Personalmangel bei Heurigen
Ausstecken ist fast nicht mehr möglich

Klaudia Zierer stellt bis zu 10 Mitarbeiter pro Ausstecken an. | Foto: Dusek
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In der Region Baden gibt es über 100 Heurigenbetriebe, doch ihre Zukunft ist nicht gesichert. Viele spüren, seit Corona verstärkt, einen massiven Arbeitskräftemangel. Wer aktuell einen Job sucht, kann es sich aussuchen, wo er arbeitet.
BEZIRK BADEN. Arbeitskräfte werden im ganzen Land gesucht. Nicht nur Fachkräfte gibt es zu wenig, auch Jobs ohne Vorkenntnisse sind frei.
Im Gastrobereich sind viele Stellen ausgeschrieben, sie suchen händeringend nach Arbeitswilligen. Viele Heurigenbetriebe und Buschenschanken kennen dieses Problem. Durch ihre Aussteckzeiten können sie keine Vollzeitanstellung bieten, sondern nur für 20-30 Stunden, dies macht es nicht leichter. Klaudia Zierer aus Baden betont: "Das Problem ist kein neues, ich biete klassische Nebenjobs."

Klaudia Zierer mit einer Mitarbeiterin in ihrem Heurigen. | Foto: Dusek
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"Ich habe sogar einmal ausprobiert, gemeinsam mit dem Märzweiler einen Koch 40h anzustellen, das hat aber auch nicht funktioniert", und weiter: "Ich brauche die Schließzeiten um im Weingut zu arbeiten."
Sie gibt zu bedenken, dass die Arbeitszeiten familienunfreundlich sind, denn es gibt dann viel Geschäft, wenn die anderen fortgehen. Sie sagt: "Bei mir verdient man nicht schlecht, ich zahle über dem Kollektiv, dazu bin ich bereit, vor allem als Kellner kommt ja noch das Trinkgeld dazu."
Sie erinnert sich: "Früher haben viele Studenten gekellnert, aber ich habe das Gefühl, die Jugend braucht heutzutage das Geld nicht mehr. Ich habe mir mit 16 ein Mofa gekauft, dafür habe ich gearbeitet. Ein Heuriger ist der ideale Bereich um etwas dazuzuverdienen."
 

Der Heurigen Zierer in der Weilburggasse, Baden, sucht laufend Mitarbeiter. | Foto: Preineder
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Mit Hilfe der Familie

Sigrid Schwertführer aus Sooß erklärt: "Wir sind ein Familienbetrieb, wir haben keine Probleme."
Bei manchen Familienbetrieben ist es so: Die Frau ist im Büffet, die Tochter in der Küche, der Sohn in der Schank, die Schwiegertochter kellneriert und der Mann macht die Hintergrundarbeit. Zusätzlich wird nur noch eine Kellnerin gebraucht.

Klaudia Zierer erklärt: "Tja, ich habe leider keine so große Familie, ich bin eine One Woman Show, ich muss jeden Handgriff zahlen. Es ist fast nicht möglich offen zu halten, weil ich kein Personal finde. Pro Ausstecken stelle ich bis zu zehn Mitarbeiter an." Sie benötigt Küchenhilfskräfte, Schankburschen, Buffettkräfte und Kellner. Oft wechseln die Mitarbeiter, so muss sie bei jedem Ausstecken neue Kräfte anlernen. Alle Tätigkeiten sind ohne Vorkenntnisse durchführbar. Frau Zierer sagt: "Ich habe 150 Tage im Jahr ausgesteckt, das ist relativ viel, damit kann ich bis zu 30h anstellen." Das nächste mal beim Zierer ist vom 2. bis 25. September 2022 ausgesteckt.
Zum Thema Küchenhilfe erläutert Zierer: "Diesen Job möchte kein Österreicher machen. Ich bin auf Hilfskräfte aus dem Ausland angewiesen. Aber auch da ist es schwierig jemanden zu finden. Ich hätte mal jemanden gefunden, die hätte gerne gearbeitet, ich konnte aber keine Arbeitserlaubnis für sie bekommen."
Zusperren möchte sie jedoch nicht: "Das wäre der letzte Gedanke, eher würde ich Speisen reduzieren, aber das ist ein Qualitätsverlust. Ich mache das ja gern, ich will Qualität anbieten und mich steigern, und nicht einen Schritt zurück gehen, da tut mir das Herz weh."

Personalmangel ist ein Problem bei Heurigen

Andreas Schafler vom Schaflerhof, Traiskirchen. | Foto: Weingut Schaflerhof
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Traiskirchner Weinfestobmann Andreas Schafler, vom Schaflerhof, bestätigt die Situation: "Ich kenne keinen Betrieb, der keine Probleme hat." Dies betrifft sowohl den Küchenbereich als auch den Servicebereich. Der Küchenbereich wird oft von Familienmitgliedern abgedeckt, aber auch das geht nicht überall. 
Er meint, dass während der Coronapandemie die Fachkräfte abgewandert sind. Nach Corona ist es schlechter geworden, davor wollten mehr Menschen etwas dazuverdienen.
Auch er sieht ein Problem darin, dass Heurigen nicht durchgehend geöffnet sind: "Man muss jemanden finden, der damit leben kann." Er überlegt, dass Arbeitskräfte besser bezahlt werden müssen, um Mitarbeiter zu finden. 
Er sagt: "Heurige verschwinden in unserer Region. Die Haupttätigkeit ist Wein zu produzieren."
Ausgesteckt: Fr. 4.11. bis So. 13.11. (Gansl-Essen)

Letzte Alternative - Zusperren

Eine Heurigenwirtin aus der Region (Name der Redaktion bekannt) kann seit einem dreiviertel Jahr nicht aufsperren, wegen Personalmangels. Sie berichtet, dass ihr Personal während des Coronalockdowns vom AMS umgeschult wurde, deshalb kommen diese gut ausgebildeten Fachkräfte nicht zurück.  
"Die Dienstleistung ist unterbezahlt, der Kollektiv ist ein Scherz" "Aber jetzt kann man zahlen, was man will, es findet sich niemand." Abschließend sagt sie: "Es ist so traurig, viele Gäste rufen an und fragen nach. Ich habe keine Perspektive, wann ich wieder aufsperren kann."

