Berührendes Zeitzeugengespräch in der BAfEP von Amstetten

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Die Zeitzeugin der 2. Generation, Fr. Judith Ribic, besuchte zum bereits 3. Mal die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik. Vor 76 SchülerInnen, LehrerInnen und dem Direktor erzählte sie davon, wie es ihr ging, als ihr Vater Ernst Reiter als Bibelforscher (wie Zeugen Jehovas damals genannt wurden) viereinhalb Jahre im Konzentrationslager Flossenbürg war.

„Man hätte eine Stecknadel fallen hören“ – so beschreibt Franz Michael Zagler, Pressesprecher des Vereins Lila Winkel, die Stimmung im Pfarrsaal. „Viele Geschichten rührten zu Tränen, wie z.B. jene der Leichenverbrennung im KZ. Eine Schicht Holz, eine Schicht Leichen, eine Schicht Holz… dann wurde Benzin darüber gegossen und angezündet. So vernichtete man 30.000 Opfer. Oder die Situation, die sich nach der Befreiung abspielte: Ernst Reiter, Vater von Fr. Ribic, musste erleben, wie Häftlinge zum 1. Mal richtiges Essen bekamen. Viele waren zu hastig, erlebten furchtbare Magenkrämpfe, wälzen sich vor Schmerzen am Boden und starben qualvoll. Niemand konnte helfen. Und so wurde ausgerechnet die Nahrung, die sie am Leben erhalten sollte, ihr Todesgericht.“
Selbst dem Dir. Mag. Christof Laumer kommen dabei die Tränen, wie er am Ende des 1 ½ stündigen Vortrags unumwunden zugibt – „obwohl schon 3mal gehört“ – wie er bemerkt.
Fr. Judith Rubic gelang es mit Ihrer Zeitzeuginbegleiterin Fr. Esther Dürnberger perfekt, den Bogen in die Neuzeit zu spannen. Die Botschaft lautete: „Lernt mit negativen Erlebnissen zu leben; es gibt keinen Schalter, um das Negative auszuschalten.“

Hr. Ernst Reiter, der 2006 im Alter von 91 Jahren starb, bleibt bei seiner Tochter als zufriedener, dankbarer, positiver und Lebensbejahender Mensch in Erinnerung. Selbst wenn er das einfachste Essen nach dem Krieg genoss, sagte er immer wieder: „Mir geht es so gut!“

Fr. Ribic schloss mit der Frage: „Wer kennt den Film Schindlers Liste?“

Viele Schüler melden sich. Dann erzählt sie folgende Begebenheit: „Als dieser Film, der über den Alltag im KZ berichtet, 1991 erschien, sah ich mir ihn mit meinem Vater an. Auf dem Nachhauseweg gab es ein langes Schweigen. Schließlich unterbrach ich die Stille mit der Frage: „Vati, willst du keinen Kommentar abgeben?“ Mein Vater sagte darauf nur einen Satz, aber der hatte es in sich: „Schön wär’s, wenn es SO gewesen wäre“, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass die Wirklichkeit um ein Vielfaches grausamer war.“
Nach dem Vortrag hatten die Schüler die Möglichkeit, ihre Gedanken in ein Gästebuch der Erinnerung zu schreiben. Hier ein paar Zitate:

„Eine der bemerkenswertesten Frauen!“ (Sonja zu Fr. Judith Ribic)

„Danke für Ihre Ehrlichkeit, danke, dass Sie die Geschichte Ihres Vaters weitererzählen! Die grausamen Taten, die den Menschen damals angetan wurden, dürfen NIEMALS vergessen werden. Hut ab vor Ihnen!“ (Sarah)

„Danke für die Bereitschaft uns Ihre Familiengeschichte zu erzählen! Sie haben es wirklich in einer eindrucksvollen Weise gemacht.“ (Viktoria)

Fr. Ribic präsentierte am Ende noch ein paar „Besonderheiten“ – handgezeichnete Szenen aus dem KZ von Häftlingen festgehalten. Wie z.B. jene:

Weihnachten im KZ. Die SS feiert mit Zigarren und Sekt. Zur Belustigung werden willkürlich ausgewählte Männer und Frau erhängt.

25 Schläge. Der Häftling musste laut mitzählen. Die SS erschwerte die Prozedur, indem sie das Tempo variierte. Verzählte sich der Häftling, wurde von neuem begonnen. Wer es nicht schaffte, die Muskeln nicht anzuspannen, quälte sich noch Wochen mit zerplatzter Rückenhaut herum, die sich nicht selten entzündete und zum Tod führte.

Das Beinahe-Ertränken. Zum Gaudium der SS wurden Häftlinge ausgewählt, die man mit dem Kopf in ein Wasserbecken tauchte – so lange, bis der Häftling bewusstlos war. Dann zog man den Kopf hoch, „belebte ihn wieder“, um ihn abermals in das Wasserbecken zu tauchen. Dieses Martyrium wurde solange wiederholt, wie es der SS beliebte.

All diese Gräueltaten sah Ernst Reiter mit eigenen Augen. Seine Tochter, Fr. Judith Rubic sieht es als ihre Aufgabe, seine Geschichte zu erzählen. Sie möchte über die Vergangenheit reden, um zu mahnen. Eine Zeit, in der Menschenrechte mit den Füßen getreten werden und rechtsradikales Denken Toleranz verdrängt, soll der heutigen Jugend erspart bleiben.

Wie passend, dass die PowerPoint Präsentation mit dem Satz endete: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“

Dazu braucht es Menschen, die ihre Überzeugung leben. Ernst Reiter verweigerte den Dienst mit der Waffe. Sein Motto war: "Durch mich wird keine Frau Witwe und kein Kind Waise!"

Fr. Judith Ribic (Bildmitte) mit Esther Dürnberger (links außen) und Dir. Mag. Christof Laumer (rechts außen) mit einigen SchülerInnen

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