"Venus von Wels"
Wirbel um "Nazi-Kultobjekt" in Wels
Prosteste gegen die neue bronzene Venus-Figur in der Fußgängerzone. Sie soll auch ein Nazi-Kultobjekt gewesen sein.
WELS. In Wels hat man Probleme mit der römischen Venus: Schon in der Vergangenheit gab es Aufregung um die Darstellung der Göttin – weil sie von den Nazis instrumentalisiert wurde. Nun ist ein 1,25 Meter hoher Bronzeabguss einer römischen Venus-Statue unweit des Stadtplatzes aufgestellt worden. Und wieder gibt es Proteste.
Zur Vorgeschichte
1917 grub ein Bauer eine 15 Zentimeter hohe Venus-Statue aus der Römerzeit in Gunskirchen aus. Sie steht noch heute im Stadtmuseum Minoriten. Die Nazis machten sie zum Kultobjekt – wie die Welser Initiative gegen Faschismus vermutet wohl, weil sie dem "Rasseideal" entsprach. Kleine Nachbildungen wurden an verdiente Größen des Dritten Reiches verliehen, "darunter auch Hermann Göring, damals Pate von Wels“, so Günter Kalliauer, früherer Leiter des Stadtarchivs.
Auch eine große Nachbildung wurde von den Nazis angefertigt, sie stand lange am Messeareal. Der damalige FPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Wieser wollte sie 2010 vor dem Kulturzentrum Herminenhof wieder aufstellen, nach Protesten wurde das aber abgeblasen.
Zusatztafel gefordert
Jetzt ist wieder eine Venus aufgetaucht, diesmal in der Fußgängerzone. Es handelt sich definitiv nicht um die Nazinachbildung vom Messegelände. Doch die Geister scheiden sich an ihr.
"Ich wurde nicht einmal eingebunden in die Aktion", so Kulturstadtrat Johann Reindl-Schwaighofer (SPÖ). Die neue Statue beziehe sich eindeutig auf das römische Vorbild. Doch sie sei von den Nazis missbraucht worden, dass müsse auf einer Zusatztafel vermerkt werden. „Da höre ich aber, dass sich die FPÖ weigert, das zu tun.“ Deshalb müsse die Statue wieder verschwinden. "Diese Statue mit dieser Geschichte in Wels geht einfach nicht." Überall in der Welt würde bei so einer Vorgeschichte entsprechend agiert.
Auch die ÖVP bezieht hier klar Position: "Wie bei jeder Statue im öffentlichen Raum gehört auch bei der 'Venus von Wels' eine Erklärung beziehungsweise ein Hinweisschild angebracht", sagt Spitzenkandidat Andreas Weidinger. "Der Hinweis auf den Ursprung dieser Venus und seine durchaus belastete Geschichte fehlt eindeutig."
Liebe zur Römerzeit
Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) sieht auch keinen Grund, die Statue zu entfernen oder eine Zusatztafel anzubringen. „Die Venus zeigt uns, wie wichtig Wels in der Römerzeit war und wie alt die Geschichte unserer Stadt ist. Sie nun im öffentlichen Raum lebendig werden zu lassen, ist ein weiterer Schritt, Kunst für alle sichtbar zu machen“, so Rabl in einer Aussendung. Im ORF betont er, dass es eine völlig andere Statue sei, als diejenige, „die an Göring oder andere verschenkt worden ist“. Die Gegner der Statue würden Geschichtsfälschung betreiben. Eine Zusatztafel lehnt Rabl ab, „weil diese Statue mit dem NS-Regime rein gar nichts zu tun hat“.
"Entbehrlich"
Raindl-Schwaighofer lässt die Liebe zur römischen Zeit nicht gelten: "Es gibt eine Statue des römischen Geistes Lar, die lange in der Stadt stand." Sie könne restauriert und wieder aufgestellt werden, da gab es bisher aber auch keine Bereitschaft dazu.
Für Thomas Rammerstorfer von den Grünen sei eine Auseinandersetzung mit der Römerzeit sehr wohl wünschenswert, "aber die grottenschlechte Venus-Nachbildung ist entbehrlich." Sie sei "jedenfalls kein ernsthafter Beitrag zum Thema und bringt Wels wieder mal Negativ-Schlagzeilen."
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