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Deutschtest-Deals in St. Pölten
In St. Pölten wurde mit manipulierten Deutschtests gehandelt.
ST. PÖLTEN (ip,nf). „Dieser Mohammed hat meinen Kopf kaputt gemacht“, schilderte ein 38-jähriger Hilfsarbeiter aus Vorarlberg den Druck, dem er ausgesetzt war, als ein gewisser „Mohammed“ ihn 2015 dazu drängte, zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft einen Deutschtest zu machen. Dazu musste er sich auf jeden Fall in St. Pölten anmelden, denn da gab es eine Prüferin, die gegen Honorar die falschen Antworten im Nachhinein auf das nötige Niveau korrigierte.
2.300 Euro habe er an den Vermittler gezahlt, gestand der aus dem Irak stammende Österreicher am Landesgericht St. Pölten, wo er sich wegen Bestechung und Urkundenunterdrückung zu verantworten hatte. Er sei nicht der erste Kandidat gewesen und werde nicht der letzte sein, deutete der Richter an.
Unterschrift gefälscht
Als Zeugin im Prozess gegen den Vorarlberger, der seit 2007 in Österreich lebt, meinte die Prüferin: „Ich habe nie erfahren, wie viel die Zwischenleute bekommen haben. Ich habe nie mehr als 400 Euro gekriegt.“
„Das Auffällige war, dass er extra zur Prüfung aus Vorarlberg gekommen ist“, gab eine weitere Prüferin an. Sie habe ihm telefonisch angeboten, den Test näher bei seinem Wohnort abzulegen, was der 38-Jährige, sofern er selbst am Telefon war, ablehnte. Als der Richter den Beschuldigten mit „seinem“ Anmeldeformular, das zumindest drei Schrifttypen aufweist, konfrontierte, meinte dieser, dass nicht einmal die Unterschrift von ihm stamme.
„Ich habe Ihnen geglaubt, dass Sie da etwas manipuliert und unter Druck gesetzt wurden“, begründete der Richter das milde Urteil von drei Monaten bedingter Haft mit dreijähriger Probezeit, bei einer möglichen Höchststrafe von drei Jahren (nicht rechtskräftig). Konnte der Vorarlberger dem Prozess noch ohne Dolmetscher folgen, so scheiterte er dann aber beim Urteilsspruch des Richters.
Ehepaar bestritt Zahlungen
Auch ein armenisches Ehepaar aus Amstetten stand nun in St. Pölten vor Gericht. Beide bestreiten jedoch, für die Korrektur ihrer in Linz abgelegten Deutschprüfung je 1.000 Euro bezahlt zu haben, obwohl es laut dem Richter massive Beweise dafür gebe. Der Prozess wurde schließlich vertagt.
Die Prüferin wurde bereits wegen insgesamt 68 manipulierter Deutschtests verurteilt. Vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) selbst zur Anzeige gebracht, legte sie im April ein umfassendes Geständnis ab.
Auf Anfrage der Bezirksblätter stellte Michaela Reisinger von der Pressestelle des ÖIF klar: "Die Prüferin hat auch für andere Organisationen, wie AMS, das Österreichische Sprachdiplom (ÖSD) oder das WIFI geprüft. Vonseiten des ÖIF wurde ihr sofort die Prüferlizenz und Zertifizierung entzogen." Dem ÖIF wurde als Geschädigtem vom Gericht ein Schadenersatz zugesprochen.
Bei der Fortsetzung des Prozesses gegen das armenische Ehepaar muss die Prüferin nun als Zeugin auftreten.
Der Verteidiger des Paars, Bruno Bernreitner, möchte die vorliegenden Unterlagen des Sprachinstituts prüfen lassen.
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