6. Juli 2016: Geltungsdrang statt Solidaritätsbekundung?
Lieber Michael Jeannée,
ich teile die Trauer der Polizei um den 23-jährigen Kollegen. In der Tat zu jung zum Sterben. Mein herzliches Beileid gilt der Familie. Der Fall ist tragisch.
Nun, Herr Jeannée, gibt es natürlich wieder Post von Ihnen in der "Kronen Zeitung" zum Thema. Ich verstehe: Sie müssen polarisieren, müssen den "Gutmenschen" ausrichten, was in Ihrer Welt nicht alles schief läuft. Sie schaffen es gekonnt, Ihren Geltungsdrang als Solidaritätsbekundung mit der Polizei zu verpacken. Chapeau!
Zwischen den Zeilen liest man freilich was anderes. Auge um Auge steht dort geschrieben, ungeachtet des zivilisatorischen Fortschritts. Im Kontext des tragischen Verbrechens von Penzing den schlimmsten Sager Ihrer Karriere auszupacken, ist – mit Verlaub – das Allerletzte. Wer alt genug ist zum Einbrechen, ist auch alt genug zum Sterben? Mit diesem furchtbaren Satz wollen Sie die Tötung eines 14-jährigen Burschen durch einen Polizisten verteidigen. Ein Einbrecher, auf der Flucht niedergeschossen. Gut, auch Polizisten sind nervös und Fehler passieren. Der Beamte musste sich dafür vor dem Staatsanwalt rechtfertigen. Rechtsstaatlichkeit nennt sich das.
In diesem Rechtsstaat ist es eben nicht erlaubt, dass Polizisten wegen jeder Bagatelle die Waffe ziehen. Dafür werden Sie trainiert. Der Rechtsstaat unterscheidet den Polizisten als Träger des staatlichen Gewaltmonopols nämlich maßgeblich vom Verbrecher. Exekutive und Verbrechen wiegen sich eben nicht nach dem Talionsprinzip auf. Nein, die Exekutive hat eine moralisch höherwertige Aufgabe. Fairplay ist das natürlich keines, die Verbrecher müssen sich nicht an Regeln und Gesetze halten. Aber in welche Gesellschaft driften wir ab, wenn für Polizisten Selbiges gelte?
Der verstorbene Polizist wurde überrascht und von einem knallharten Gangster erschossen. Hätte er überhaupt die Chance zum Feuern gehabt, hätte er sie vermutlich genutzt. Selbstverständlich wäre das verhältnismäßig und legitim gewesen. Leider war der Falsche schneller.
Doch sind es keineswegs die Verbrecher, die die rechtsstaatliche Ordnung in Frage stellen – Verbrecher arbeiten seit jeher gegen das Gesetz. Vielmehr sind es leider prominente Meinungen wie die Ihre, die an den Grundpfeilern der Zivilisation rütteln.
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