Heilkraft der Alpen in Abtenau getestet

Foto: ITG – Innovationsservice für Salzburg
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ABTENAU/ST.JOHANN (sys). 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelte der Fachkongress Alpiner Gesundheitstourismus am 5./6. Mai im Kongresshaus am Dom in St. Johann im Pongau. Erstmals wurden dieses Jahr die Kräfte rund um die Alpine Gesundheitsregion SalzburgerLand gebündelt, um das Potenzial dieses Segments auch Tourismusunternehmen deutlich zu machen. Schon jetzt können 1,7 Millionen Nächtigungen im Salzburger Land direkt dem Gesundheitstourismus zugeordnet werden. Ohne Berücksichtigung des vagen Segments Wellness. „Wenn in der aktuellen deutschen Reiseanalyse 30 Prozent als wichtiges Reisemotiv Etwas für die Gesundheit tun angeben, zeigt das welches Potenzial hier noch drinnen liegt,“ fasste Florian Größwang, Salzburger Land Tourismus (SLT), die Chancen in Zahlen. Um diese Chancen auch zu nützen, verwies Dr. Christian Salletmaier, Leiter Regionalentwicklung im Land Salzburg, auf den Weg des Landes, Forschung und Wirtschaft zu verbinden und so fundierte gesundheitstouristische Angebote abseits des Wellnesstrends zu ermöglichen.

Der Kongress zeigte mehrfach konkrete Möglichkeiten zur Umsetzung. So erklärte Dozent Jürgen Schwabe in einem Workshop die 2014 beschlossene EU-Patientenrichtlinie. Die damit verbundenen ökonomischen Chancen belegt bereits die „Wasserfall-Therapie“ in Krimml, für die Krankenkassen nun Zuschüsse gewähren. Basis dafür ist die wissenschaftliche Absicherung, für die wiederum das österreichisch-bayerische EU-Interreg-Projekt "Trail for Health Nord“ sorgte. Darin sind aktuell die touristischen Regionen Bad Reichenhall, Tegernsee/Bad Wiessee und Tennengau/Abtenau mit dem Lead-Partner Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (PMU), ITG Salzburg, Hochschule München und der Ludwigs-Maximilians Universität München vereint.

Das PMU Institut für Ecomedicine betreibt diese anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung. „Es geht darum, in strukturierter Form Natur zu antizipieren, also bei aller Ökonomie die medizinische Seite nicht zu vergessen“, führte dessen Leiter Dr. Arnulf Hartl in am Kongress vorgestellte jüngste Untersuchungen ein. In der Jungbrunnen-BERG-Studie wurde dabei erstmals untersucht, ob ein aktiver Wander- und Heilbad-Urlaub das Immunsystem von Menschen ab 65 Jahren stärken kann. Die Basis bildete dabei eine klinische Studie in den drei Regionen Tennengau/Abtenau, Tegernsee/Bad Wiessee und Bad Reichenhall. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Ein einwöchiger Aufenthalt mit Wandern und Heilbaden verbessert signifikant das Gleichgewicht und erhöht langfristig die Sauerstoffsättigung und damit die körperliche Leistungsfähigkeit. Damit einher gehen nachweislich eine signifikante und anhaltende Erhöhung der Lebensqualität und die Verbesserung des Immunsystems. Darauf aufbauend werden in den jeweiligen Regionen evidenzbasierte gesundheitstouristische Angebote entwickelt, welche auf die spezifischen Ansprüche und Bedürfnisse älterer Menschen eingehen. Während in Bad Wiessee vor wenigen Tagen nach langjähriger Diskussion als gefördertes Großprojekt (Investitionssumme 7,8 Mio. €) im Juni mit dem Bau eines neuen Badhauses begonnen wird, ist in Abtenau der Entscheidungsprozess noch nicht abgeschlossen. Als malerisch erwies es sich die für die 30 Probanden der Studie entwickelte provisorische Lösung, die Bäder im Heimatmuseum Arlerhof aufzubauen. In absehbarer Zeit soll das einst intensiv genutzte Heilwasser aber in einem im Ort befindlichen Bauernbadl mit optimalem Blick in die Bergwelt angeboten werden.

