„Kleinere Hürden sind oft ein Problem“
Stefan Renner hat die Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden in Vöcklabruck getestet.
VÖCKLABRUCK (rab). Ab Anfang 2016 darf es laut Behinderten-Gleichstellungsgesetz bei öffentlich zugänglichen Gebäuden keine Diskriminierung mehr geben. Schulen oder Amtsgebäude müssen für alle Menschen – somit also auch für Rollstuhlfahrer oder sehbehinderte Menschen – zugänglich sein. Ist das nicht der Fall, können von den Betroffenen Schadenersatzforderungen gestellt werden. Die BezirksRundschau hat sich deshalb gemeinsam mit Stefan Renner, der seit einem Unfall vor zwei Jahren querschnittgelähmt ist, in der Bezirkshauptstadt umgesehen.
„In öffentlichen Gebäuden, wie Ämtern, ist die Barrierefreiheit oft schon sehr gut“, so der Fazit des Rollstuhlfahrers. Sowohl im Rathaus, in der Bezirkshauptmannschaft, in der Arbeiter- und Wirtschaftskammer sowie am Bahnhof sind alle Bereiche mit einem Rollstuhl zugänglich. In allen Gebäuden ist ein Lift und, wenn nötig, eine gut befahrbare Rampe vorhanden.
Große Unterschiede beim WC
Vor allem das Rathaus und die Arbeiterkammer glänzten auch durch ein Behinderten-WC, das allen Anforderungen entspricht. Auch die Toiletten in der Wirtschaftskammer und in der Bezirkshauptmannschaft entsprachen grundsätzlich allen Anforderungen.
In der Wirtschaftskammer hing allerdings der Spiegel für Menschen im Rollstuhl zu hoch. In der Bezirkshauptmannschaft ist die Tür mit einem automatischen Schließer versehen. „Wenn man mit einer Hand den Rollstuhl schiebt, braucht man viel Kraft, damit man die Tür mit der anderen Hand aufbekommt“, kritisiert Renner.
Am Bahnhof war überhaupt kein barrierefreies WC gekennzeichnet. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass es zwar eines gibt, dieses jedoch verschlossen ist. Allerdings war kein ÖBB-Mitarbeiter auffindbar, der es öffnen konnte. „Da Zugtoiletten meist zu eng sind, wäre es umso wichtiger, dass es am Bahnhof ein barrierefreies WC gibt“, betont Renner.
Hürden auf der Straße
Kleinere Hürden seien zudem niedrige Türschwellen, wie sie bei den Büros der Bezirks-hauptmannschaft zu finden sind. „Wenn man nicht geübt ist, kann man bereits bei einer zwei-Zentimeter-Schwelle aus dem Rollstuhl fallen“, so Renner.
Eine größere Hürde entdeckte er vor der Tür: „Wenn der Gehsteig nicht abgesenkt ist, kann ich die Straße nicht überqueren.“ Nachträglich angefügte Gehsteigrampen seien eher gefährlich als hilfreich. Ebenso ärgert sich Renner über Menschen, die ohne triftigen Grund den Behindertenparkplatz blockieren. „Wenn ich die Autotür nicht ganz öffnen kann, kann ich weder ein- noch aussteigen.“
Tische in Gasthäusern und Bäder in Hotelzimmern seien oft nicht für Rollstuhlfahrer geeignet. „Bei unserer Hochzeit vor gut einem Monat waren einige Rollstuhlfahrer zu Gast, die gerne in der Nähe übernachtet hätten – allerdings konnten wir trotz intensiver Suche kein Gasthaus oder Hotel mit wirklich barrierefreien Zimmern finden“, schildern Stefan Renner und seine Frau Martina ihre Erfahrungen.
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