Norbert Linsbichler (Liste Bad Vöslau):
"Ampelkreuzung statt Billa-Kreisverkehr wäre für Kinder sicherer"

- Norbert Linsbichler ist Verkehrsexperte der Neuen Liste Bad Vöslau
- Foto: LBV
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Die Liste Bad Vöslau (LBV) hat ihre Bedenken zur Kreisverkehrslösung im Zuge des Billa-Neubaues am Gerichtsweg (Ex-Lagerhaus) in einer Stellungnahme zusammengefasst und dafür 300 Unterschriften bekommen. Unter anderem geht es um die Sicherheit der Fußgänger, darunter viele Schulkinder. Wir haben mit dem LBV-Verkehrsexperten Norbert Linsbichler über den aktuellen Stand der Dinge gesprochen.
MEINBEZIRK: Derzeit ist an der Kreuzung Gerichtsweg/Wr. Neustädterstraße eine Ampel installiert. Fußgänger können gefahrlos bei Grün über die Straße, vier Zebrastreifen sind eingezeichnet. Das wird im Kreisverkehr dann vorerst nicht mehr so sein, wie bei einer Infoveranstaltung im Mai kundgetan wurde. Der Kreisverkehr liegt aber doch auf einem Schulweg, etwa zum Gymnasium Gainfarn. Und man will doch, dass Kinder vermehrt zu Fuß gehen und nicht mit dem Auto zur Schule gebracht werden. Ist so eine neue Verkehrslösung wirklich sinnvoll?
NORBERT LINSBICHLER: Schutzwege gibt es nur dort, wo die Frequenz an Fußgängern ausreichend groß ist. Das heißt, es muss Verkehrszählungen geben und diese müssten ergeben, dass genügend Fußgänger an einer bestimmten Stelle queren. Diese Frequenz muss außerdem in einem Verhältnis zum Autoverkehr stehen. Im geplanten Kreisverkehr sind vorerst lediglich Blockmarkierungen für den Radverkehr vorgesehen und es wird für Fußgänger Querungshilfen geben. Alles weitere sollen dann die Zählungen ergeben.
Nun ist der geplante Kreisverkehr ja eigentlich ein Wunsch von Billa und die Stadtregierung unterstützt den Konzern, der auch die Kosten für den Bau übernimmt. Die Stadtregierung spricht von einer Verbesserung der Verkehrssituation. Kann sich jeder Private seine Verkehrslösung bezahlen?
Es ist jedenfalls eine übliche Vorgangsweise. Private Bauwerber, die zum Beispiel einen Linksabbieger zu ihren Firmen brauchen, zahlen diesen zum Teil auch selbst. Natürlich aber nur mit Genehmigung der Verkehrsbehörde. Im Fall des neuen Billa wurden das Institut con.sens und das Planungsbüro Kosaplaner mit einer Studie und der Vorbereitung der Einreich-Unterlagen für den benötigten Kreisverkehr beauftragt. Die Pläne wurden bei einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt. Jetzt müssen sie aber noch von der BH Baden als Verkehrsbehörde bewilligt werden.
Sind aus den vorgestellten Plänen Verschlechterungen für den Fuß- und Radverkehr ablesbar?
Aus meiner subjektiven Sicht sind die Fußgängerübergänge bei der Ampelkreuzung eine etablierte und sichere Lösung, die auch Kindern durch die roten Fußgängerampeln klar signalisiert, wann sie in jedem Fall stehen bleiben müssen. Und genau aus diesem Blickwinkel, nämlich den von Eltern, deren Kinder bereits allein zur Schule gehen, halte ich eine Ampel-geregelte Kreuzung mit Schutzwegen auf jeden Fall für sicherer als eine Stelle, an der es keinen Schutzweg und nur eine Querungshilfe gibt. Mir sind auch bei der jetzigen Kreuzung keine Unfälle mit Fußgängern auf den Schutzwegen bekannt. Die Behörde wird hier abwägen, ob die Sicherheit für diese Kreuzung, die ja auch auf einem Schulweg liegt, gewährleistet werden kann.
Die Liste Bad Vöslau hat mehrere Bedenken zu dem Billa-Projekt am Gerichtsweg geäußert. Zum einen fürchtet man das Sterben der Nahversorgung im Zentrum, zum anderen auch die Verschlechterung der Verkehrssituation im Kreisverkehr. Werden diese Bedenken geprüft?
In Bezug auf den Kreisverkehr müssen hier in jedem Fall die öffentlich-subjektiven Rechte aller Betroffenen geprüft werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Zufahrten zu Privatgrundstücken von so einer Baumaßname betroffen sind. Dann muss das vorher rechtlich abgeklärt werden. Zum Tragen kommt hier das NÖ Straßengesetz, und da vor allem die Paragrafen 12 und 13, wo diese Themen geregelt sind. Neben den 300 Unterschriften für unsere Argumente kann es auch noch andere einzelne Stellungnahmen geben, die bei der Gemeinde eingelangt sind. Die Änderungen im örtlichen Raumordnungsprogramm - Voraussetzung für das Billa-Projekt - sollen im September-Gemeinderat beschlossen werden. Dabei müssen auch alle Stellungnahmen verlesen und behandelt werden.
Ist es Ihres Wissens schon einmal passiert, dass das Begehren eines Bauwerbers auf Änderungen in der Verkehrsführung abgelehnt wurde?
Das kann natürlich passieren, im Regelfall kommt das bei etablierten Planungsbüros allerdings nicht vor. Die Bauwerber reichen meistens gut durchdachte Pläne ein und gute Planungsbüros suchen entweder schon vor der Verkehrsverhandlung das Gespräch mit der Behörde oder kennen auf Basis ihrer jahrelangen Erfahrung die Anforderungen der Amtssachverständigen sehr genau.
Zur Person Norbert Linsbichler
Norbert Linsbichler (36) war in seiner Zeit in der NÖ Straßenverwaltung Betriebsleiter verschiedener Straßenmeistereien. 2017 wechselte er zu Asfinag, wo er zunächst für eine Autobahnmeisterei und aktuell für die Mautaufsicht im Großraum Wien zuständig ist. In seinem Studium entdeckte er seine Leidenschaft für nachhaltiges Ressourcenmanagement und erwarb im Masterstudium „Public Management“ tiefgehende Kompetenzen im Bereich politische Prozesse und öffentliche Verwaltung. Er ist der Verkehrsexperte der neu in den Gemeinderat eingezogenen Liste Bad Vöslau (LBV), ist aber nicht im Gemeinderat.
Der Zeitplan für das Billa-Projekt
Laut Zeitschiene, die bei der Infoveranstaltung im Mai bekannt gegeben wurde, soll der Baustart mit den Abbrucharbeiten im Jänner/Februar 2026 erfolgen. Von März bis Mai wird der Kreisverkehr gebaut, von Juni bis Oktober der neue Billa und die Eröffnung soll im November 2026 sein. Die Beschlussfassung zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms soll im September 2025 im Gemeinderat erfolgen.
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