Kommentar Raimund Jäger
Wohnen – Bauen – Renovieren - Träumen

Foto: Rzg

Die Tatsache, dass das heutige Fokusthema in den Regionalzeitungen „Wohnen – Bauen – Renovieren“ ident ist mit dem derzeitigen politischen Leit- und Reizthema (leistbares Wohnen inklusive Mietpreisbremse und / oder Grunderwerbssteuer-Abschaffung) war natürlich nicht geplant, ein Zufall ist es aber auch nicht. Denn noch weit vor der überstandenen Pandemie, der galoppierenden Inflation, geradezu unverschämten Energiepreisen und einem zunehmend labilen Bankensystem ist das Thema Wohnen wie kein anderes in den Köpfen der Menschen präsent und durchaus mit Ängsten behaftet.
Kein Wunder.
Denn während man auf einen Urlaub verzichten und die Kosten für Nahrung bis zu einem gewissen Maß regulieren kann – ein Dach über dem Kopf braucht man schon und es sollte nicht „Hotel Mama“ sein. Dabei ist Vorarlberg ein Vorreiter, was Holz- und Sozialbau betrifft und ebenso federführend in einzelnen Branchen der Bauwirtschaft – das Ländle boomt geradezu im Verhältnis zu anderen Regionen. So gesehen ist es eine Schande, dass trotz wirtschaftlicher Stabilität, eines funktionierenden Sozialsystems und besten Bildungschancen ein Gutteil der – nicht nur jüngeren – Bevölkerung von einem Eigenheim nur träumen kann. Und wenn man die Preise ansieht, handelt es sich eher um Alpträume. Noch weit erschütternder: Auch bei Mieten bewegt man sich mittlerweile in Sphären, in denen einem Normalverdiener die Luft wegbleibt.

Im Zuge des Fokusthemas stöberte ich ein wenig im Netz und schaute mir an, was Eigentum mittlerweile so kostet. Jetzt war ich zwar bei der Währungsumstellung auch schon 40, rechne aber normalerweise nicht mehr in Schilling um. Gottlob, denn geradezu schlecht würde mir werden, wenn ich dies täte. Man kann wählen zwischen 2,5-Zimmer-Wohnungen um über 300.000 Euro (um über 4 Millionen Schilling erwarb man in den 80ern eine Villa) oder drei Zimmer plus Terrasse in Seenähe um knapp 700.000 (entsprach in meiner Jugend dem Preis eines Jagdschlosses). Wenn ich davon ausgehe, dass eine Familie mit Durchschnittseinkommen maximal 1.000 Euro pro Monat sparen kann, braucht sie ja nur 700 Monate – also knapp 60 Jahre – um dies, Zinsen übrigens außen vor, zurückzuzahlen. Dafür gibt es ein Wort: Wahnwitz.
Dann doch lieber Miete: 50 Quadratmeter um rund 1.000 Euro. In den 90ern hätte man den Makler geteert und gefedert; heutzutage erschüttert dieser Preis wohl nicht mehr allzu viele. Mich sehr wohl und daher finde ich es umso erfreulicher, dass der Fokus „Wohnen – Bauen – Renovieren“ überhaupt noch stattfindet. Bei der derzeitigen Entwicklung frage ich mich, wie lange noch.

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