum einzuladen."

"Abschied"

Lisa Taschek, eine von elf (!) persönlichen Assistentinnen des Schwerstbehinderten, las aus Gedichte aus "Mit Mut zum Glück" wie zum Beispiel:

Abschied
Als Kind waren meine Beine plötzlich gelähmt.
Ich weinte
und verstand Gott und die Welt nicht mehr.
Da sprach Gott:
Ich nehme dir die Kraft der Beine und schenke dir Langsamkeit.
So entdeckte ich eine neue Welt,
langsam am Boden kriechend.

Als Jugendlicher konnte ich plötzlich nicht mehr mit Krücken gehen.
Ich weinte
und verstand Gott und die Welt nicht mehr.
Da sprach Gott:
Ich nehme Dir die Kraft in den Armen und schenke dir dafür Witz und Ironie.
So entdeckte ich im Rollstuhl eine neue Welt
und brachte die Leute auf der Kabarettbühne zum Lachen.

Jahre später konnte ich weder Arme noch Beine bewegen.
Ich weinte
und verstand Gott und die Welt nicht mehr.
Da sprach Gott:
Je weniger du dich bewegst, desto mehr bewegst du.
So begann ich die Welt ein wenig zu verändern und wurde Politiker.

Heute kann ich plötzlich nicht mehr ohne Maschine atmen.
Ich weinte
und verstehe Gott und die Welt nicht mehr.
Da schweigt Gott. Noch...