Aus dem bewegten Leben eines Sportreporters

ORF-Sportreporterlegende Sigi Bergmann im Kreise der Kulturverantwortlichen der Stadt Bruck. | Foto: Stadt Bruck
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Sigi Bergmann zählt unbestritten zu den bekanntesten und profiliertesten
Sportkommentatoren Österreichs. Der heute 77-Jährige war bei 20 Olympischen Spielen als Reporter im Einsatz, begleitete 3.500 Boxveranstaltungen und bereicherte zahlreiche Fußball-Weltmeisterschaften mit seinen ausgeschmückten Kommentaren. Bis 1992 moderierte der ausgebildete Opernsänger und promovierte Historiker außerdem die bis dahin erfolgreichste Sportsendung im ORF: Sport am Montag. 17 Jahre und 819 Sendungen lang gaben sich nationale und internationale Sportgrößen die Klinke in die Hand und ein Millionenpublikum schaltete ein. „Das war mein Lebenswerk. Dass die Sendung eingestellt wird, habe ich aus der Zeitung erfahren“, meinte Bergmann, und fügt nüchtern hinzu: „Aber das ist beim ORF eben einmal so.“
Um, wie Bergmann sagt, den Kampf gegen das Vergessen nicht zu verlieren, brachte das TV-Urgestein seine Erlebnisse aus fünf Jahrzehnten als Sportreporter zu Buche. Keine bekannte Sportpersönlichkeit, die Bergmann nicht zumindest einmal vor seinem Mikrofon gehabt hätte. Die Liste seiner Interviewpartner ist lang, die Fragestellungen legendär. So gar nicht
klar kam Bergmann in Zeiten des DDR-Regimes, als man von ihm verlangte, die Fragen vorab abzuliefern. „Das war mir zutiefst zuwider“. Ähnliches widerfuhr ihm 1984 anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Los Angeles bei einem Fernsehinterview mit Arnold Schwarzenegger. Der Hollywoodstar nahm seine Fragen gleich selbst mit und als Bergmann sich nicht ans „Drehbruch“ hielt, warf Schwarzenegger die Videokassette einfach in den Pool. Derartige unterhaltsame Anekdoten bezog Bergmann unzählige in seine Lesung ein.
Die größte Bewunderung hegte Bergmann für den größten Boxer aller Zeiten, Muhammad Ali, dessen Kämpfe er viele Jahre lang moderierte. Bei der letzten Begegnung mit dem legendären Boxer bei den World Sports Awards 1999 in Wien, bei denen Ali als erfolgreichster Sportler des 20. Jahrhunderts ausgezeichnet wurde, erhob sich der von Parkinson schwer gezeichnete Ex-Boxer nach dem Gespräch mit Bergmann, nahm dessen Kopf in beide Hände und sagte mit gebrechlicher Stimme zu ihm: „Gott schütze dich.“ - „Das war mein Ritterschlag“, meinte ein sichtlich gerührter Bergmann.

Schicksalsschlag

In seinem Buch geht Sigi Bergmann aber auch ausführlich auf den schrecklichsten Tag seines Lebens ein, als seine Mutter gegen Ende des zweiten Weltkrieges von Nazi-Soldaten erschossen wurde. Im April 1945 flüchten die Bergmanns -– Mutter Elisabeth, die Friseurin aus dem steirischen Vorau, Großmutter Wilhelmine und der damals siebenjährige Sigismund – vor den anrückenden Russen in die wenige Kilometer entfernte Gemeinde
Schachen, in eine Dachkammer im Haus vom Roathofer-Bauern. An jenem Tag gerät das Gehöft im Morgengrauen in die Schusslinie von deutschen und russischen Truppen. Mutter, Sohn und Oma suchen Schutz in einer Scheune am Waldrand. Bergmann erinnert sich an ein „zitterndes Menschenknäuel, daran, wie die Mutter ihn und die Großmutter umarmt habe. Eine verwirrte deutsche Kugel trifft die Mutter in die Bauchhöhle, binnen weniger Minuten verblutet sie, das Kind im rechten Arm. Jahrzehnte später macht sich Bergmann auf die Suche nach dem Sterbeort, auch darüber schreibt er im Notizbuch.
Nach zweieinhalb Stunden ist die spannende und abwechslungsreiche Lesung vorbei. Die Besucher, darunter auch die ehemalige Sportgröße und langjährige Wegbegleiterin Bergmanns, Traudl Hecher, sind sich einig: Man könnte dem Mann mit der eindringlichen Stimme noch stundenlang bei seinen Erzählungen zuhören.

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