Der Todesmarsch von April 1945

Das Denkmal an der Röthelbrücke erinnert nicht an die jüdischen Zwangsarbeiter, die am Todesmarsch ums Leben kamen. Die beiden Steine gedenken der Opfer an der Demarkationslinie zwischen den russischen und amerikanischen Besatzern.
  • Das Denkmal an der Röthelbrücke erinnert nicht an die jüdischen Zwangsarbeiter, die am Todesmarsch ums Leben kamen. Die beiden Steine gedenken der Opfer an der Demarkationslinie zwischen den russischen und amerikanischen Besatzern.
  • hochgeladen von Angelika Marianne Wohofsky

Während des Zweiten Weltkrieges waren jüdische Zwangsarbeiter für Arbeiten am Südostwall, einem Stellungs- und Befestigungssystem des Deutschen Reiches gegen die Rote Armee, eingesetzt. Gegen Kriegsende deportierte man diese ungarischen Juden ins Konzentrationslager Mauthausen. Der Transport führte über Graz in zwei Routen durch die Obersteiermark. Zwischen 1. und 17. April 1945 trieb man unter Bewachung durch SS, Gestapo und Volkssturm rund 7.000 Juden über den Präbichl und das Gaberl. Wer zu erschöpft war und nicht weiter konnte, wurde an Ort und Stelle erschossen und notdürftig im Straßengraben verscharrt. Während dieser 17 Tage gab man nur viermal Essen aus, weiß Alois Leitner, Historiker aus Hohentauern. Er erforschte die Quellen dieses Todesmarsches und veröffentlichte sie.

Zwei Transportrouten
Der Judentransport führte durch den Bezirk Liezen. Am 4. April brachen von Graz aus rund 6.000 Juden nach Leoben auf. Die Route führte über Eisenerz, Hieflau und Ennstal nach Steyr. Ziel: das KZ Mauthausen.
Die zweite Route ging über Graz-Liebenau nach Voitsberg, die Stubalpe nach Judenburg und Hohentauern nach Trieben und Liezen. Auch hier waren auf diesem Fußmarsch geschätzte 1.200 Juden in Richtung KZ Mauthausen unterwegs.

Würmer und Gras
Alois Leitner sprach mit Zeitzeugen, die ihm berichteten, dass die jüdischen Arbeiter, unter ihnen auch Frauen, barfuß und in Lumpen gehüllt "transportiert" wurden. Viele bettelten nach Essen. Doch das Wachpersonal unterband jegliche Hilfe von Außen unter Androhung des Erschießens. Zeitzeugen berichteten von halb verhungerten Menschen, die Würmer und Gras aßen. Und dass der "Judentransport" der Bevölkerung angekündigt worden war, man aber die Fenster zu verhängen und nicht zuzusehen hatte.
Überhaupt waren die Transportrouten so gewählt worden, dass man die Ortschaften umging.
Erschossen
"In Trieben wurden sie hinten, also bei der Pappenbude hin-untergetrieben", so ein Zeitzeuge. In einer Scheune in der Nähe der Röthelbrücke über die Enns von Selzthal kommend, hielt dieser zweite Transport für eine Nacht Station. Der Todestross verließ am 14. April 1945 Liezen in Richtung Pyhrnpass. 13 Erschöpfte blieben zurück, da sie wegen Verdacht auf Flecktyphus erschossen wurden.
Jener Transport über Eisenerz-Hieflau forderte rund 250 Tote. SA-Männer und Volkssturm schossen eine dreiviertel Stunde wahllos in die Menge. Den Tätern wurde nach dem Krieg der Prozess gemacht. An der Röthelbrücke steht heute ein Denkmal, welches jedoch nicht an die Opfer des Todesmarsches erinnert. Vielmehr erinnern diese beiden Denkmäler an die Opfer der Roten Armee und der US-amerikanischen Besatzer. Und an jene, die über die Demarkationslinie flohen. Die beiden Inschriften auf den Gedenksteinen, welche an der damaligen Demarkationslinie stehen, sind in lateinischer und cyrillischer Schrift verfasst. Das Denkmal in cyrillischer Schrift wurde schon 1945 errichtet. Das in lateinischer Schrift wurde 1990 aufgestellt.

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