Kommentar
Was ist der Unterschied?

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Willkommen im Lockdown light oder Lockdown mit besonderen Maßnahmen oder wie auch immer! Was sich in anderen europäischen Ländern schon früher bewahrheitet hat, war bei uns nur noch eine Frage der Zeit beziehungsweise eine des Handelns. Waren und sind die Infektionszahlen in Österreich um einiges höher als vergleichsweise in Deutschland, ist die Regierung doch etwas behäbiger in ihrer Entscheidung gewesen. Nun ist es aber soweit.

Die Infektionszahlen und mittlerweile auch die Hospitalisierungen sind im Steigflug und gerade aufgrund des letzten Punktes müssen die gefährdeten Gruppen und das Gesundheitssystem geschützt werden. Nicht mehr und nicht weniger. Auch bei all der verbreiteten Corona-Müdigkeit und den Corona-Leugnern ist der Großteil der Bevölkerung durchaus bereit durch nachvollziehbare Maßnahmen die Konsequenzen zu tragen, damit wir keine erhöhte Mortalitätsrate bekommen und Ärzte nicht entscheiden müssen, ob Patient x behandelt und leben darf und Patient y dafür leiden oder gar sterben muss. Gerade diese Entscheidung aufgrund eines überforderten Gesundheitssystems möchte wahrscheinlich keiner treffen. Daher ist jeder von uns in der Pflicht, sein Bestes im Kampf gegen diese Pandemie zu geben. Nur wie sieht es wirklich mit dieser Eigenverantwortung aus? Fühlt sich jeder verantwortlich für das Wohl anderer? Ist unser Verhalten seit Ausbruch der Pandemie reiner Aktionismus?

Vielleicht lohnt der Blick auf eine Art Metaebene: Was ist der Unterschied zwischen gut gemacht und gut gemeint? Wenn ich beispielsweise Obdachlosen in Vorarlberg einen Weg zeige, wie sie aus der Armut herauskommen und wieder Teil der Gesellschaft werden mit all den Begleiterscheinungen wie Arbeit, Dach über dem Kopf und eine langfristige soziale Betreuung, dann ist das gut gemacht. Wenn ich aber nur Geld spende, damit den Obdachlosen damit Decken gekauft werden, dann ist das lediglich gut gemeint.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem derzeitigen Lockdown light oder wie auch immer Sie diese Situation nennen wollen. Schließung der Gastronomie, Hotellerie, Kultur- und Sportstätten und teilweise Schließung der Schulen. Das ist grob gesagt der neue Lockdown. Das ist die neue November-Realität. Sind diese darin enthaltenen Konsequenzen nun aber gut gemeint oder gut gemacht? Welche langfristigen Auswirkungen haben diese Entscheidungen in den jeweiligen Bereichen und sind alle für dieses Szenario ausreichend vorbereitet? Seit dem Ende des ersten Lockdowns wusste man, dass spätestens ab Herbst die Infektionszahlen wieder hochgehen würden. Wurden ausreichend Geldtöpfe bereitgestellt und gefüllt, um eh schon angeschlagene Branchen zu unterstützen? Hat das Bildungsministerium aus der ersten Phase gelernt? Ist beispielsweise Home-Schooling wirklich für alle Schüler und auch Lehrer unproblematisch? In zahlreichen Schulen wurden die Elternabende und Standortgespräche für die Schüler Corona-bedingt abgesagt. Warum? Wenn das Distance-Learning jetzt losgehen sollte, warum hat man diese abgesagten Termine nicht gleich über Videokonferenzen abgehalten? Mangelt es an den Möglichkeiten? Laut Bildungsdirektion müsste jeder Schüler in Vorarlberg einen solchen Zugang haben. Wenn aber nicht, wird Home-Schooling zu einer ähnlichen Farce wie schon im Frühling.

Bildung, Tourismus und Kultur sind die eigentlichen Verlierer dieser Pandemie. Zumindest hier bei uns in Österreich. Der Unterschied zwischen gut gemeint und gut gemacht ist also aus vergangenen Situationen zu lernen und es besser zu machen, damit es eben gut gemacht wird. Derzeit scheint es eher gut gemeint zu sein.

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