Es muss nicht immer Gesundheit draufstehen

Eine „goldene Regel“ in der Gesundheitskommunikation brachte die Expertin Dr. Andrea Wöber ein. Am Anfang müsse immer eine wissenschaftlich abgesicherte Grundlage stehen, um darauf aufbauend das Gesundheitsangebot an den Mann bringen zu können. Wobei mehrere Vortragende belegten: An die Frau bringt man es leichter. „Es muss nicht immer Gesundheit draufstehen, wo Gesundheit drinnen ist,“ gab Wöber den Unternehmern einen Tipp mit. Sie traf sich damit mit den beiden Key-Note-Speakern Dr. Robert Zniva, Dozent an FH Salzburg und WU Wien, und Mag. Andreas Reiter vom ZTB-Zukunftsbüro Wien, die sich vor allem dem Konsumverhalten älterer Bevölkerungsschichten widmeten. Auch wenn über die künftige finanzielle Potenz der Senioren keine Einigkeit herrschte, ist deren quantitative Präsenz und wachsende Lust auf Ortsveränderung unbestritten. Ebenso, dass es sich um eine sehr hybride Zielgruppe handelt, bei der man mit der Ansprache als „50plus“ viel falsch machen kann. So verweist Reiter auf Babyboomer als nunmehrige Silver Rebels, die seit ihrer Jugend gewohnt seien, Revolutionen zu veranstalten. Zniva vermittelte dabei spannende, aus seiner in Florida und Wien betriebenen Forschung entwickelte Tipps. Während Reiter berichtete, dass sich Menschen über 55 Jahren in unseren Breiten in Umfragen als „die glücklichsten“ deklarieren, seien laut Zniva erst Pensionisten mit sich als ältere Menschen im Reinen. Er empfiehlt sie wo möglich als Großeltern anzusprechen, vor allem aber Preisvorteile klar zu kommunizieren: „Am besten immer emotional und vormittags.“ Wenn es um Bequemlichkeit, von der größeren Schrift bis zu individuellen Hilfen geht, sollten die Vorteile altersunabhängig gesehen werden. Znivas Forschung im Handel habe gezeigt, dass anders als erwartet junge Konsumenten mehr Convinience einfordern. Ältere hätten gelernt, mit Unbequemlichkeiten zu leben.

Auch bei den Reisemotiven und Erwartungen an die Unterkunft unterscheiden sich die Generationen weniger, als zu erwarten wäre. Sieht man eventuell von der erotischen Komponente ab, wo als Wunsch an die Stelle intimer Zweisamkeit jener nach dem Entfliehen aus alltäglicher Einsamkeit tritt. Die ebenfalls im Rahmen des EU-Interreg-Projekts erstellte Studie „Gesundheitstourismus aus Kundensicht“ belegt das hohe Interesse an Natur und Gesundheit unter den Reisemotiven. Luftqualität und Bewegung in der Natur stehen bei der Wahl der Urlaubsregion der über 65-Jährigen an der Spitze. Doch auch wie entscheidend richtige Bezeichnungen sind, konnte Christina Pichler, Institut für Ecomedicine, feststellen: „Während barrierefreie Zimmer nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind einzelne Maßnahmen wie erleichterte Zugänge zu Duschen durchaus erwünscht.“ Insgesamt stehen in dieser Altersgruppe noch deutlicher als in anderen Gruppen Sauberkeit und ein qualitativ hochwertiges Bett bei den Wünschen ans Gästezimmer an der Spitze.

Gegen leere Gästebetten sind viele Kräuter gewachsen

Ohnehin ist auch in touristisch beschaulichen Regionen gegen leere Gästebetten ein Kraut gewachsen. Oder genauer gesagt: Zumindest 57 Kräuter. Wie Karin Buchart vom Verein zur Erhaltung der traditionellen europäische Heilkunde (TEH Verein) am zweiten, stark den heimischen Kräutern gewidmeten Tag belegen konnte. Denn neben dem demographischen Wandel und wachsendem Körperbewusstsein spielen mit Authentizität und Regionalität zwei weitere Trends diesem Angebot in die Hände. So sind im ehemaligen Zollamt am Steinpass (Unken) bereits bis zu zehn Mitarbeiterinnen beim Pinzgauer Verein beschäftigt. Auf Werbung wird verzichtet, denn Flaschenhals ist das Besorgen der hochwertigen Rohstoffe. Zum Unterschied von anderen, eher esoterisch verankerten Angeboten, legt der TEH Verein Wert auf die wissenschaftliche Evidenz. Das in Interviews eingeholte traditionelle Wissen der „Kräuterhexen“ wurde unter anderem mit den Monographien der Europäischen Arzneimittelkommission ESCOP abgeglichen. Bei den vermarkteten 57 Heilpflanzen ist die Übereinstimmung gegeben. Auch die Steigerung des Wirkungsgrads bei regionaler und möglichst frischer Anwendung sei wissenschaftlich abgesichert.

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im Tourismus wird im Rahmen des Interreg-Projekts ein Fachkräftekonzept mit einer strategischen Ausrichtung auf das Kernangebot des Gesundheitstourismus entwickelt, um auch touristischen KMU einen Zugang zu einem professionellen Personalmanagement zu ermöglichen. Die von der Hochschule München erstellten Fragebögen für Arbeitgeber und Mitarbeiter sind nun erhältlich. Wer zehn Minuten Zeit erübrigen kann, damit ein sinnvolles Ergebnis zu Stande kommt, wendet sich an Projektleiterin lena.goebel@hm.edu.

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