Unfassbare Brand-Tragödie
Die Verkettung verhängnisvoller Missverständnisse führte zum Tod zweier kleiner Kinder.
GÄNSERNDORF/KORNEUBURG. „Was gibt es Schrecklicheres für eine Mutter, als den eigenen Kindern ins Grab nachzuschauen, dies im Wissen für ihren Tod verantwortlich zu sein. Jeder Namenstag, jeder Geburtstag und jeder Todestag – eine lebenslange Belastung. Es gibt keine größere Strafe,“ ao die Worte des Verteidigers Mag. Werner Tomanek in seinem Eröffnungsplädoyer.
Das Drama vom 9.7.2009 wurde durch ein verhängnisvolles Missverständnis zwischen der Mutter der Kinder (34) und der Großmutter (54) geprägt. Normalerweise verlässt die Mutter um 4.30 Uhr die Wohnung, um in zwei Lokalen zu putzen und weckt ihre Tür an Tür wohnende Mutter auf, die sich dann zu den Kindern legt und sie entweder in den Kindergarten bringt oder auf die Rückkehr der Tochter wartet.
An diesem Tag lief alles anders: Mutter und Großmutter hatten beide verschlafen, die Mutter wachte erst um 8 Uhr auf und verließ eilig das Haus. Als Signal für die Großmutter ließ sie Eingangstüre geöffnet – als Zeichen, dass die Kinder noch in der Wohnung sind; sie war sich sicher, dass dies richtig verstanden würde. Die Großmutter hingegen verließ wegen eines Arzttermines um 8.30 Uhr ihre Wohnung; sie bemerkte die offene Eingangstüre der Nachbarwohnung, war aber der Annahme, die Enkel wären im Kindergarten und sperrte die Eingangstüre zu.
Mit Streichhölzer gespielt
Nach dem Aufwachen begannen die Kinder im Bett mit Streichhölzern zu zündeln und verursachten einen Schwelbrand, den sie vergeblich zu löschen versuchten. Vor den Rauchgasen wollten sie ins Freie flüchten – dies scheiterte jedoch an der verschlossenen Eingangstüre.
Als die Mutter gegen 11.30 Uhr nach Hause kam, war es zu spät. Nach dem Eintreten der Türe konnte sie unmittelbar dahinter nur noch die leblosen Leiber ihrer Kleinen vor den Flammen ins Freie retten – sie waren bereits an den Rauchgasen erstickt.
Wegen dieser Vorfälle warf der Korneuburger Staatsanwalt Mag. Stefan Dunkl Mutter und Großmutter eine gröbliche Verletzung der im Familienrecht begründeten Aufsichtspflicht vor und klagte sie wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen an.
Über diesen Strafantrag hatte der Korneuburger Richter Dr. Manfred Hohenecker zu befinden. Nach einer einfühlsamen Verhandlungsführung verurteilte er die Mutter zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten, die Großmutter sprach er frei. Von besonders gefährlichen Verhältnissen könne man in diesem Fall nicht sprechen, die Kinder seien sonst immer ordentlich betreut und beaufsichtigt worden; wie die Kindergartentante bestätigt hatte, gab es keinerlei Anzeichen einer Verwahrlosung.
Der Stress nach dem verspäteten Aufwachen sei keine Rechtfertigung dafür, dass die Mutter die sonst übliche Verständigung der Großmutter unterlassen habe. Dieser könne daher kein Vorwurf gemacht werden, weil ihr die Tochter bisher immer mitgeteilt hätte, wenn die Kinder zu beaufsichtigen sind.
Die Mutter nahm das Urteil an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Innerhalb der Dreitagesfrist wurde kein Rechtsmittel angemeldet, das Urteil war daher bei Redaktionsschluss rechtskräftig.
Michael Rath
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