Liebeskummer, Drogen, Übergriffe
"Ich bin einfach da und höre zu"

- Florian Meingast (33) ist in Wels-Land als Schulsozialarbeiter für vier Schulen zuständig.
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Florian Meingast (33) ist Schulsozialarbeiter im Bezirk Wels-Land und fix an vier Schulen. Was den Job ausmacht, was die Jugend so bewegt und was die Herausforderungen sind, das erzählt er MeinBezirk.
WELS-LAND. "Das Angebot ist präventiv und freiwillig, sprich: Die Schüler kommen zu mir", sagt Florian Meingast. Das sei der Kerngedanke seiner Tätigkeit. Seit acht Monaten ist er Schulsozialarbeiter. Zusammen mit zwei Kollegen ist er bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land stationiert. Im vorigen Schuljahr waren sie für zwölf Schulen, 132 Klassen und insgesamt 2.645 Kinder und Jugendliche zuständig – von Volks- über Mittel- bis Polytechnische Schule.
Einmal in der Woche ist Meingast fix an jeweils einer seiner vier Schulen. Ist in den Klassen und Gängen unterwegs und bietet den Kids sein Ohr. Zum Zuhören. Zum Rat geben. "Das reicht von ersten Streitigkeiten mit anderen Schülern in der Volksschule über die erste Schwärmerei und den ersten Liebeskummer in der Mittelschule bis hin zu Drogenthematiken, psychischen Problemen, Gaming-Sucht und Übergriffen, ob in der Familie oder unter Schülern. Die Palette ist wahnsinnig breit."
"Authentisch sein"
Und das Angebot werde gut angenommen. "Es kommt aber darauf an, wie man wirkt. Ob man authentisch ist, ob man mit ihnen mitschwimmt. Alles andere lassen dich die Kinder und Jugendlichen schnell spüren." Allen recht machen könne und wolle man es ohnehin nicht. Am Anfang habe es sowieso leichte Skepsis gegeben, in der gesamten Schulfamilie. "Schule ist ein bestehendes, eigenes Ökosystem, da fragt sich natürlich jeder: Wer kommt da? Was will der jetzt?". Aber Meingast habe sich das Auskommen mit Lehrern, Eltern und Schülern erarbeitet. "Man muss Vertrauen auf allen Ebenen aufbauen."
Wenn es richtig läuft, dann ist er der erste Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen – fernab der Familie, fernab der Freunde. Es brauche aber viel Beziehungsarbeit. "Es passiert nicht von heute auf morgen, dass ein Schüler von seinen intimsten Erlebnissen erzählt, vor allem, wenn sie schwerwiegend oder traumatisierend sind."
"Müssen viel verarbeiten"
Was treibt nun die Jugend um? "Ich denke, dass in Zeiten von Social Media die Kinder und Jugendlichen heute im Vergleich zu meinen Eltern, beide Mitt-60er, viel mehr mitbekommen. Und deshalb auch mehr verarbeiten müssen. Und das oft aber nicht können, weil sie teilweise sehr jung sind." Wenn dann noch Herausforderungen im schulischen oder familiären Umfeld hinzukommen, sei das keine gute Mischung. Neben der Reizüberflutung gibt es natürlich auch noch Schönheitsideale und Vorgaben aus Instagram & Co, unter denen Kids auch leiden. "Da wird ein Idealbild vorgelebt, das es in der Realität nicht gibt. Wenn man sich daran misst oder von anderen gemessen wird, gibt es junge Menschen, die damit kämpfen." Depressionen kommen dann ebenso vor, wie Bulimie oder Magersucht. "Jeder geht anders um mit den Herausforderungen, mit den Problemen." Manche machen es mit sich selbst aus, manche suchen dann Hilfe, öffnen sich – "es ist so facettenreich, kein Tag ist wie der andere, weil kein Kind, kein Jugendlicher ist wie der andere."
"Hilfe ist manchmal Tabuthema"
Als Schulsozialarbeiter ist Meingast neben den Lehrkräften eine der ersten Anlaufstellen. "Und eine der Hauptaufgaben ist das Vernetzen, das heißt, wenn mir jemand sein Leid klagt, auch weiterführende Hilfe anbieten zu können." Das mit der Hilfe sei jedoch oft nicht so leicht. "Wenn der Schüler nach Hause kommt und sagt, 'Hey, mit dem Flo kann ich gut', dann ist oft der Weg bereitet zu den Eltern." Und andersherum. Aber es gebe auch Familien, für die es auch heute noch ein Zeichen von Schwäche sei, um Unterstützung zu fragen – oder sie zuzulassen, "weil es ein Tabuthema ist, mit Scham behaftet oder Skepsis da ist".
Grundsätzlich habe Meingast Schweigepflicht – mit Ausnahme von sexuellen Übergriffen und Gewalt innerhalb der Schule oder in der Familie. Ansonsten sei sie absolut, außer, das Kind erlaube oder bitte, mit den Eltern oder anderen Personen zu reden. "Ich bin einfach da und höre zu. Und das schönste Erlebnis ist jedes Mal, wenn ein Schüler, Lehrer, Elternteil kommt und sagt: 'Einfach danke, dass du da bist'."


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