"Where are all the Wirtn gone?"
WIENER NEUSTADT/BEZIRK (werf, pz). Das gute alte Dorfwirtshaus mit Stammtisch und fixer wöchentlicher Schnapserrunde stirbt aus. Seit dem Jahr 2010 hat in Niederösterreich mehr als jedes zehnte Gasthaus seine Pforten für immer geschlossen. Ein Bezirksblätter „Lokal-Augenschein“ im wahrsten Sinne des Wortes.
Sank die Zahl der Wirtshäuser in den vergangenen sieben Jahren von 112 auf 85, ist Ende des Frühlings mit dem Aus für das Wirtshaus Xaver ein Innenstadt-Lokal mehr verwaist. Xaver Paur wirft das Handtuch. "Ich habe mir drei Jahre für meinen Traum gegeben. Aber es ist ausgeträumt. Ich musste einsehen, dass ich finanziell nicht davon leben kann und da ich erhobenen Hauptes mein eigenes Lokal verlassen will, sperre ich mein Wirtshaus zu", erklärt Paur seine Entscheidung.
Die Gründe sind vielschichtig. "Ich habe viele Fehler gemacht, das gebe ich offen zu. Dazu stehe ich auch, aber natürlich kamen auch Umstände hinzu, die ich nicht beeinflussen konnte", begründet Paur. "Man muss vor der eigenen Tür zuerst kehren, aber hie und da einen Blick auf die Straße werfen." Prinzipiell sieht er einen Missstand im niedrigen Preislevel der Gastronomie. "Es bedarf eines Umdenkens bei den Menschen. Speisen und Getränke sind viel zu billig und wenn da nicht an der Preisschraube gedreht wird, werden noch mehr klassische Wirte wegsterben. Regionalität fängt eben auch beim Wirten an", meint der Gastronom aus Leidenschaft.
Hans Fromwald, Wirtesprecher der Wirtschaftskammer und selber Gastronom in Bad Fischau, führt das Wirtesterben auf mehrere Faktoren zurück: "Die Jugend ist nicht bereit, sich in dieser harten Branche aufzuopfern, was zu einem echten Nachwuchsproblem führt."
Zu viel Bürokratie
Das umstrittene und momentan heiß diskutierte Rauchergesetz trägt auch nicht sehr viel zum Erhalt mancher Gasthäuser bei, am problematischsten sei aber, so Fromwald, die "Überbürokratisierung". "Es sind nicht alle Gastrobetriebe gleichberechtigt, manche sind gleicher...", sagt Fromwald mit einem Schmunzeln. Die Bezirkshauptmannschaft soll der Bürokratie ein Ende setzen. "Jetzt ist Handlungsbedarf", skizziert Fromwald den Ernst der Lage, meint aber hoffnungsvoll: "Das Image der Wirte ist gestiegen, die echten Kämpfertypen werden überbleiben."
Zur Sache
Das Wirtesterben in Stadt und Bezirk ist statistisch belegt: Waren es 2010 noch 112 Wirtshäuser bzw. Restaurants, so waren es 2015 nur noch 104 und mit aktuellem Stand 85. Weitere 41 Konzessionen (davon 14 für Restaurants) sind momentan ruhend gestellt.
Kleine Gasthöfe mit höchstens acht Betten gibt es nur 5, reine Espressobetriebe, also kleine Beisln nur 6, reine Kaffeekonditoreien nur 7.
Bei den Diskotheken schaut es übrigens gar nicht so schlecht aus: 33!
Info: Wirtschaftskammer
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