Selbstmordserie macht betroffen

Im Tennengau gingen in letzter Zeit fünf Frauen auf die Schienen. Zurück bleiben traumatisierte Angehörige und Helfer. | Foto: Franz Neumayr
  • Im Tennengau gingen in letzter Zeit fünf Frauen auf die Schienen. Zurück bleiben traumatisierte Angehörige und Helfer.
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TENNENGAU (tres). In den vergangenen Wochen häuften sich im Bezirk speziell Selbsttötungen auf Bahngleisen. Bezirkshauptmann Helmut Fürst zeigt sich darüber äußerst bestürzt: "Diese 26 Selbstmörder waren wahrscheinlich gar nicht alle. Ich habe mir jetzt einmal aus den Hunderten Polizeiberichten die Selbstmorde mühsam herausgesucht. Und manchmal, wenn kein Abschiedsbrief zurückbleibt, ist es nicht ganz eindeutig."

Man spricht nicht gern darüber

Die Tatsache, dass in den Medien über konkrete Selbstmorde nicht berichtet wird, um Nachahmer abzuhalten, sieht er nicht nur positiv: "Weil es nicht thematisiert wird, herrscht in der Gesellschaft oft die Meinung, dass es das bei uns eh nicht oder nur sehr selten gibt. Aber das stimmt nicht."
Jene 26 Selbstmörder im Tennengau waren zwischen 14 und 84 Jahre alt. 60 Prozent davon waren Männer. "Männer wählen meistens den Tod durch Erhängen oder Erschießen, Frauen nehmen eher den Zug oder Medikamente."

Die Gründe für die Tat

Die Gründe sind, laut Fürst, größtenteils Gesundheitsprobleme, aber auch Depression, Beziehungsprobleme, Arbeits- oder Schulprobleme. Der Bezirkshauptmann hat nun die Bürgermeister aufgesucht und ihnen Listen für Kriseninterventionsstellen ausgeteilt, damit diese veröffentlicht werden können: "Vielleicht kann so einiges Unglück verhindert werden."

Wie können Angehörige erkennen, dass ein Mensch Selbstmordabsichten hat? Bernhard Hittenberger, Leiter des Psychosozialen Dienstes in Salzburg, erklärt, das sei gar nicht immer einfach, aber es gibt erste Anzeichen: „Früher hat es ja geheißen: Wer darüber redet, der macht es nicht. Das stimmt aber nicht!"

Wer darüber redet, der plant!

"Zum Glück verschwindet diese Meinung jetzt aber immer mehr“, sagt Hittenberger, denn: Wer darüber redet, in dessen Denken ist die Absicht bereits verankert und das sollte ein Alarmzeichen sein.

Es gibt allerdings, wenn es keine konkreten Hilferufe gibt, keine Checkliste, an der man genau erkennen kann, ob jemand gefährdet ist. In den Medien wird über einzelne Selbstmorde deswegen nicht berichtet, um Nachahmungen zu verhindern. „Es wird sich zwar niemand, nur weil er von einem Selbstmord liest, umbringen“, sagt Hittenberger, „allerdings, wenn ich ihn schon in Planung habe und dann ein Beispiel lese, wie es quasi jemand geschafft hat, dann kann das der letzte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.“

Es gibt immer wieder Selbstmord-Serien

Eine Selbstmordhäufung, wie in letzter Zeit im Tennengau, sei ein Phänomen, das alle paar Jahre in Serien gehäuft auftritt: „Vor etwa 20 Jahren gab es z. B. im Rauriser Tal eine Häufung, dann ist es wieder wo anders.“ Auch das könne zum Teil auf Nachahmung zurückzuführen sein.

Lesen Sie dazu auch dieses Kommentar: (Ver)Schweigen ist fast nie eine Lösung

ZUR SACHE
Es gibt für Betroffene eine Reihe von Möglichkeiten zur Hilfe - sie sehen Sie hier - Hilfe in Krisensituationen:

>> Psychosozialer Dienst (PSD): Fanny-von-Lehnert-Str. 1, 5020 Salzburg;
Tel. 0662 80 42-3599; psds@salzburg.gv.at

>> Psychiatrische Ambulanz KH Schwarzach: Tel. 06415 71 01
>> CDK Christian-Doppler-Klinik Salzburg: Tel. 05 72 55
>> Kinderseelenhilfe Pro Mente: Tel. 0662 88 05 24-123 oder
kinderseelenhilfe@promentesalzburg.at
>> Telefonseelsorge: Tel. 142
>> Frauennotruf Salzburg: Tel. 0662 88 11 00
>> „Schwanger & verzweifelt“: Tel. 0800 53 99 35 oder 0800 300 370
>> Rat auf Draht, Tel. 147 - Hotline für Kinder/Jugendliche
>> Kinderschutzzentrum: Tel. 0662 449 11
>> pro mente Salzburg - ambulante Krisenintervention: 0662 433351

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