Designierter künstlerische Leiter im Gespräch:
Bühne Baden: Exklusiv-Interview mit Andreas Gergen
BEZIRKSBLÄTTER: Wie gut kennen Sie die Stadt Baden bereits? Gibt es schon „Platzerln“, die Sie bereits wertschätzend kennengelernt haben. Werden Sie im Zuge Ihres Engagements als künstlerischer Direktor ab Herbst 2025 in die Region übersiedeln?
ANDREAS GERGEN: Ich durfte die Stadt Baden bereits während meiner Proben zum Musical „Sunset Boulevard“ im Sommer 2022 näher kennenlernen. Ich bin begeistert von der Historie der Kur- und Kaiserstadt. Vor allem beeindruckt mich die Tatsache, dass Max Reinhardt hier geboren wurde. Er zählt zu einem meiner großen Theatervorbilder. Zwischen den Proben konnte ich im Kurgarten oft Kraft und Inspiration tanken. Natürlich habe ich auch schon einige Lieblingscafés und -restaurants für mich entdeckt. Ab Herbst 2025 werde ich Baden auf jeden Fall zu einem weiteren Wohnsitz zählen dürfen, neben Wien und Berlin.
Wie gut kennen Sie die Bühne Baden schon? Hatten Sie Gelegenheit, diverse Produktionen zu sehen - direkt live im Theater oder als Aufzeichnung?
Die Bühne Baden und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mir bestens vertraut. Ich weiß, dass uns eine große Gemeinsamkeit verbindet: Die Liebe zum Theater und insbesondere zum musikalischen Unterhaltungstheater. Ich denke, diese Tatsache war einer meiner Gründe, mich für die Künstlerische Leitung des Hauses zu bewerben. Durch meine Engagements in Wien (VBW, Volksoper, auch Mörbisch) konnte ich die Nähe zu Baden bereits für einige Theaterbesuche nutzen. Michael Lakner hat mit vielen Produktionen Highlights gesetzt, die ich mir natürlich auch nicht entgehen lassen konnte.
Welche Rolle spielt für Sie das Ballett in der Oper oder Operette? Dies frage ich, weil Baden eines der wenigen Theater ist, das noch ein eigenes Ballettensemble hat.
Ein Ballett- oder Tanzensemble ist für die Genres „Operette“ und „Musical“ zwingend notwendig. Ohne ein festes Ensemble von Tänzerinnen und Tänzer wäre es nicht möglich, musikalisches Unterhaltungstheater mit all seinen Facetten effizient gestalten zu können. Die Voraussetzungen an der Bühne Baden sind also ideal.
Der Schwerpunkt in Baden liegt auf Operette und Musical. Der Operette sagt man immer nach, sie sei eine „aussterbende“ Kunstgattung. Wie sehen Sie das und wie „modern“ darf Operette sein? Das Operettenpublikum von morgen hat ja vielleicht andere Erwartungen an die Operette als das Operettenpublikum von heute…
Ich möchte mit neuen und heutig relevanten Sichtweisen die Werke für ein junges Publikum attraktiv machen, ohne das „Operettenpublikum“ zu enttäuschen. Theater muss gesellschaftlich relevante Fragen aufwerfen. Die darin behandelten Themen und Geschichten sollen ein heutiges Publikum in seinen Bann ziehen. Ich versuche dabei, der Intention der Komponisten und Librettisten nachzuspüren und zu verstehen, unter welchen Umständen ein Werk zum Publikumshit und Dauerbrenner wurde. Mit meinen Teams (bestehend aus Regisseuren, Choreografen, Ausstattern und Autoren) möchte ich den Geist der Uraufführung einfangen und behutsam ins „Hier und Jetzt“ transferieren - sinnhaft und sinnlich.
Wie wird ein junges und jugendliches Publikum ins Theater „verführt“? Hat „echtes Theater“ in Zeiten von KI und Netflix überhaupt noch eine Chance?
Als Theatermacher verstehe ich mich als „Geschichtenerzähler“. Dabei muss ich das Publikum davon zu überzeugen, mit mir auf eine Reise zu gehen. Ich nehme die Zuschauerrinnen und Zuschauer bei der Hand und führe sie mit fantasievollen und spielerischen Konzepten durch eine Geschichte. Natürlich ist es möglich, dabei auch den gewohnten Pfad zu verlassen, um überraschende neue Orte zu entdecken. Theater lebt von Überraschungen! Ich möchte dem Publikum große emotionale Theatererlebnisse bieten - mit spannenden Geschichten, bei denen gelacht und geweint werden darf, die den Alltag für ein paar Stunden vergessen lassen und in opulenten und verführerischen Bildern erzählt werden. Ich bin mir sicher, so auch ein junges Publikum erreichen zu können.
Wie sehr arbeiten Politik und Kultur in Baden und Niederösterreich zusammen?
Die Bühne Baden wird von der Stadt Baden und dem Land Niederösterreich finanziert. Natürlich ist hier ein intensives Zusammenspiel notwendig, um das Stadttheater und die Sommerarena weiterhin für das Publikum attraktiv zu machen. Ich bin ein absoluter Teamplayer und verstehe das Zusammenspiel von Politik und Kultur als gemeinsame Teamaufgabe: Die Politik ermöglicht Kunst und wir setzen sie in die Tat um.
Ist in nächster Zeit ein öffentlicher Auftritt Ihrerseits in Baden geplant, quasi damit das Theaterpublikum (oder zumindest der hiesige Freundesverein der Bühne Baden) Sie persönlich kennenlernen kann?
Momentan arbeite ich an der Konzeption meiner ersten Spielzeit 2025/26, um bald Stücke, Protagonisten und Regieteams in einer Pressekonferenz präsentieren zu können. Diese wird voraussichtlich im Sommer 2024 stattfinden. Ich freue mich als künftiger Künstlerischer Leiter auf viele anregende Begegnungen und Gespräche mit dem Publikum. Auch der Freundesverein der Bühne Baden wird dabei eine Rolle spielen. Das Feedback der Menschen, für die wir Theater machen, ist mir sehr wichtig! Ich werde übrigens in der letzten Spielzeit von Michael Lakner noch eine Produktion an der Bühne Baden als Regisseur inszenieren. Da freue ich mich schon jetzt darauf!
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