"Unter fünf Millionen wird die Verbauung schwer machbar sein"

- Wildbach-Experte Christof Seymann spricht im WOCHE-Interview über die Causa Afritz
- Foto: Hipp
- hochgeladen von Wolfgang Kofler
Wildbach-Experte Christof Seymann über Fehleinschätzungen – und die Folgen der schweren Vermurungen in Afritz.
AFRITZ, VILLACH (kofi). Vermurte Häuser, 30.000 Kubikmeter Schlamm und Felsen, vermutlich ein Millionenschaden. Der kleine Afritzer Ort Kraa bot in den vergangenen Tagen ein Bild des Schreckens. Nach heftigen Regenfällen war der Bärenbach gleich zwei Mal über die Ufer getreten.
Bürgermeister Max Linder deutete mehrfach an, dass das Unglück teilweise zu verhindern gewesen wäre. Immer wieder hätte die Kärntner Wildbachverbauung Ansuchen um Schutzmaßnahmen abgelehnt. Die WOCHE sprach mit Christof Seymann, Leiter-Stellvertreter der Sektion "Wildbach" in Kärnten.
WOCHE: Ist Ihre Abteilung schuld am Chaos in Kraa?
SEYMANN: Rückwirkend war unser Verhalten wohl Ergebnis einer Fehleinschätzung. Wir haben in den vergangenen Jahren andere Bäche für gefährlicher gehalten als den Bärenbach. Man darf nicht vergessen: In den vergangenen 25 Jahren haben wir rund 7,3 Millionen in Afritz verbaut.
Bürgermeister Linder sagt, Bitten um Verbauung wurde mehrmals abgelehnt. Stimmt das?
Ja, es gab aus Afritz seit den 1990er-Jahren Anfragen. Aber in unseren Gefahrenanalysen haben andere Bäche höhere Priorität gehabt.
Wie kann so eine Fehleinschätzung passieren?
Ich bin seit 30 Jahren in diesem Geschäft. Aber so etwas wie in Kraa habe ich noch nie erlebt. Dass ein Bach, den man normalerweise locker überspringen kann, 30.000 Kubikmeter Geröll transportieren kann, ist einzigartig. Und Sie müssen wissen, dass wir ohnehin in Katastrophe-Dimensionen denken.
Können sich Geschädigte an der Wildbachverbauung schadlos halten?
Das denke ich nicht. Es gibt ja keinen Rechtsanspruch auf Verbauung. Zudem stehen einige Häuser in so genannten roten und gelben Zonen, da muss man mit dem Restrisiko der Überschwemmung leben.
Hätte eine Verbauung das Unglück verhindert?
Es wäre wohl weniger passiert. Hundertprozentigen Schutz kann es nie geben.
Was passiert nun?
Es wird möglichst rasch Maßnahmen geben. Bis Weihnachten sollte die Planung fertig sein. Dann wird der Bärenbach verbaut. Das wird vermutlich drei bis vier Jahre dauern.
Kosten?
Unter fünf Millionen wird es schwer machbar sein.
Wie viele Risikobäche gibt es in Kärnten?
Wir haben 1.350 Wildbäche, der überwiegende Teil hat Verbauungen.
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.