Interview mit TVb-GF Elias Walser
"Die Gäste planen immer kurzfristiger"

Tourismusverband-Geschäftsführer Elias Walser blickt erwartungsvoll auf den Winter.
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  • hochgeladen von Georg Larcher

Trotz der Negativ-Schlagzeilen in Seefeld: Die Hauptsaison steht vor der Tür, Seefeld und Region sind gerüstet.

REGION. Nach einer guten Sommersaison wird ein guter Start in den Winter erwartet. Darüber sprachen Bezirksblätter mit TVb-Geschäftsführer Elias Walser:

Rückblickend auf die Sommersaison, wie bilanziert der Tourismusverband?
ELIAS WALSER: Grundsätzliche haben wir im 5-Sterne Bereich verloren, es betrifft bei uns drei Häuser. Eine der Erklärungen – da gehen die Meinungen auseinander – wäre: Die letzten drei durch Corona geprägten Jahre hat sich der kurzfristige Gast noch etwas im Sommer gegönnt, vor allem wegen der Ungewissheit, ob er im Winter nochmal kommen kann. So waren die Häuser gut gebucht. Heuer war die Welt wieder offen, diese Gäste sind wieder in weiter entfernte Destionationen verreist, die haben heuer gefehlt. Die Vorausbuchungen sind aber wieder sehr gut.

Wie schaut die Lage in Zahlen ausgedrückt aus?
Insgesamt haben wir ein kleines Minus in der Sommersaison, da muss man aber genauer hinschauen, weil etwa ein Hotel einen großen Umbau hatte oder der Campingplatz in Leutasch weggefallen ist, der steht aber ab jetzt wieder zur Verfügung. Diese Nächtigungen wirken sich aus. Es haben sich auch die Saisonen etwas verschoben, wir haben 14 Betriebe, die durchgehend offen haben, weil die Gäste, die früher im September gekommen sind, nun im Oktober und sogar November hier sind.

Wie sehr wird der Campinggast geschätzt?
Wir brauchen die Camper dringend. Viele Gäste aus Holland machen bei uns einen der Zwischenstopp, Seefeld war und ist da immer sehr populär. Auch wenn im Süden Italiens die Hitzewelle war, sind die früher wieder zurück gefahren und bei uns gelandet. Da verbringen sie gerne ein paar Tage und nutzen die Infrastruktur, die Sportverleih, Geschäfte oder Restaurants. Die Aufenthaltsabgabe ist für Campiggast gleich wie der Gast im 5-Sterne-Hotel - das ist so im Tourismusgesetz geregelt. Andere Wirtschaftszweige merken einen Camper vielleicht mehr, weil dieser öffentliche Anlagen, Restaurants, die Infrastruktur und Geschäfte etc. nutzt.

Weicht  die Region bei den Buchungen von anderen Destinationen in Tirol ab?
In Tirol gehören wir zu den Top-5- Sommerdestinationen, das war schon vor Corona so. Da sind wir in den letzten Jahren gewachsen und auf einem Hohen Niveau angekommen, daher steht jetzt ein kleines Minus. Beim Wachstum ist bei uns nicht mehr viel drin. Da haben andere in den Tälern ein großes Plus, aber immer noch weit entfernt von den Zahlen bei uns. 2016 haben rein die Nächtigungszahlen vom Sommer die Zahlen im Winter überholt. Der Sommer ist in der Anzahl der Köpfe immer bedeutender. Vom Umsatz her sind die Wochen um Weihnachten und im Februar bei uns immer noch die wichtigsten.

