"Sanfte" Ohrfeigen vom eigenen Bruder
Auch der Bruder der St. Pöltner Schülerin (13) wurde trotz vereinzelter Ohrfeigen freigesprochen.
ST. PÖLTEN (ip). Nachdem eine 38-jährige Tschetschenin vor zwei Wochen vom Vorwurf der fortgesetzten Gewaltausübung gegen ihre 13-jährige Tochter freigesprochen wurde, musste sich nun auch ihr 17-jähriger Sohn vor Gericht verantworten.
Widersprüchliche Angaben
Gemeinsam mit ihrer älteren Schwester wandte sich die Schülerin aus St. Pölten im Jänner dieses Jahres an das Gewaltschutzzentrum und gab in einer Anzeige gegen ihre Mutter zu Protokoll, dass diese sie immer wieder geschlagen und einmal sogar mit heißem Wasser übergossen habe. Am Landesgericht behauptete sie dann aber, dass sie gelogen habe, um gemeinsam mit ihrer Schwester von daheim ausziehen zu können.
Über ihren 17-jährigen Bruder gab sie zu Protokoll, dass auch er sie geschlagen, zumindest ein Mal pro Woche zu Boden gestoßen, gewürgt und mit der Faust in den Bauch geschlagen habe, wenn sie seinen Anordnungen nicht folgte. „Wenn ich ihr etwa auftrage zu putzen, dann hat sie das zu machen“, erklärte der Bursche vor der Polizei zu seinem Rollenverständnis zwischen Mann und Frau.
Allerdings habe er ihr höchstens drei Mal eine Ohrfeige verpasst, nicht fest und auch ohne sie zu verletzen. Auch gegenüber Richter Markus Grünberger blieb er bei seinen „harmlosen“ Erziehungsmaßnahmen. „Finden Sie das in Ordnung, ein Mädchen zu schlagen?“, hinterfragte der Richter und bekam ein kleinlautes Nein zur Antwort.
"Zu religiös"
Ausgesprochen kurz war der Auftritt der 13-Jährigen, die als Schwester von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machte und nichts sagte, zumal sie bereits beim Prozess gegen ihre Mutter, auf die Wahrheitspflicht aufmerksam gemacht, immer wieder ins Wanken geriet. Allerdings lag dem Gericht ein handgeschriebener Brief der Schülerin vor, in dem sie auch zu den Vorwürfen gegen den Bruder erklärte, dass sie gelogen habe. „Es war uns alles zu religiös, wir wollten frei sein“, begründete die 13-Jährige. Es sei ihr inzwischen bewusst geworden, dass das für alle schlimm ausgehen könnte und nur deshalb, weil sie gelogen habe, wobei sie auch ihren Vater ursprünglich mit Vorwürfen bedacht hatte.
„Ich fühl mich ein bisserl gefrotzelt, wenn ich das so sagen darf“, meinte Grünberger an Verteidiger Josef Gallauner gewandt, der für den Burschen aufgrund der Entschlagung des Mädchens und des schriftlichen Rückziehers einen Freispruch forderte, dem der Richter nachkam.
„Ich habe keine Ahnung, was tatsächlich wahr ist“, meinte Grünberger nach dem nicht rechtskräftigen Urteil.
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