St. Pöltner Kabarettist Niko Formanek im Bezirksblätter-Interview
Satire macht Leben viel leichter (plus Video)
Fad, jugendfeindlich, zubetoniert - Klischees rund um St. Pölten halten sich vehement - der ORF griff sie auf.
ST. PÖLTEN. St. Pölten sei eine langweilige Stadt, in der die Straße um 18 Uhr eingerollt wird und aus der die Jugendlichen so bald es geht nach Wien flüchten - Klischees rund um die niederösterreichische Landeshauptstadt gibt es und diese scheinen sich hartnäckig zu halten. Auch die letzte Folge der ORF-Late-Night-Show "Gute Nacht Österreich" mit Satiriker Peter Klien widmete der roten Landeshauptstadt einen knapp vierminütigen Beitrag. Wir stellten uns in der Redaktion natürlich die Frage, ob solche Klischees ein Fünkchen Wahrheit beinhalten oder nicht. Wer - wenn nicht Niki Formanek, Ur-St. Pöltner und auf den Kabarett-Bühnen des Landes bekannt, weiß, wie St. Pölten wirklich tickt und wie viel Satire man hier versteht.
Welche Klischees sind wahr?
Niki Formanek: "Es gibt immer einen Stadtteil, der einen schlechteren Ruf hat als andere, oder ein Projekt, das Millionen verschlungen hat und trotzdem nicht rechtzeitig fertig wurde. Im Fall von St. Pölten ist es vermutlich das Angebot für Junge und Junggebliebene. Die Landeshauptstadt war auch schon vor Corona nicht für ihr blühendes Nacht- und Partyleben oder für eine Innenstadt mit einer lebendigen Gastroszene bekannt. Stoff für Klischees bietet auch die Bautätigkeit der Stadt. Im Rahmen der Wahl haben Slogans, wie 'St. Beton' oder 'Was man liebt, betoniert man nicht' für Realsatire gesorgt."
Wie satirisch verstaubt ist Ihrer Meinung nach St. Pölten?
"Nicht mehr oder weniger wie jede andere Stadt der Welt. Ich selbst habe im Wahlkampf gelernt, dass die Menschen in St. Pölten einen großartigen Humor haben. Allein wie sie auf das Lieblingsprojekt des Bürgermeisters – die Südsee – reagiert haben, ist bewundernswert. Im Wahlkampf hat mir ein älterer Herr gesagt, er hoffe, dass bei der Fertigstellung zumindest noch ein Mitglied der legendären Band Beach Boys lebt, um nach St. Pölten zu kommen und den See mit einem Konzert und einer Ü70-Party einzuweihen.
Ich habe hier zudem den großartigen Begriff Baustellen-Bingo kennengelernt – eine Art Ratespiel, wo welche Baustelle warum neu entsteht, zugemacht oder erneut aufgerissen wird."
Wie viel Satire verträgt St. Pölten?
"So viel wie geht. Ich bin einer, der Satire auch als positives Instrument sieht. Mit guter Satire kann man für Aufmerksamkeit, Interesse und Sympathie sorgen. Nachdem St. Pölten so viele archäologische und historische Ausgrabungen hat, hätte ich dieses Thema schon längst für die Stadt genutzt und eine Art römisches Disneyland entwickelt. Zumal es viele Parallelen zwischen dem Römischen Reich und St. Pölten von heute gibt: Der Bürgermeister wird abgeschirmt wie Cäsar, die Stadträte sind die Senatoren und die Opposition wird generell in Niederösterreich für Gladiatorenkämpfe eingesetzt. Die Frage ist dann nur, wer von den Stadträten die Rolle des Brutus übernimmt?
Aber im Ernst: Ich bin ganz sicher, dass so ein römisches Sommerfestival weltweit bekannt werden würde."
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