Woher kommen die meisten Gäste?
Stark sind wir bei den Nachbarländern und haben sonst einen breiten und gesunden Mix. Interessant war: Vor Corona haben wir gemerkt, wenn wir auf viele Märkte setzen, dann merkt man es weniger, wenn ein Land wegfällt. Wenn also aus Israel Gäste ausbleiben, dann holen diese 2 Prozent wer anderer auf. Während Corona fielen aber alle internationalen Länder weg, wie USA und Südamerika, Großbritannien, China, Japan etc., alle mit etwa 2% - die bisher immer insgesamt 50% der Gäste ausgemacht haben. Und diesen starken Anteil haben Deutschland, Österreich, Italien oder Schweiz nicht aufholen können. Da haben sich andere Destinationen, die etwa 80% Deutsche und Österreicher hatten, die fehlenden 20% aufholen können.

Schmerzt der Wegfall der russischen Gäste, die zeitweise stark vertreten waren?
Bei den Nächtigungen sind wir da sehr eingebrochen, wir waren lange Zeit eine Trainingsdestination etwa für Langlauf und Biathlon - und die fallen weg, das merkt man. Wir haben auch die Mittelschicht mit orthodoxe Weihnachten angesprochen, auch hier merkt man den Wegfall, das betrifft auch die Ukraine und generell der Osten, Unruhen wirken da gegen die Reiselust.

Hat sich seit Corona in der Tourismuswirtschaft etwas geändert?
Die Zeit nach Corona ist mit nichts zu vergleichen was vorher an Krisen war, wie Wirtschafts- oder Bankenkrise. Der Tourismus hat trotzdem immer auf gleichem Niveau funktioniert. Aber jetzt haben wir die geballte Ladung wie Energiekosten, Personalmangel, hohe Zinsen und die Kurzfristigkeit der Gäste. Die Leute buchen immer kurzfristiger. Früher mussten die Leute bis August buchen und auch schon Vorauszahlen, sonst war das Zimmer weg. So hatten die Unternehmer Liquidität. Jetzt gibt es kurzfristige Stornomöglichkeiten, es sind jederzeit Kapazitäten frei, das ist schon eine Challenge für die Betriebe, die so schwerer kalkulieren und vorausplanen können.

Funktioniert Seefeld anders als andere Destinationen?

Wir sind was die Aufenthaltsdauer betrifft unter dem Durschnitt aller anderen. Nach Köpfen sind wir z.B. in Tirol die Nummer 4 im Sommer, nach Nächtigungen die Nummer 7. Wenn wir da den Hebel umlegen könnten, wäre das hilfreicher. Wenn die Gäste nicht so oft Wechseln, man sich auf den Gast besser einstellen kann, in Zimmer, Restaurant etc., macht das weniger Aufwand und Action. Bei den typischen Skidestinationen wie im Zillertal oder Serfaus gibt es noch den traditionellen Samstag als fixen An- und Abreisetag.

Bei der An-/Abreise: Wie klimafreundlich ist man hier?
Das Auto ist immer noch wesentlich, auch weil wir viele Stammgäste haben, die Gewohnheiten bleiben eben. Seit dem Unfall der Deutschen Bahn in Garmisch mit Todesopfern wurde die Strecke kontrolliert, und da stellte man viele Mängel fest, die nun alle ausgebessert werden, und da ist die Zuganbindung schwierig, da kommt man besser wieder über Innsbruck zu uns.
Knapp unter 10 Prozent reisen bei uns mit dem Zug an, so die Schätzungen. Seefeld ist im Winter nicht mehr der höchste ICE-Bahnhof. Aber der ICE hält immer noch bei uns, wenn nicht gerade in Garmisch an den Schienen gebaut wird.
Wir kooperieren fest mit den ÖBB, machen Kampagnen und wollen den Zuggast weiter pushen, aber das dauert, bis sich das Verhalten der Gäste hier ändert.
Da ist der Tagesgast, der den Zug nutzt, stärker vertreten, wie etwa Senioren, die ihr Klimaticket nutzen und nach Seefeld und Scharnitz fahren und dort Ausflüge unternehmen. Da war auch das Argument, dass es eine Buslinie von Telfs nach Seefeld braucht. Wenn man Angebot schafft, wird es sicherlich genutzt.

