Interview

Hanno Douschan: "Du musst der geilste Typ am Berg sein"

Hannou Douschan (29) aus Maria Saal ist Vize-Weltmeister im Snowboardcross. Die WOCHE traf ihn zum persönlichen Interview!

WOCHE: Legen Sie die Medaille überhaupt ab?
Hanno Douschan: Ich hab die Medaille im Handschuhfach im Auto. Das Herumtragen ist ein bisschen gefährlich, weil ich so viele Taschen habe - dann weiß ich irgendwann nicht mehr wo sie eigentlich ist. 

Haben Sie den Erfolg schon realisiert bzw. Zeit alleine gehabt?
Ich habe mir bei anderen immer gedacht so ein Blödsinn, was musst du das realisieren. Du weißt doch sofort, dass du gewonnen hast. Inzwischen kann ich das ernsthaft nachvollziehen. Für dich selbst verändert sich nichts, aber das Umfeld nimmt dich anders wahr. Ich selbst bin noch derselbe. Viel Zeit für mich selbst hatte ich noch nicht. Nach der Medaille wurde gefeiert, dann war ich nach drei Stunden Schlaf schon wieder im Flieger und zwei Tage später bin ich schon den nächsten Weltcup gefahren.

Sie wollten schon letztes Jahr aufhören?
Die Olympia-Saison sollte eigentlich meine letzte sein. Ich habe mich dann aber nach guten Weltcup-Platzierungen nach Olympia dafür entschieden, noch bis zur WM durchzuziehen. Jetzt bin ich Vize-Weltmeister. Da möchte ich auch nichts überstürzen und sofort beim nächsten Rennen aufhören. Ich möchte zuerst in mich kehren. Der Plan ist trotzdem das noch zu genießen und einen Strich drunter zu machen. 

Was bleibt sportlich vom WM-Rennen in Erinnerung?
Im Finale wollte ich einfach Weltmeister werden. Ich habe den Führenden angegriffen, er hat mich aber abgedrängt. Dadurch habe ich etwa an Boden verloren und musste den zweiten Platz noch verteidigen. Im ersten Moment war ich ehrlicherweise etwas enttäuscht, als ich ins Ziel gekommen bin. 

Wer war der erste, der gratuliert hat?
Hinter der Absperrung sind die Österreicher ziemlich durchgedreht - besonders unser Medienbetreuer Karl-Heinz Wieser - der schreit dann wie ein Mädchen, das ist ein Traum. Der erste Gratulant überhaupt war ein Italiener. Der hat sich richtig für mich gefreut. Da ist mir dann auch klar geworden - du bist Zweiter. 

Wie wurde gefeiert?
In den USA haben wir im kleinen Kreis gefeiert, aber nicht zu lange, weil ich dann schon wieder zum Flieger musste. Zu Hause beim Empfang waren dann gefühlt alle meine Freunde da, es war ein Geschrei. Es hat aber keine Exzesse gegeben.

Wie war die erste Reaktion Ihrer Eltern?
Zu Hause in Maria Saal war zuerst ein gemeinsames Weinen, viel Freude und dann nur mehr Freude. Am Abend nach dem Rennen haben wir kurz auf Whats App geschrieben. Ich wollte den Moment mit meinen Leuten drüben genießen. Nachrichten habe ich am gleichen Tag nur meinen Eltern, meiner Freundin und meinem besten Freund geschrieben. 

Auch auf Social Media hat sich nach deiner Medaille einiges getan ... 
Es ist so wunderschön wie sich die Leute mit mir freuen. Ich versuche auch jedem zu antworten. Ich habe Instagram und Facebook nie so seriös betrieben wie manch anderer, was im Nachhinein für einen Sportler sicher ein Fehler war. Du kannst dich da extrem gut verkaufen und Sponsoren gewinnen. Aber wenn es mir rein ums Geld gehen würde, wäre ich sowieso kein Snowboarder geworden. Persönlich ist das nicht so meine Welt. Ich möchte mehr im hier und jetzt sein.