Arbeitskräfte gehalten

Leopold Kernbichler im Gastgarten vom Mühlfeldhof. | Foto: Preineder
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Ganz so schwierig ist die Situation für Leopold Kernbichler vom Mühlfeldhof in Pfaffstätten nicht. Er sucht zwar eine Buffettkraft, aber er sagt: "Die Situation ist angespannt, aber nicht so verheerend wie bei anderen." Er hat während der Pandemiezeiten auf seine Mitarbeiter geschaut und hat neben der Kurzarbeit auch immer wieder für Arbeit mit Takeaway und Instandhaltungsarbeiten gesorgt, auch wenn sich das nicht finanziell ausgezahlt hat. Er hatte einen breiten Personalpool und die maßgeblichen Mitarbeiter sind geblieben, so konnte er den Rest kompensieren.

Die Situation am Arbeitsmarkt

Ende Juli waren beim AMS in Baden insgesamt 4.419 Personen arbeitslos vorgemerkt – ein Rückgang um 1.126 Arbeitslose oder 20,3 % im Vergleich zum Vorjahr, so AMS-Geschäftsstellenleiterin Christine Grill-Eisner. Außerdem verzeichnen wir einen 28,3 %-igen Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit gegenüber Juli 2019. Aktuell sind bei uns im Bezirk Baden 971 Personen ein Jahr oder länger arbeitslos vorgemerkt.

Ein schattiges Plätzchen. | Foto: Preineder

"Wir wissen: je länger Menschen ohne Erwerbstätigkeit sind, desto schwieriger wird der Wiedereinstieg am Arbeitsmarkt. Wir setzen auf unsere engagierte Vermittlungsarbeit und werden Job- und Unterstützungsangebote weiter forcieren, um langzeitarbeitslose Kund_innen bei der schnellstmöglichen Rückkehr ins Erwerbsleben zu unterstützen“, so AMS Baden Chefin Christine Grill-Eisner.

Die niederösterreichischen Unternehmen suchen weiterhin im hohen Ausmaß nach Arbeitskräften. Über 3.100 freie Stellen konnten heuer bereits mit einer passenden Arbeitskraft besetzt werden. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies ein Plus von 19,5 %.

AMS Statement zum Arbeitskräftemangel in der Gastro

AMS-Geschäftsstellenleiterin Christine Grill-Eisner sieht einige Gründe für den Arbeitskräftemangel: "Die Pandemie und die häufigen Lock Down Phasen haben grundsätzlich alle Branchen betroffen, besonders stark aber die Hotellerie und die Gastronomie. Die freigestellten Fachkräfte haben diese Zeit zur Umorientierung genutzt und sich - nicht zuletzt auch im Auftrag der Regierung - umschulen lassen oder einen Job in einer anderen, krisensicheren Sparte gefunden, die möglicherweise attraktivere und familienfreundlichere Rahmenbedingungen bietet (z. B. regelmäßige Arbeitszeiten, kein Wochenend- bzw. Feiertagsdienst, usw.).

Christine Grill-Eisner - Leiterin der AMS-Geschäftsstelle Baden. | Foto: www.fotomitterer.at
  • Christine Grill-Eisner - Leiterin der AMS-Geschäftsstelle Baden.
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Die seit längerem anhaltende, gute Wirtschaftslage ermöglicht den Jobsuchenden eine freie Auswahl an vielen offenen Stellen
Der Fachkräftemangel ist auch ein Resultat des demografischen Wandels: viele Pensionist_innen stehen geburtenschwachen Jahrgängen gegenüber
Aktuell sind die hohen Spritpreise für Arbeitnehmer_innen aus den benachbarten EU-Staaten sicher eher ein Motiv, im Heimatland erwerbstätig zu sein. Die Pendelaktivitäten sind schlichtweg für manche nicht (mehr) leistbar."

Weinbau im Bezirk Baden

Christian Eitler, Berater Bioweinbau bei der Landwirtschaftskammer Niederösterreich kennt die Zahlen zum Weinbau: Im Bezirk Baden haben 2020 insgesamt 319 Betriebe 1433,44ha Weingärten bewirtschaftet. Er sagt: "Es ist prinzipiell für jeden Betrieb der selbst Wein erzeugt, auch möglich einen Buschenschank bei der Gemeinde anzumelden. Statistiken darüber wie viele Betriebe dies machen gibt es unseres Wissens nicht. Bei einigen Betrieben läuft die Vermarktung auch als Gewerbebetrieb (Heurigen mit warmen Essen,….) diese werde wie andere Restaurants/Gastronomiebetriebe bei der BH gemeldet und daher auch nicht in einer „Heurigen-Statistik“ erfasst."
Im Raum Baden gibt es mindestens 111 Buschenschanken und Heurigen.

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Perfektes Service, aber billig soll's sein

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