Gibt erst schon eine Bilanz, wie funktioniert die Linie Telfs-Seefeld?
Es wird recht gut angenommen, in der Nebensaison weniger, das war klar. Es geht nun darum, die Qualität zu verbessern. Es gab Startprobleme, da wird mit dem VVT laufend gearbeitet, im Laufe der Wintersaison soll es besser funktionieren. Faktoren waren viele und unerfahrene Fahrer, missverständliche Beschilderungen, Pendler haben dann plötzlich an der falschen Stelle auf den Bus gewartet. Der VVT koordiniert das sowie Ledermair mit Postbus als Subunternehmen.

Aus Deutschland wird man die Gäste kaum mit dem Zug herbringen?
Das Gepäck ist oft ein Problem, da haben wir mit der Spedition Neuner in Mittenwald eine Kooperation, dass die Gäste aus Deutschland ihre Koffer aufgeben können und ins Hotel gebracht werden. So reisen die Gäste mit kleineren Autos an, müssen keine Familienkutschen kaufen, um einmal im Jahr im Urlaub den Platz für's Gepäck zu haben. Das funktioniert mit LKW, so wie alles was Logistik in Europa betrifft. Das funktioniert. Mit der Bahn ist es umständlich und von Deutschland her auch noch viel zu teuer.

Welche Highlights warten im Winter auf die Gäste?
Wir haben den Adventmarkt in Seefeld erweitert, haben mehr Platz geschaffen, der neue Zugang von der Innsbrucker Straße beim Kaufhaus Sailer wurde geöffnet, der Marienbrunnen wurde ins Konzept aufgenommen. Somit ist also mehr Platz zum Flanieren, Shoppen und Standln schauen. Der Kurpark wird zum Lichterpark, als Ergänzung zum Weihnachtsmarkt in Zukunft, eine Erweiterung des Lichtkonzeptes im Ort. Sechs Highlights wie Fotopoints und Interaktives, damit die Leute durchspazieren und so auch mehr Frequenz in den Adventmarkt bringen. Wir starten jetzt damit und sehen, wie es ankommt.

Und sportliche Highlights? Der Weltcup in Seefeld im Jänner bleibt?
Weltcup gibt es wieder, wir wollen die nordische Hochburg bleiben und haben dem ÖSV für weitere drei Jahre zugesagt. Die Deutschen machen bei uns am Ende der Wintersaison die Langlauf-Staatsmeisterschaft, weil wir die beste Infrastruktur bieten, eine Bestätigung für uns. Zudem sind viele Nachwuchsevents und auf den Ganghoferlauf freuen wir uns wieder nach der Absage im Vorjahr. Langlaufopening Wedl ist auch wieder. Die Pisten öffnen am 8. Dezember, die Loipen haben wir gestartet, die Kanonen in Seefeld und Leutasch haben schon viel Schnee produziert, die Schneedepots werden genutzt. Wir haben im Langlauf fast 30 Schneeerzeuger mehr und testen sämtliche Hersteller durch, welches Gerät für die Loipenbeschneiung mit diesem Druck auf unserer Höhe funktioniert. Da sind wir gespannt auf die Testergebnisse und wollen dann weiter investieren. Das Langlaufangebot müssen wir schaffen, und müssen garantieren, dass wir eine Runde anbieten können, weil die Gäste das auch planen wollen und es erwarten, dass sie dann Langlaufen können, wenn sie kommen.

Das gegenwärtige Finanzdebakel in Seefeld, die anstehenden Neuwahlen ... inwiefern ist der Verband von den Problemen dieser wichtigen Tourismusdestination berührt?
Der TVB ist eine eigene Körperschaft und steht auf finanziell gesunden Beinen. In der gesamten Region sind Gemeinden unsere wichtigsten Partner und daher kann es auch Auswirkungen auf uns haben. Ich bin aber überzeugt, dass Seefeld den Neustart schaffen wird!

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