Rechtsanwalt Dr. Gottfried Forsthuber zum Identitären-Urteil

Gottfried Forsthuber, 2. von rechts, ist auch Gemeinderat der ÖVP Baden | Foto: Archiv
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Die Original-Analyse des Badener Rechtsanwalts Dr. Gottfried Forsthuber zum Freispruch-Urteil für die Identitären, die nach §285 wegen Störung einer Versammlung angeklagt waren - Strafrahmen: bis zu einem halben Jahr Gefängnis.

Forsthubers Statement
Das Tatbild des § 285 setzt voraus, dass eine nicht verbotene Versammlung durch eine der in den Ziffern 1 bis 4 taxativ aufgezählten Handlungen verhindert oder erheblich gestört wird. Wird die Versammlung auf andere Weise verhindert oder beeinträchtigt, ist § 285 nicht erfüllt; der Täter macht sich aber nach § 284 strafbar, wenn er eine Versammlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt verhindert oder sprengt.

>> Die Handlung der Identiären dürfte noch nicht die Intensität gehabt haben, dass der stärker bestrafte § 284 erfüllt ist ("mit Gewalt Versammlung sprengen")

Angriffsobjekt: Nicht verbotene Versammlungen

Fällt ein Theaterstück unter das geschützte Objekt „Versammlung“?

Anders als in § 284 sind Schutzobjekt des § 285 nur Versammlungen, nicht aber Aufmärsche und ähnliche Kundgebungen.

Nach der Judikatur des VfGH ist eine Versammlung die Zusammenkunft mehrerer Menschen an einem bestimmten Ort, die „in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation) zu bringen“

Je nach dem Zweck, den die Veranstaltung nach dem freien Willen der Teilnehmer bzw Organisatoren verfolgt, kann es sich um eine Diskussions- oder Demonstrationsversammlung handeln. Diskussionsversammlungen bezwecken die gemeinsame Erörterung verschiedener, meist kontroversieller Auffassungen zu einzelnen Fragestellungen; Demonstrationsversammlungen verfolgen das Ziel, eine bereits gebildete Meinung zu einem bestimmten Thema von allgemeinem Interesse kundzutun, um andere, insb Politiker, zu einem gewissen Verhalten zu bewegen oder sie dazu zu bringen, sich ebenfalls dieser Ansicht anzuschließen. Die einzelnen Zwecke können sich auch überschneiden, etwa bei Versammlungen, die sowohl die Diskussion als auch die Demonstration von Meinungen beinhalten, wie zB öffentliche Wahlveranstaltungen politischer Parteien.

Zu Versammlungen im vorstehend definierten Sinn gehören etwa politische Kundgebungen, öffentliche Wahlveranstaltungen politischer Parteien, Wählerversammlungen (vgl § 4 VersG), Vereinsversammlungen (vgl § 14 VereinsG) oder öffentliche Festakte (vgl Berka Grundrechte Rz 622; H. Steininger WK2 § 284 Rz 5 und 8). Auch sog „Spontanversammlungen“, die den Zweck der Diskussion oder Manifestation bestimmter Meinungen verfolgen, sind als Versammlungen iS des § 284 einzustufen, obwohl sie - im Gegensatz zu den meisten sonstigen Versammlungen - keinen bestimmten Veranstalter oder Organisator haben.

An der für eine Versammlung spezifischen Zweckbestimmung fehlt es bei Zusammenkünften mehrerer Menschen aufgrund eines Neugier erregenden Ereignisses, zB eines Unfalls oder Großbrandes, bei Werbeveranstaltungen, wie zB Messen oder Märkten, sowie bei einem geselligen Beisammensein in Gasthäusern. Besteht der Zweck der Zusammenkunft ausschließlich in der Unterhaltung, wie etwa bei einer Theater- oder Kinovorstellung bzw einem Konzert, liegt ebenso wenig eine Versammlung vor wie bei allein der Belehrung des Publikums dienenden Vorträgen, zB im Rahmen von Volkshochschulkursen.

Zusammenfassend:
Strafrecht ist die stärkste Waffe des Staates. Das heißt nur bestimmte Versammlungen, wie Wahlveranstaltungen, Demonstrationen oder Vereinstreffen, die eben einen „höheren Zweck“ haben, sind strafrechtlich geschützt. Geselliges Beisammensein oder Theateraufführungen sind nur zivilrechtlich geschützt, etwa mit Besitzstörungsklage. Hier erkennt man stark das Thema Verhältnismäßigkeit zwischen Tat und Sanktion. Wer eine Theateraufführung stört, mag ein schlechter Mensch sein. Er muss dafür aber noch nicht ins Gefängnis.

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