Wie sind Sie in Maria Saal verwurzelt?
Ich wohne zwar in Klagenfurt, meine Snowboards sind aber alle hier in meinem Elternhaus gelagert. Auch zum Trainieren bin ich lieber in Maria Saal als in der Stadt. Ich liebe einfach die Natur. Wenn du mit offenen Augen durch die Natur gehst, siehst du so schöne Plätze. 

Wo haben Sie Ihre ersten Snowboard-Schwünge gemacht?
Mit 6-7 Jahren habe ich am Klippitztörl die ersten Schwünge gemacht. Snowboarden war damals richtig groß, die Snowboarder waren die Coolsten für mich. Deshalb habe ich mir damals ein Board vom Christkind gewünscht. Am Heiligen Abend habe ich dann bei den Packerln schon rein von der Optik gesehen: Da passt nirgends ein Snowboard rein. Ich bin in Tränen ausgebrochen, die Welt ist für mich zusammengebrochen - es war ein Riesendrama. Am Ende war das Board dann unverpackt unterm Teppich versteckt.

Erinnern Sie sich noch an das erstes Rennen?
Ich bin auf der Schleppe Alm bei einem Kids Cup gestartet. Mein Vater hat es gut mit mir gemeint und wollte mir das Board mit Heißwachs und dem alten Bügeleisen von meiner Oma wachsen. Von Abziehen hat aber keiner etwas gewusst - ich bin auf der Piste gestanden.

Im ersten Interview haben Sie gesagt, die Mädels stehen auf Snowboard-Crosser. Kennt Hanno Douschan das aus eigener Erfahrung?
Ich habe nicht immer eine Freundin gehabt. Für das Interview habe ich total viel positives Feedback gehabt, weil es so ehrlich mit vielen Emotionen war. Ich habe das auch eher als Motivation für die Jugend gesagt und nicht direkt auf mich bezogen. 

Kann Ihre Silbermedaille dem Sport in Österreich wieder einen Ruck geben?
Ich befürchte, so viele Wellen wie ich gerne hätte, wird das nicht schlagen. wenn jemand etwas bewirken wird, würde ich mit meinem Know-how zur Seite stehen. Ich glaube aber nicht, dass sich in Kärnten etwas wegen meiner Medaille verändert.

Nach 10 Jahren im Weltcup: Was hat Sie trotz vieler schwerer Verletzungen immer wieder angetrieben, weiter zu machen?
Es hat viele Rückschläge gegeben. Vor allem mit Gehirnerschütterungen hatte ich zu monatelang zu knabbern. Wenn der Kopf nicht mehr in Ordnung ist, kannst du alles schmeißen. Die innere Motivation war immer "Ich will der beste der Welt sein und jeden schlagen können". Jetzt bin ich genau dort. Das ist ein geniales Gefühl. 

Ist es nicht schade genau dann aufzuhören?
Stimmt. Aber du hast dein Ziel erreicht - das was du immer wolltest. Diese Erkenntnis kannst du für dein weiteres Leben mitnehmen. Monetär würde es sich natürlich auszahlen, jetzt weiterzumachen. Aber wegen dem Geld mache ich das nicht, sondern nur für mich selbst. 

Können Sie vom Snowboarden leben?
Anfangs nicht, da waren meine Eltern mein größter Sponsor. In weiterer Folge hat das mit Bundesheer, Sponsoren und Förderungen funktioniert. 

Wie wird es nach der Karriere weitergehen?
Ich habe mit einem guten Freund eine Firma in Deutschland aufgebaut. Wir verkaufen Tee und Kaffee übers Internet. Auch dort ist es mein Ziel, einer der Besten in diesem Bereich zu werden.

Haben Sie bestimmte Rituale?
Bis vor Kurzem war ich vor Rennen sehr ritualbezogen. Ich habe genau versucht, die Sachen so zu machen wie damals wo alles super gelaufen ist. Das ist aber alles Blödsinn. Ich muss mich einfach gut fühlen. Ich habe mich an Strohhalme geklammert, um an vergangene Leistungen anzuknüpfen. Am Ende musst du aber der geilste Typ am Berg sein und wissen, dass dich keiner schlagen kann.