Krieg in der Urkaine
„Ich hab die ganze Zeit einfach nur geweint“

Seit 2013 lebt Viktoriia Riedler in Österreich. Ihre Freunde und Familie befinden sich aktuell noch im Kriegsgebiet. | Foto: BRS
  • Seit 2013 lebt Viktoriia Riedler in Österreich. Ihre Freunde und Familie befinden sich aktuell noch im Kriegsgebiet.
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Die gebürtige Ukrainerin Viktoriia Riedler (36) erzählt im Gespräch mit der BezirksRundSchau, wie Familie und Freunde den Kriegsausbruch erleben.

WELS, CHARKIW. „Am Donnerstag um fünf Uhr früh wurden meine Eltern und Freunde von Schüssen aus dem Schlaf gerissen“, so die Ukrainerin im Gespräch mit der BezirksRundSchau. Bevor sie 2013 nach Österreich kam, lebte sie in Charkiw, einer Stadt, die nur wenige Kilometer von der russischen Grenze entfernt liegt. Einer Stadt, durch deren „Straßen Panzer rollen“ und in der nun „einige der Häuser, in denen vor Kurzem noch Menschen ihr Zuhause hatten“, zerstört wurden. Viele suchten laut Riedler in den U-Bahn-Stationen Schutz. In der Frühe habe es kein Wasser gegeben, Autos konnten nicht getankt werden und auch Einkaufen sei schwierig gewesen.

„Niemand sah das kommen“

„Wie schon 2014 konnte niemand realisieren und glauben, was passiert ist“, so Riedler. Sie selbst sei geboren worden, als die Ukraine noch Teil der Sowjetunion war. „Die Ukraine hat im Zweiten Weltkrieg gemeinsam mit den Russen gegen die Deutschen gekämpft“, sagt die 36-Jährige. „Dass uns unsere Nachbarn, unsere Brüder sozusagen, 2014 attackiert haben und jetzt erneut, das können viele Leute einfach nicht verstehen oder gar akzeptieren.“ Niemand habe die aktuelle Eskalation kommen sehen. „Ich habe gestern die ganze Zeit einfach nur geweint“, sagt die zierliche Frau und Tränen glänzen in ihren Augen. „Wir Ukrainer sind sehr friedliche Menschen. Alles, was wir wollen, ist, in Ruhe gelassen zu werden.“

„Meine Familie will bleiben“

Viktoriias Familie will trotz der gefährlichen Lage nicht aus Charkiw flüchten: „Sie sind sehr mutig und haben lange für ihr Zuhause gearbeitet. Das wollen sie jetzt natürlich nicht aufgeben.“ Ihre Großeltern seien beide über 80 Jahre alt und wollen die Stadt ebenfalls nicht verlassen. „Meine Großmutter kam 1934 zur Welt, als in der Ukraine großer Hunger herrschte. Sie hat Krieg erlebt“, sagt Riedler. Und jetzt müsse sie den nächsten durchstehen „Wieso können die beiden nicht einfach in Ruhe alt werden.“ Auch alle ihre Freunde und andere Verwandte seien von den russischen Angriffen betroffen. „Meine Schwester lebt in Berdjansk, auch dort wurde geschossen.“

„Ich habe Angst um meinen Vater“

Das Thema Flucht sei schwierig: „Einige meiner Freunde haben Verwandte in Europa. Die können dort Unterschlupf finden“, erzählt die Ukrainerin. „Aber was ist mit denen, die niemanden haben?“ So ergehe es auch einer ihrer Freundinnen. „Wo soll sie den mit ihrer Familie hin? Darum denke ich, dass viele so lange wie möglich hier bleiben werden.“ Sie werden wohl genauso wie ihre Eltern erst dann flüchten würden, wenn ihr Zuhause zerstört werde. Und Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren dürfen aktuell die Ukraine sowieso nicht verlassen. Riedler sorgt sich, dass ihr Vater vielleicht zum Kriegsdienst einberufen wird: „Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen, ich weiß nicht, ob er einrücken muss“, sagt sie. Neben der Gefahr hätte es auch schwere Folgen für ihre Mutter. „Sie ist teilweise gelähmt und braucht meinen Vater.“

Von einem Tag zum nächsten

Zu ihrer Familie und Freunden hat sie regelmäßig Kontakt: „Als das alles passiert ist, habe ich natürlich alle angerufen“, so die 36-Jährige. „Es ist so tragisch. Man telefoniert und weint gleichzeitig.“ Bis jetzt gehe es allen gut und niemand sei verletzt. Ihren Vater habe sie darum gebeten, sich täglich bei ihr zu melden, um sie auf dem Laufenden zu halten. „Wenn ich mit ihnen spreche, versuche ich alles zu sagen, weil ich Angst habe, dass es das letzte Mal sein könnte. So arbeite ich mich von einem Tag zum anderen.“

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