Fachkräftemangel
Auch den Versicherern gehen die Mitarbeiter aus
Der Fachkräftemangel befindet sich in Österreich aktuell auf einem Rekordniveau. Dies spiegelt sich auch in der vom Wirtschafts- und Arbeitsministerium herausgegebenen Mangelberufsliste 2023 wider.
KÄRNTEN, ST. VEIT. Diese Liste ist in diesem Jahr so lang wie nie zuvor ist, sie umfasst insgesamt 100 bundesweite und 58 regionale Berufe.
Was sind Mangelberufe?
Als Mangelberuf gilt ein Beruf, wenn weniger als eineinhalb Arbeitssuchende pro Stelle zur Verfügung stehen. Für diese Berufe gibt es erleichterte Zugangsbedingungen für die Rot-Weiß-Rot-Karte, womit das Arbeitsministerium dem österreichischen Fachkräftemangel entgegenwirken will. Die Liste umfasst aber auch Berufe mit besonderem Bedarf. "Mit einer deutlichen Ausweitung der Mangelberufsliste verstärken wir unsere Bemühungen zusätzlich, um so den Arbeits- und Fachkräftemangel bestmöglich zu bekämpfen", sagt Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher. Auf der österreichweiten Liste sind z.B. Elektromechaniker, Diplomingenieure für das Bauwesen und Speditionsfachleute neu vertreten. Außerdem schafften es Buchhaltungswesen, physikalisch-technische Sonderberufe und nicht diplomiertes Krankenpflegepersonal auf die Liste.
Aktuelle Entwicklungen
Die neue Fachkräfteverordnung trat mit 1. Jänner 2023 in Kraft. Zusätzlich zu den bundesweiten gibt es auch regionale Mangelberufen. In Kärnten sind dies für das Jahr 2023 die Versicherungsvermittler bzw. -vertreter. "Wir haben grundsätzlich ein allgemeines Problem, dass sich seit ein paar Jahren am Arbeitsmarkt mehr Leute verabschieden als zufließen. Hinzukommt, dass unser Bereich einen hohen Grad an Ausbildung, Persönlichkeit und Flexibilität benötigt. Dies alles in Kombination macht es schwer, schnell neues Personal zu rekrutieren", berichtet Franz Ahm vom Fachverband der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten der WKO. Der Experte erklärt, dass "Unternehmen mit Hilfe von Mentoring-Programmen vermehrt probieren jung und alt zusammenzuschweißen, damit z.B. bei einer Pensionierung der Kundenstock übernommen werden kann. Damit die Zusammenarbeit jedoch gut funktioniert, müssen auch die Unternehmen viel investieren".
Im Bezirk
Bei der Allianz Agentur Straßburg herrscht kein Mangel an Fachkräften. Laut Geschäftsstellenleiter Isaak Grün wurde sogar an Personal zugelegt, sowohl im Verkauf als auch im Front- und Backoffice Bereich. Allerdings wäre auch bei Personalmangel Mangelberufliste kein Vorteil für die Branche. "Im Verkauf brauchen wir Leute, die regionale Befindlichkeiten kenne und natürlich auch gut deutsch sprechen," erklärt Grün, "die sind schwer im Ausland zu finden."
Systemproblem
Der Mangel an Arbeitskräften ist laut Ahm ein Systemproblem: „Früher habe ich eine Person für 50 Stunden Arbeit benötigt. Jetzt brauche ich zwei Leute dafür, weil immer mehr in den Bereich Teilzeit drängen. Wenn man sich nun das Thema Mangelliste ansieht, dann werden wir als Versicherungsbranche schwer mitnaschen können (Thema Rot-Weiss-Rot-Karte), denn ich tue mir schwer, wenn ich z.B. aus Rumänien oder Bulgarien komme und kein Netzwerk vor Ort habe. Gleichzeitig gilt, dass jene die in Zukunft lukrativere Angebote machen, auch die Arbeitskräfte bekommen werden. Dafür wird aber auch die Politik Lösungen finden müssen, nicht nur die Unternehmen. Ohne attraktive Rahmenbedingungen sowie andererseits Kreativität der Unternehmen geht es nicht. Bestes Beispiel hierfür: Wo früher fünf Personen eine Bewerbung abgegeben haben und das Unternehmen sich die Leute aussuchen konnte, hat sich das Ganze umgedreht und fünf Unternehmen buhlen um eine Arbeitskraft“, erläutert Franz Ahm ausführlich.
Hier möchte sich in Zukunft auch die Wirtschaftskammer vermehrt einschalten. "Es gab schon bisher eine Art Qualifizierungs-Monitoring für Jugendliche. Nun möchte sich die WKO aber auch in die Arbeitsmarkt-Politik von Erwachsenen einschalten. Wenn dieses Projekt in Verbindung mit dem Makerspace fertiggestellt ist, kann sich jeder austesten lassen, um zu sehen, wo die Kompetenzen vorhanden sind. Auf der anderen Seite kann sich ein Unternehmen proaktiv melden - auf diese Weise werden die Menschen zusammengeführt", so Ahm abschließend.
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