Gertraud Klemm talkt mit Cornelia König
Auf der Suche nach der Revolution
Wie steht es um den Feminismus? Darüber diskutierten Kunstverein-Obfrau Cornelia König und die Schriftstellerin Gertraud Klemm. Klemm wurde erst kürzlich für ihre pointierte Auseinandersetzung mit feministischen Themen mit dem Wildgans-Literaturpreis ausgezeichnet.
BADEN. "Was inspiriert dich?" fragte Cornelia König zum Auftakt. Und Gertraud Klemm zählte sehr schnell eine Reihe von Ärgernissen auf: "Stillstand, Rückschritte, Maden im Speck, Klassengesellschaft, patriarchale Frechheiten." In ihren bisherigen Büchern Aberland, Herzmilch und Hippocampus hat sie sich daran abgearbeitet. Doch das reicht noch lange nicht. Ihr neues Werk widmet sich dem Thema Revolution. Sie wird an "Zickenkriegen" scheitern.
"Selbstbewusst, aber plakativ"
Cornelia König wollte weiters wissen, wie junge Feministinnen in der Einschätzung von Gertraud Klemm ticken. Klemm: "Positiv ist eine neue Form von Selbstbewusstsein. Viele junge Frauen wollen keine Kinder, sogar keine Partner oder orientieren sich sexuell offen, weniger heteronormativ. Negativ finde ich, dass alle diese Positionen recht plakativ dargestellt werden, zusammengefasst auf ein paar Zeilen auf Twitter oder Insta. Es scheint nur eine digitale Revolution zu geben. Es gab schon Mondflüge und Top-Handys ehe die Medizin die weibliche Klitoris entdeckte."
Kinder, Küche - Kunst?
Ein weites Feld der Diskussion tat Cornelia König noch auf mit einem Blick auf die Kunst der Frauen. "Ich komme gerade von der Biennale in Venedig zurück. Dort waren von 213 Kunstwerken nur 21 von Männern - erstmals ein Überhang der Kunst von Frauen." Wie sich Kunst neben Kindern und Küche verwirklichen lässt, das wurde im Gespräch dann ebenso thematisiert (Klemm: "Da hilft nur Flucht!") wie die zunehmende Prekarisierung in der verweiblichten Arbeitswelt. "Wenn viele Frauen in einer Branche arbeiten, ist das ein Indiz für schlechte Bezahlung. Die Pandemie hat Frauen wieder zurückgestuft, den Knick in der Kreativität werden wir erst in ein paar Jahren sehen."
Kritische Worte fielen auch zum heimischen Bildungssystem und zum Fehlen der politischen Bildung.
Publikumsdiskussion
Mit dem Publikum - darunter auch Prof. Herbert Först und Gertraud Auinger-Oberzaucher - gab es eine angeregte Diskussion. Gescheitert ist lediglich Gertraud Klemms Versuch, mit hoffnungsvollen Worten in die Zukunft des Feminismus zu blicken. "Ich finde einfach kein positives Ende, da ist es klar, dass die Revolution in meinem neuen Roman scheitern muss."
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