Johanna Constantini
"Abseits" – aus der Sicht einer Tochter

"Ein Papa-Tochter-Schnappschuss" nennt Johanna Constantini dieses Bild mit ihrem Vater Didi. "Gemeinsame Momente schätzen wird sehr." | Foto: privat
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„Für die, die nicht mehr hinausgehen!“, so der ehemalige Fußballnationaltrainer Didi Constantini zu diesem einfühlsamen Bericht über seine Demenz. Tochter Johanna Constantini schildert in ihrem vor kurzem erschienenen Buch "Abseits" das „Demenz-Drama“ des einst gefeierten Stars der Sportwelt mit großer Ehrlichkeit und Wertschätzung.

Die Neuerscheinung hat bereits medial größte Anerkennung gefunden. Nicht nur auf den Sportseiten, sondern beispielsweise auch bei "Krone"-Starkolumnist Michael Jeannee, der seinen Kommentar mit der Feststellung "Didi Constantini hat eine wundervolle Tocher" abschloss und somit höchste Wertschätzung treffend zum Ausdruck brachte.
Johanna Constantini hat uns zwei Passagen aus unterschiedlichen Kapiteln zur Verfügung gestellt.

Der Unfall

In einer Zeit von Smartphones und Social Media ließ natürlich auch das erste Unfallbild nicht lange auf sich warten. Da sich die Medienberichte nur so überschlagen hatten – der Unfall lag immer noch erst wenige Stunden zurück –, bemühte ich mich um eine mediale Richtigstellung auf unserer eigenen Facebook-Seite.
Und zwar auf der Seite, auf der sich ansonsten nur Bilder von fußballbegeisterten Kindern finden, die eines der vielen Nachwuchscamps besuchen, wie sie mein Papa seit knapp zwei Jahrzehnten veranstaltet.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als er mit jenen Camps erstmalig startete. Kurz zuvor, es war das Jahr 1998 gewesen, hatten wir einige Monate in Ober-Olm bei Mainz gelebt. Papa hatte den deutschen Erstligisten FSV Mainz 05 im September des Vorjahres unter Präsident Harald Strutz übernommen und bei der Pressekonferenz, danach gefragt, was er denn mit der Stadt am Rhein verbinde, schlichtweg mit „Helau“ geantwortet. Eine Finanzkrise, schlechte Trainingsbedingungen und die schier ausweglose Suche nach leistbaren Spielern hatten Papa, der auch bei den Deutschen als „personifizierte Furchtlosigkeit“ bekannt war, nicht abgeschreckt. Neben dem heute als Erfolgstrainer im internationalen Fußball geltenden Jürgen Klopp hatte er dabei auch seine übrigen Kicker großteils auf seiner Seite. In Zeitungsberichten von damals ist sogar nachzulesen, dass er die Profis dazu ermutigen konnte, in eigens organisierten Fahrgemeinschaften zu den Auswärtsspielen zu reisen, um das Geld für den Mannschaftsbus in die dringend benötigten Ersparnisse des Vereins einzahlen zu können. Eindeutig bestätigen konnte mir diese Episoden zwar auch Harald Strutz (der insgesamt 29 Jahre lang, von 1988 bis 2017, Präsident des Sportvereins 1. FSV Mainz 05 gewesen ist) heute nicht mehr, doch halte ich es für ohne Weiteres vorstellbar, dass Papa derartige oder ähnliche „Sparmaßnahmen“ einzuführen wusste.
Geholfen hatten auch jene durchaus unkonventionellen Methoden dem Verein am Ende zu wenig, und nachdem die Mannschaft seines Erachtens zu häufig unentschieden gespielt hatte, war es damals Papa selbst gewesen, der dem Präsidenten gegenüber schließlich meinte: „Woast, i mag euch wirklich. Und deswegen müssts ihr jetzt den Trainer wechseln.“ Ein Eingeständnis, das Harald Strutz bis heute imponiert, wie er mir gegenüber bestätigte. Nach einer Saison war jedenfalls Schluss mit Papas Tätigkeit im Nachbarland und unser Weg führte uns zurück nach Mutters in Tirol. (...)

Didi und Johanna Constantini in einem der Fußballcamps, in dem unzählige Talente gefördert wurden. | Foto: privat
  • Didi und Johanna Constantini in einem der Fußballcamps, in dem unzählige Talente gefördert wurden.
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Herausforderung

Auch wenn er Spaß daran fand, jene ehrgeizigen Kids zu coachen, die immer zahlreich zu den landesweiten Camps erschienen, seine Freude am Fußball nahm mit der Zeit nach und nach ab. Auch seine Auftritte in der Öffentlichkeit wurden weniger, sein Interesse, zu angefragten Themen öffentlich Stellung zu beziehen, schwand zunehmend.
Kein Wunder, dass auch das Interesse der Medien an seinen Stellungnahmen bald nachließ. „Alle rufen dich an, und plötzlich ruft dich niemand mehr an“, erinnere ich mich an seine Worte einige Jahre nach seinem Karriereende.
An unserem Familienleben nahm Papa zwar weiterhin teil, doch seine Lust- und Antriebslosigkeit waren nicht mehr zu übersehen. Neue berufliche Herausforderungen, das Mitverfolgen der aktuellen Fußball-Geschehnisse im Fernsehen und live im Stadion oder auch Freizeitaktivitäten mit Freunden konnten ihn nicht mehr begeistern. Seine Freudlosigkeit machte sich bald in allen Lebensbereichen breit – und dies stellte uns vor so manche Herausforderung.

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