Am Schmelzofen geht’s ziemlich heiß her
In der Treibacher Industrie habe ich eine Erkenntnis: Wasser kocht bei 100 Grad – Eisen eher nicht.
Eigentlich hätte mir die Frage von Helene Leitner – die Pressesprecherin der Treibacher Industrie AG erkundigte sich nach meiner etwaigen Angst vor Hitze – verdächtig vorkommen müssen. Tat sie aber nicht. Und so melde ich mich zwar gehorsam, aber ahnungslos zum Dienst beim Hausherrn Reinhard Iro.
In der „Hütte“ ist ein wohlig warmes Plätzchen für mich reserviert. Dort werden Eisen und Vanadium zu einer Legierung verschmolzen, die als Veredler an Stahlhersteller in die ganze Welt verfrachtet wird. Auch das Wort „Schmelzen“ in Zusammenhang mit Eisen bremst meine Naivität nur unmerklich. Erst als Produktionsleiter Christian Klaming mich mit neuen Kleidern eindeckt, werde ich langsam hellhörig – vor allem bei den Schuhen mit Spezialverschluss. „Falls dir glühendes Metall in die Schuhe tropft, kannst du sie schnell ausziehen“, erklärt Christian und mir dämmert, worauf ich mich eingelassen habe. Trotz Schutzbrille schnallt mir Christian noch ein „Fliegengitter“ vor die Nase, bevor er mich gemeinsam mit Felix Hornbogner zum Schmelzofen führt. Über Rohre kommen die Zutaten in den Kessel und werden aufgekocht, bei 1.700 Grad. Zur Erinnerung: Wasser kocht bei 100 Grad und schon da halte ich mich von flüchtenden Tropfen fern.
Hier darf ich mitten ins Geschehen. Felix drückt mir eine Eisenstange in die Hand, zum Umrühren. Mit Schwung hieve ich den Kochlöffel in den Kessel, drehe berherzt eine Runde und verstehe die Geschichte mit den Tropfen – angesichts der sprühenden Funken.
Dass mir exponierte Körperstellen wie Feuer brennen, ist nur mehr Draufgabe. Noch Minuten später und bei zehn Metern Abstand bin ich mir sicher, dass mein linkes Ohr lichterloh in Flammen steht …
Ähnlich geht es mir, als der fertig gebackene Metallkuchen aus dem Ofen gegossen wird und mitten in der Hütte abkühlen darf. Mit mittlerweile 1.300 Grad heizt das Zwei-Tonnen-Monster die Atmosphäre auf.
Ist es „handwarm“, darf ich es mit Eisenstange von Schlacken befreien, bevor es zur Zerkleinerung geht. Mit einem Bagger-ähnlichen Gerät samt Riesenstemmeisen bearbeitet Reinhold Sostaric den Klumpen, bis mundgerechte Stücke übrig sind. Übrigens: Die 30 Grad im Freien nehme ich als angenehm erfrischend wahr …
Gerd Leitner
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