Amstetten/Waidhofen
So schrieb ein Haager Flugpionier Geschichte
"Die unendliche Geschichte des Klemm Motorflugzeuges meines Großvaters Franz nahm im Österreichischen Luftfahrtmuseum Graz Thalerhof ein endgültiges glückliches Ende", erzählt Ewald Grabner aus Haag.
HAAG. "Wenn mein Vater Franz noch leben würde, wäre der jetzige Moment ein ganz besonderer für ihn. Sein größter Lebenstraum ist heute wieder auferstanden. Auch mich – seinen flugbegeisterten Sohn und seinem Enkelsohn Ewald – erfüllt das Ereignis mit großer Freude", so Wolfgang Grabner anlässlich des "Rollout".
Fluglehrer in St. Valentin
Franz Grabner kam im Jahr 1900 in Zell am See zur Welt. Den ersten Kontakt zur Fliegerei hatte er als Zehnjähriger, als ein Berliner Sommergast ein Modellflugzeug vorführte. 1914 erlebte er am Flughafen Aspern einen Flugtag, der große Begeisterung in ihm hervorrief. Mit 18 Jahren musste er zum k.u.k.-Militär einrücken und am Feldflugplatz Udine Wachdienst ausführen.
"Dabei war er von den startenden und landenden Flugzeugen derart begeistert, dass sein Entschluss endgültig feststand, selbst aktiver Flieger zu werden"
, erklärt Wolfgang Grabner. Nach dem 1. Weltkrieg lernte er die Brüder Waneck kennen, die 1925 in Linz eine Fliegergruppe gründeten und gemeinsam ein Vereins-Gleitflugzeug bauten. Dann begann er in Eigenregie den Bau eines eigenen Gleitflugzeuges. Dieses verkaufte er später und baute in der Folge drei weitere, immer bessere. In der Röhn machte er die A, B und C-Prüfungen. Dann war er sehr aktiv am Rohrberg in St. Valentin als Fluglehrer tätig und begeisterte viele Jugendliche für den Flugsport.
Haager Grothe-Wiese als Landebahn
Nach intensiver Segelflugerfahrung machte er bei der deutschen Luftfahrt-GmbH in Böblingen bei Stuttgart den Motorflugschein. Als Schulflugzeug wurde eine KLEMM verwendet. Mit dem Motorflugschein ausgestattet war es nun sein absolutes Ziel, ein eigenes Motorflugzeug zu besitzen und zu fliegen. Da er in Böblingen sowohl den Flugzeugkonstrukteur Hanns Klemm als auch den Motorkonstrukteur Ferdinand Porsche persönlich kennengelernt hatte, wollte er unbedingt ein Flugzeug, deren Väter die beiden waren. Über Umwege kam er zu dieser 2-sitzigen Klemm L20. Als Start- und Landebahn diente die Grothe-Wiese in Haag, der Ennser Exerzierplatz und der Flugplatz Katzenau, dem heutigen Gelände der Linzer Voest Alpine.
1945: Vom Flugzeug zum Boot für russische Besatzer
Nach dem Einmarsch von Hitler und Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde 1938 das private Fliegen verboten. Die KLEMM wurde abgebaut und die Teile bei verschiedenen Bauern versteckt. Im Jahr 1945 wurde Haag von den Russen besetzt. Anlässlich einer Razzia wurden die Flugzeugteile im Heustadel entdeckt. Um einer Bestrafung zu entgehen, wurden die Teile als „Boot“ deklariert.
"Die Russen nutzten den Rumpf deshalb in einem Teich zum Bootfahren. Dadurch wurde er so beschädigt, dass er nach Abzug der Russen und Freigabe der Zivilluftfahrt 1955 nur mehr schwer flugfertig zu reparieren gewesen wäre. Inzwischen tauschte mein Vater den Mercedes-Porsche Flugzeugmotor und Propeller gegen einen gebrauchten VW-Käfer von der Firma Mercedes Pappas Salzburg. Die Zelle der Klemm wurde in einer Holzhütte auf unserem Grundstück gelagert"
, sagt Wolfgang Grabner. 1987 erfuhren die Verantwortlichen des Grazer Flugzeugmuseums von der KLEMM. Am 9. November 1987 wurde sie in Haag abgeholt und nach Graz gebracht. Es war geplant, dass die KLEMM in der Flug HTBLA Eisenstadt im Rahmen von Lehrstunden überholt und wieder aufgerüstet werden soll. Weil die Baupläne abhanden kamen und der Fachlehrer in eine andere Schule wechselte, wurden die Arbeiten jedoch nie abgeschlossen.
Haager Flugzeug als Vorlage
"Als der Enkelsohn von Ferdinand Porsche, Ing. Ernst Piech bei der Firma Craftlab Pitten eine KLEMM L20 nachbauen ließ, diente die Klemm meines Vaters als Vorlage für den Nachbau. Der Erstflug erfolgte am 25. Juli 2020 in Wiener Neustadt. In der Zwischenzeit forschte ich nach dem Verbleib des Motors und Propellers. Er wurde dem Mercedes-Generaldirektor Professor Dr. Ing. Werner Niefer, Stuttgart zu seiner Pensionierung geschenkt.
Nach zähen Verhandlungen konnte ich Motor und Propeller zurückkaufen und dem Grazer Museum zur Verfügung stellen"
, erinnert sich Wolfgang Grabner. Nach einem weiteren Versuch die Renovierung der KLEMM in der Flugzeugwerkstatt Langenlebarn fortzusetzen, landete sie schließlich bei der Firma Craftlab Pitten, wo sie 2023 hochprofessionell endgültig fertiggestellt wurde. Und so ist es für die Familie Grabner eine riesige Freude, dass sie in einem Neuzustand wieder erstrahlt. Damit findet eine unendliche Geschichte ein glückliches Ende und die einzige Original KLEMM KL20 bleibt der interessierten Nachwelt erhalten.
"Es klingt fast wie eine Bestimmung, denn genau vor 100 Jahren wurde die L20 zum ersten Mal produziert. Also feiern wir gleichzeitig ein KLEMM-Jubiläum. In meinem Buch „Flugabenteuer – zwischen Wüsten und arktischem Ozean“, ist Vaters fliegerische Laufbahn und der Lebenslauf dieser L20 genau dokumentiert" sagt Wolfgang Grabner. Mehr dazu unter https://www.flugabenteuer.at/
Das könnte Sie interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.