Bergweißbäuerin, Sulmtaler Dirndl, Mühlen-Peter und andere Erzähler

Der Tisch galt immer schon als Mittelpunkt des häuslichen Lebens. So wie auch in der Strutz-Mühle, wo Peter Fürbass, „Sulmtaler Dirndl“ Annemarie Stani, Autor Karl Oswald und Grafikerin Tanja Adam (v. r.) im Buch „zuwi zum Tisch“ blättern.
  • Der Tisch galt immer schon als Mittelpunkt des häuslichen Lebens. So wie auch in der Strutz-Mühle, wo Peter Fürbass, „Sulmtaler Dirndl“ Annemarie Stani, Autor Karl Oswald und Grafikerin Tanja Adam (v. r.) im Buch „zuwi zum Tisch“ blättern.
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Alte Geschichten rund um den Mittelpunkt der guten Stube

Im neuen Buch „zuwi zum Tisch“ von Karl Oswald kommen auch Maria Mally aus Großradl, Anna Raunjak aus Oberfresen und Peter Fürbass aus Unterfresen redselig zu Wort. Sie erzählen wie „Sulmtaler Dirndl“ Annemarie Stani und 23 weitere interessante Persönlichkeiten Geschichten aus ihrem Leben.

(jf). Am Tisch wurde früher gegessen und gearbeitet, um ihn herum versammelte man sich zum Beten und Feiern, unter ihm hielten Liebespaare heimlich Händchen oder versteckten sich Kinder, wenn ihnen abends die erzählten Geschichten gar zu gruselig waren. Autor Karl Oswald aus Heimschuh rückt den zentralen Ort des häuslichen Lebens und viele Geschichten, die sich rund um diesen abgespielt haben, in den Mittelpunkt seines neuen Buches „zuwi zum Tisch“. Mit Fotos, die Altertumswert besitzen, ist der Tisch für ein üppiges köstliches Lesevergnügen gedeckt...

Rund um den behäbigen Mittelpunkt des häuslichen Lebens

54 lange und kurze Lebensgeschichten – zum Schmunzeln anregend, nachdenklich stimmend und bisweilen tiefgehend berührend – haben Eingang in sein neuestes Buch „zuwi zum Tisch“ gefunden. Der Titel stellt gleich klar, dass der Tisch seit jeher als elementarer Mittelpunkt von Haus und Hof steht. Früher wurde der Einrichtungsgegenstand dieser Rolle noch weitaus mehr gerecht als heutzutage. Er diente als Anlaufstelle für die ganze Familie. Hier traf man sich nicht nur zum Essen und Trinken, sondern auch zum Beten und Feiern. Am Tisch wurden Kinder gewickelt und Werkzeuge repariert. Und abends wurde am Generationen verbindenden Punkt der Stube viel erzählt...
So wie im gerade erschienenen Koch-Lesebuch, in dem Karl Oswald zahlreiche Tätigkeiten (Krautschoabn, Grubenkraut machen) die mit dem Tisch in Zusammenhang stehen, beschreibt.. 27 Leute zwischen Feldbach und Leoben, von der Koralpe bis zur Teichalm haben ihm dafür jeweils zwei Lebensgeschichten zur Verfügung gestellt.

Lebensgeschichten und Kochrezepte werden aufgetischt

Die Geschichten handeln von der Bergweißbäuerin, vom Mayer-Vota, vom Adam in Schüsserlbrunn, vom Kochen und Wirtschaften, von Hausleut und Weinzerln, von Fensterlbuam, von Kraut und Ruabn, von Kriegseindrücken, vom Bockschauen, vom Himmel und dem lieben Geld.
Die Erzähler, das sind Bauern, Handwerker, Lehrer oder die fröhliche Musikerin Annemarie Stani, die man landauf, landab besser als eines der „Sulmtaler Dirndln“ kennt. In „Wer nicht hören will...“ gibt sie sogar Jugendsünden preis. Annemarie „beichtet“, wie sie unter einer riesigen „Fuatahiefl“ heimlich selbstgerollte Zigaretten aus Woazboat geraucht hat und welche List ihr eingefallen ist, um die Nachbarbuben von ihrer Hutsche (Schaukel) zu vertreiben...
Peter Fürbass, geboren 1940, aus Wielfresen berichtet in „Wenns heb regn...“ vom Mahlen und Fischen. Er weiß noch gut von der harten Arbeit auf den am „Roa“ gelegenen Bauernhöfen. Und auch, dass einst jeder größere Bauer eine eigene Mühle hatte. So hat er als Kind in seiner engeren Umgebung gleich 24 Mühlen und sechs Sägewerke gekannt. „Heute gibt es nichts mehr davon“. Tief greifend und bitter sind die Schilderungen eines Kriegsheimkehrers aus Leutschach. Ein Mann aus Leibnitz erzählt, wie er im Krieg bei einem Fliegerangriff schwer verwundet wurde und im Lazarett fürchterliche Fieberträume durchleben musste.
Der Untertitel „eingmocht – ohgmocht – hausgmocht“ deutet darauf hin, dass es in dem über 220 Seiten starken Buch auch ums Kochen geht. Viele der 150 Rezepte aus der traditionellen Küche stammen aus einer Zeit, in der Schmalhans oft Küchenmeister war. Bodenständige Gerichte von A wie Almraungerln über Bauernpfandl, Dickmilch, Falsche Forelle, Mohdakrapfen, Mostboggerl, Schwarzbeerboggerl, Semmelschmarren, Trichterkrapfen und Semmelschmarren bis Z wie Zwickknödel laden zum Nachkochen ein. Altüberlieferte Tipps zum Haltbarmachen von Obst, Gemüse, Fleisch werden ebenfalls gegeben. Erklärt wird das Ansetzen, Beizen, Einkochen, Einmachen, Einbraten, Selchen, Dörren und Trocknen. Verraten wird außerdem, wie man Maiwipferlsaft oder Russenkraut herstellt.
Erstaunlich ist, dass es in erster Linie junge Menschen waren, die Karl Oswald dazu motiviert haben, einfache Speisen unserer Ahnen quer durch den Gemüsegarten wieder aufzuwärmen. „In den vergangenen zwei Jahren bin ich immer wieder angesprochen und gefragt worden, wie die Leute früher dies oder jenes gemacht haben. Häufig sind es ganz einfache Dinge wie die Zubereitung von Fruchtmus oder Kompott.“
Acht der insgesamt 27 ErzählerInnen sind älter als 80, zehn sogar älter als 90 Jahre. Erna Poltnigg, 1912 in Breitenfeld bei Riegersburg zur Welt gekommen, ist die Älteste im Bunde. Sie steuerte die Beiträge „Großvaters Liebling“ und „Durchg’folln bin i“ bei.
Wie schon bei vorangegangenen Projekten hat Oswald auch diesmal die Erfahrung gemacht, dass bei seinen Recherchen sehr oft Zeit im Verzug ist. Ein Erzähler hat die Bucherscheinung nicht mehr erlebt...
„zuwi zum Tisch“ ist im guten Buchhandel oder unter 0664/1140876 erhältlich!

Foto: Josef Fürbass

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