Stöger: "SC Wiener Neustadt ist große Überraschung"
Der frühere SC-Coach spricht im Bezirksblätter-Interview über seinen Erfolg mit dem 1. FC Köln, der derzeit in der deutschen Bundesliga auf Europacup-Kurs liegt, über das ungleiche Duell zwischen RB Leipzig und Bayern München und die Entwicklung seines Ex-Klubs SC Wiener Neustadt unter René Wagner.
Bezirksblätter: Die bisherige Saison des 1. FC Köln war sehr erfolgreich. War das in der Art und Weise zu erwarten?
Peter Stöger: Ganz so war es nicht zu erwarten. Letztes Jahr sind wir 9. geworden, das war die beste Platzierung seit 24 Jahren. Wir haben gesagt, dass wir das wiederholen möchten, wenn möglich sogar verbessern. Wir wissen, dass das schwer ist, weil viele Mannschaften wirtschaftlich ganz andere Möglichkeiten haben. Momentan schaut es so aus, als ob wir die letzte Saison noch übertreffen könnten, aber dass wir jetzt schon so viele Punkte haben, ist doch ein wenig überraschend.
Was sind die Gründe dafür, dass es momentan noch besser läuft als in der vergangenen Saison?
Die Mannschaft hat wieder mehr Bundesligaerfahrung, dadurch kommt ein gewisses Maß an Routine dazu. Wir haben gute Jungs dazugeholt, die gut in unseren Kader passen. Und wir haben das eine oder andere Mal den Faktor Glück auf unserer Seite gehabt, was letzte Saison weniger der Fall war.
Letztes Jahr haben Sie als mittelfristiges Ziel einen einstelligen Tabellenplatz genannt. Bleibt das gleich oder hat sich das geändert?
Eine einstellige Platzierung wäre wieder sehr gut, einstellig kann ja auch Rang 6 bedeuten. Aber dafür ist die Saison noch zu kurz, die ganz wichtigen Spiele kommen dann in März, April und Mai. Da wird man sehen, ob man diese Spiele gewinnen kann, auch gegen Gegner, für die es vielleicht um den Meistertitel oder um den Abstieg geht.
Gibt es in Köln viele, die schon vom Europacup träumen?
Sehr viele.
Ist das nicht eher kontraproduktiv?
Nein, die Leute in Köln stehen so zu diesem Klub, und das ist das, was sie sich wünschen würden. Ich kann nicht sagen, dass es verboten ist, davon zu träumen, wenn wir in der Tabelle auf Rang 4 - 6 stehen, aber das entscheidende ist, sich als Trainer oder Sportler davon nicht blenden zu lassen, sondern einen realistischen Blick darauf zu haben. Aber ich finde es super, wenn die Fans davon träumen, weil es zeigt ja auf der einen Seite, dass das viel Spielern zugetraut wird und auf der anderen Seite, dass man mit viel Herzblut hinter dem Klub steht.
Ein anderes Thema: Wie intensiv verfolgen Sie den österreichischen Fußball von Köln aus?
Ich schaue natürlich alles, was ich schauen kann. Ich bin schon gut informiert.
Der SC Wiener Neustadt liefert mit relativ bescheidenen Mitteln regelmäßig gute Leitungen ab. Ist das, wenn auch in einem anderen Maßstab, mit dem 1. FC Köln vergleichbar?
Schon in der Bundesliga war es schwer für Wiener Neustadt, und wie es sich dann nicht mehr ausgegangen ist, habe ich mir gedacht, dass es auch in der zweiten Liga schwer werden wird, in dieser Liga etwas wirtschaftlich und sportlich etwas auf die Beine zu stellen. Aber sie haben das super hingebracht. Mein ehemaliger Teamkollege René Wagner macht für mich, aus der Distanz betrachtet, einen außergewöhnlich guten Job und das freut mich. Ich weiß nicht, ob man das mit Köln vergleichen kann, aber es ist für mich doch eine große Überraschung, dass Wiener Neustadt sich so souverän in der Mitte festsetzen kann und auch wie sie Fußball spielen, finde ich richtig gut.
Noch eine abschließende Frage: Leipzig ist ja derzeit deutscher Tabellenführer. Glauben Sie, dass die Bayern heuer vom Thron gestoßen werden?
Ich glaube nicht, weil wenn Bayern 2 oder 3 Spiele nicht optimal absolviert, ist es normal, dass sie überholt werden. Normalerweise sollte das Dortmund sein, jetzt ist es halt Leipzig, weil sie es außergewöhnlich gut machen. Aber für Bayern ist das schon eine richtige Krise, und sie sind trotzdem nur 3 Punkte hinter Leipzig. Kaum eine Mannschaft hat keine kleine Krise im Laufe einer Saison, und wenn die Bayern ihre Krise jetzt schon haben, wird es schwer für die anderen Teams. Aber natürlich ist für Leipzig einiges möglich, wenn sie es so durchziehen können.
Danke für das Interview
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